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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Assistentin informiert, dass zwei Polizisten aus Venedig unterwegs seien. Die werde sie in Empfang nehmen. Als Brunetti das an Vianello weitergab, meinte der Ispettore achselzuckend: »Also eine Frau.«
    Der Fahrer hupte ein paarmal: Brunetti bezweifelte, dass jemand das hören konnte. Doch wie im Film ertönte schon nach wenigen Sekunden ein neues Geräusch, unerbittlicher und mechanischer als das andere, und die beiden Torhälften schwangen nach innen.
    Brunetti wartete, bis das Tor ganz aufgegangen war; erst dann wollte er entscheiden, ob er wieder in den Wagen stieg oder zu Fuß das Gelände betrat. Der metallische Geruch hatte zugenommen. Schließlich war das Tor offen, gleichzeitig brach das Rattern des Öffnungsmechanismus ab, und es blieb nur das ursprüngliche Geräusch, jedoch lauter als zuvor. Ein schrilles Quieken, vermutlich von einem Schwein, durchdrang die übrigen Geräusche und verstummte abrupt. Aber das senkte den Lärmpegel nicht im Geringsten: Brunetti fühlte sich an einen Spielplatz erinnert, auf dem ausgelassene Kinder tobten, nur dass hier nicht gespielt wurde und auch niemand herausgelassen wurde.
    Er wollte gerade zum Wagen kehrtmachen, als Vianello ausstieg und auf ihn zuging. Brunetti hatte das vage Gefühl, etwas stimme hier nicht, doch erst als sein Blick auf den mit Kies bedeckten Boden fiel, erkannte er, dass Vianellos Schritte von jenen Geräuschen übertönt wurden.
    »Ich habe den Fahrer einen Kaffee trinken geschickt; wir rufen ihn an, wenn wir hier fertig sind«, sagte der Ispettore. »Wegen dem Gestank«, erklärte er, als Brunetti ihn fragend ansah.
    Sie setzten sich in Bewegung, und Brunetti fand es erneut eigenartig, dass er den Kies unter seinen Füßen zwar fühlen, aber nicht hören konnte. Als sie durch das Tor schritten, öffnete sich eine Tür in dem Gebäude zu ihrer Rechten, einem schlichten Betonkasten mit Aluminiumdach. Eine kleine Frau blieb kurz in der Tür stehen, ging dann die zwei Stufen hinunter und kam auf sie zu, auch ihre Schritte ausgelöscht von den Geräuschen hinter ihr.
    Den knabenhaften Eindruck ihrer kurzgeschorenen dunklen Haare machten ihre vollen Brüste und ein eng taillierter Rock mehr als wett. Ihre Beine, stellte Brunetti fest, waren schön, ihr Lächeln entspannt und freundlich. Sie gab erst dem näher stehenden Vianello die Hand, dann Brunetti und legte den Kopf nach hinten, um die zwei sehr viel größeren Männer besser sehen zu können.
    Sie wies auf das Gebäude und schritt darauf zu, ohne in dem Lärm überflüssige Worte zu machen.
    Sie folgten ihr die Stufen hinauf in das Gebäude, wo der Lärm sogleich nachließ und dann noch leiser wurde, als die Frau hinter ihnen die Tür zumachte. Sie standen jetzt in einem kleinen Vorraum von etwa zwei mal drei Metern. Betonfußboden, weiße Gipskartonwände, keinerlei Dekoration. Der einzige Gegenstand in dem Raum war eine Videokamera an der Decke, die auf die Eingangstür gerichtet war. »Ja«, sagte sie, als sie die Erleichterung auf ihren Gesichtern bemerkte, »hier drin ist es ruhiger. Sonst würden wir alle wahnsinnig.« Sie war noch keine dreißig, aber kurz davor, und strahlte den lässigen Charme einer Frau aus, die sich in ihrem Körper wohl fühlt.
    »Giulia Borelli«, sagte sie, »Dottor Papettis Assistentin. Wie ich Ihrem Kollegen schon erklärt habe, ist Dottor Papetti heute Vormittag in Treviso. Er hat mich gebeten, Ihnen auf jede erdenkliche Weise behilflich zu sein.« Ihr Lächeln hätte auch potentiellen Kunden gelten können. Brunetti fragte sich, ob es viele Frauen gab, die in Schlachthöfen arbeiteten.
    Sie musterte die beiden Männer mit unverhohlener Neugier. »Sind Sie wirklich von der Polizei in Venedig?« Ihre Stimme war eigenartig tief für eine so kleine Frau, und sie sprach mit dem melodischen Tonfall des Veneto.
    Brunetti bejahte. Aus der Nähe sah er die Sommersprossen auf ihrer Nase und ihren Wangen, die den allgemeinen Eindruck blühender Gesundheit noch verstärkten. Sie fuhr sich mit den Fingern der Rechten durchs Haar und sagte: »Kommen Sie in mein Büro, da können wir reden.«
    Auch der Eisengeruch war hier nicht so durchdringend. Brunetti fragte sich, ob das an der Klimaanlage lag, und falls ja, was dann im Winter wäre, wenn hier geheizt wurde? Er und Vianello folgten ihr durch eine Tür in einen Korridor, der in den rückwärtigen Teil des Gebäudes führte. Brunetti hatte das Gefühl, seit er aus dem Auto gestiegen war, seien seine Sinne gleichzeitig

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