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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Schräge an der Seitenwand ein Einzelbett, Laken und Decke mit militärischer Präzision eingesteckt. An der Wand gegenüber ein zweites Bett mit akkurat gefalteter Mickymaus-Decke und einem Berg Stofftiere.
    Ein Pappschrank weckte Brunettis Interesse. Er schaute hinein und sah ein paar Anzüge und einen Mantel, deren Gewicht die Bügelstange zu einem U verbog. Darunter standen einige kleine Turnschuhe und rechts davon drei Paar größere Schuhe, eins davon, wie Brunetti bemerkte, stark abgenutzte braune Loafer mit Ziersenkeln. Auf einem Brett über der Stange lagen weiße Hemden in Plastikverpackung, auf der unteren Ablage die ordentlich zusammengelegte Unterwäsche und Kleidungsstücke eines kleinen Jungen.
    Das Bad war so spartanisch eingerichtet wie der Rest der Wohnung, auch hier alles bemerkenswert sauber und aufgeräumt. Überhaupt gab es nirgendwo ungespülte Tassen, achtlos hingeworfene Kleidung, Pizzaschachteln, schmutzige Teller, nichts von dem Unrat, den Brunetti mit den Wohnungen von Verlassenen und Einzelgängern in Verbindung brachte.
    Auf dem Nachttisch neben dem Bett des Mannes lagen ein paar Bücher und Zeitschriften. Brunetti betrachtete sie näher. Ein Buch über Vegetarismus, darin eine fotokopierte Tabelle mit Kombinationen von Getreidesorten und Gemüse für eine optimale Versorgung mit Proteinen und Aminosäuren. Der Ausdruck eines Artikels über Bleivergiftung. Ein tiermedizinisches Lehrbuch der Rinderkrankheiten. Brunetti blätterte darin herum, betrachtete zwei Fotos und legte das Buch wieder hin.
    Die beiden anderen sahen sich ebenfalls um, bemerkten aber nichts Auffälliges. Im Bad gab es nichts außer Seife, Rasierapparat und Handtüchern. Eine Kommode am Fußende des Betts enthielt saubere Herrenunterwäsche und in der unteren Schublade saubere Handtücher und Laken.
    Nichts von dem Chaos, das beim Daueraufenthalt eines Kindes zu erwarten war. Nur die Kleidung sagte etwas über die Personen, die die Wohnung benutzten, und die sagte auch nur, dass es sich um einen stattlichen Mann und einen kleinen Jungen handelte.
    »Was denkt ihr, war das seine Art, oder hat hier jemand aufgeräumt?«, fragte Brunetti schließlich.
    Vezzani zuckte unschlüssig die Schultern. Vianello sah sich noch einmal um und meinte: »Ich sage das ungern, aber ich glaube, er war tatsächlich so.«
    »Armer Teufel«, sagte Vezzani. Mehr fiel auch den anderen nicht ein, und damit verließen sie die Wohnung.

17

    Sie beschlossen sich den Schlachthof für den folgenden Morgen aufzuheben, wenn dort Hochbetrieb herrschte. Während Vezzani sie über die Brücke zum Piazzale Roma zurückfuhr, sah Brunetti rechts aus dem Fenster zum riesigen Industriekomplex von Marghera hinüber. Er dachte nicht an die tödlichen Abgase, die dort unablässig aus den Schloten quollen, sondern an den Schlachthof und dass der frühe Morgen die beste Zeit für einen plötzlichen Tod war. Hatte der KGB die Leute nicht im Dunkel der Nacht abgeholt, wenn sie schlaftrunken kaum etwas mitbekamen?
    Das Klingeln von Vianellos Handy hinter ihm riss Brunetti aus seinen Gedanken, und dann sagte der Ispettore: »Foa. Er kann uns nicht abholen. Patta hat ihn beauftragt, ihn und seine Frau nach Burano zu fahren. Jetzt wartet er vor seinem Haus.«
    »Zweifellos Polizeiangelegenheiten«, bemerkte Vezzani und gab damit zu erkennen, dass Pattas Ruf bis in die Questura von Mestre gedrungen war.
    »Zweifelsohne, wenn die Polizei in einem Restaurant zu ermitteln hat«, antwortete Vianello. Brunetti bat ihn, dem Bootsführer auszurichten, er warte noch auf seinen Bericht über die Strömungsverhältnisse in der Nacht, in der Nava ermordet wurde. Vianello gab das weiter und klappte sein Handy zu.
    »Wisst ihr eigentlich, was ihr für Glückspilze seid?«, fragte Vezzani.
    Brunetti sah ihn verblüfft an. »Weil wir für Patta arbeiten dürfen?«
    Vezzani lachte. »Nein, weil ihr in Venedig arbeiten dürft. Wo es keine nennenswerten Verbrechen gibt.« Er kam dem Protest der beiden zuvor: »Ich meine jetzt nicht diesen Nava, sondern überhaupt. Die schlimmsten Verbrecher sind die Politiker, aber da wir gegen die nichts unternehmen können, zählen sie nicht. Und was habt ihr sonst? Ein paar Einbrüche? Den Touristen, dem man die Geldbörse gestohlen hat? Den Mann, der seine Frau umgebracht hat und euch bereitwillig alles gesteht? Also lest ihr den lieben langen Tag die absurden Anweisungen aus Rom oder wartet darauf, dass der nächste Innenminister verhaftet wird,

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