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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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mehr als gefordert und außer Kraft gesetzt. Sein Gehör und sein Geruchssinn waren von dem Ansturm draußen so betäubt, dass er keine neuen Gerüche oder Geräusche mehr wahrnehmen konnte, während sein Sehvermögen durch den kahlen Raum geschärft worden war.
    Signorina Borelli öffnete eine Tür und ließ den beiden den Vortritt. Auch dieser Raum war erschreckend nüchtern. Ein Tisch, darauf ein Computer und einige Papiere, ein Stuhl dahinter und drei davor, sonst nichts. Noch beunruhigender: Es gab keine Fenster. Etliche Neonröhren an der Decke sorgten für ein gleichmäßig kaltes Licht, das dem Raum jede Tiefe nahm.
    Sie setzte sich hinter den Tisch und ließ ihnen die Stühle davor. »Ihr Kollege sagte, Sie wollten über Dottor Nava sprechen«, erklärte sie ruhig und beugte sich zu ihnen vor.
    »Ja, das ist richtig«, antwortete Brunetti. »Könnten Sie mir sagen, wann er hier angefangen hat?«
    »Vor etwa sechs Monaten.«
    »Und seine Aufgaben?«, fragte Brunetti, indem er die Vergangenheitsform weiterhin möglichst unauffällig vermied. Vianello zückte sein Notizbuch und begann zu schreiben.
    »Er untersucht die Tiere, die hier angeliefert werden.«
    »Zu welchem Zweck?«, fragte Brunetti.
    »Um festzustellen, ob sie gesund sind«, antwortete sie.
    »Und wenn sie es nicht sind?«
    Die Frage schien Signorina Borelli zu überraschen, als müsse die Antwort doch auf der Hand liegen. »Dann werden sie nicht geschlachtet. Der Bauer nimmt sie wieder mit.«
    »Und sonst noch?«
    »Er untersucht auch einzelne Fleischproben.« Sie lehnte sich zurück und wies nach links hinter sich. »Es wird tiefgefroren. Natürlich kann er nur Stichproben nehmen und prüfen, ob das Fleisch zum Verzehr durch den Menschen geeignet ist.«
    »Und wenn es das nicht ist?«
    »Dann wird es vernichtet.«
    »Wie?«
    »Es wird verbrannt.«
    »Verstehe«, sagte Brunetti. »Weitere Aufgaben?«
    »Nein, nur diese beiden.«
    »Wie oft kommt er in der Woche?«, fragte Brunetti, als hätte er das noch nicht von der Frau des Ermordeten erfahren.
    »Zweimal. Montag- und Mittwochvormittag.«
    »Und was macht er an den anderen Tagen?«
    Falls die Frage sie verblüffte, zögerte sie nicht mit der Antwort. »Er hat eine Privatpraxis. Wie die meisten tierärztlichen Gutachter.« Sie hob lächelnd die Schultern. »Von dem, was sie hier verdienen, könnten sie kaum leben.«
    »Aber Sie wissen nicht wo?«
    »Nein«, sagte sie mit Bedauern. »Aber das müsste in unseren Akten stehen, in seinen Bewerbungsunterlagen. Ich kann gern einmal für Sie nachsehen.«
    Brunetti hob eine Hand – eine Geste, die Dank und Abwehr zugleich ausdrückte. »Könnten Sie mir eine deutlichere Vorstellung von den Arbeitsabläufen hier vermitteln? Zum Beispiel, warum er die Tiere nur an zwei Tagen untersucht?« Er breitete hilflos die Arme aus.
    »Das ist nicht weiter kompliziert«, sagte sie, wie man gewöhnlich zu einer ganz und gar nicht einfachen Erklärung anhebt. »Die meisten Bauern liefern am Tag vor der Schlachtung an, manchmal auch am selben Tag. Das spart die Kosten für die Pflege und Fütterung der Tiere, die sonst hier warten müssten. Dottor Nava untersucht sie montags und mittwochs, und anschließend werden sie verarbeitet.« Sie sah Brunetti fragend an, ob er ihr folgen konnte. Brunetti nickte, während er noch über das Wort »verarbeitet« nachdachte.
    »Und wenn er sie nicht sieht?«, fragte Vianello. Auch er benutzte mit Vorsatz die trügerische Gegenwartsform.
    Sie zog die Augenbrauen hoch, entweder über die Entdeckung, dass der Ispettore sprechen konnte, oder über die Frage selbst. »Das ist noch nie vorgekommen. Gott sei Dank hat sein Vorgänger sich bereit erklärt, für Dottor Nava einzuspringen und seine Aufgaben zu übernehmen, bis er wieder bei uns ist.«
    Seelenruhig fragte Brunetti: »Und der Name seines Vorgängers?«
    Sie konnte ihre Überraschung nicht verbergen. »Wozu wollen Sie das wissen?«
    »Für den Fall, dass wir mit ihm reden müssen«, antwortete Brunetti.
    »Meucci. Gabriele Meucci.«
    »Ich danke Ihnen.«
    Signorina Borelli richtete sich auf, als halte sie das Gespräch für beendet, aber Brunetti fragte weiter: »Könnten Sie mir die Namen der anderen Leute nennen, mit denen Dottor Nava hier Kontakt hat?«
    »Abgesehen von mir und dem Direktor, Dottor Papetti, kommt da noch Leonardo Bianchi in Frage, der Chefschlachter. Vielleicht kannte er auch einige andere, aber mit uns dreien hatte er am häufigsten zu tun.«
    Sie

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