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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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sei verhungert. Eines Morgens im Winter haben sie ihn in der Scheune gefunden.«
    Brunetti, der als Kind ähnliche Geschichten gehört hatte, sagte nichts.
    Vianello sah ihn lächelnd an. »Darüber zu reden ist auch kein Trost, stimmt’s?« Er nahm ein Sandwich und biss zögernd hinein, als wolle er sich in Erinnerung rufen, was Essen bedeutete; offenbar schmeckte es ihm, und er verputzte den Rest und griff nach dem zweiten.
    »Diese Borelli macht mich neugierig«, sagte Brunetti.
    »Wenn es etwas über sie gibt, wird Signorina Elettra es herausfinden«, verkündete Vianello. Dies war eine der sieben Säulen der Weisheit auf denen die Questura ruhte.
    Brunetti trank seinen Wein aus und verkündete eine weitere: »Ein Raubüberfall wäre Patta gar nicht recht. Gehen wir zurück.«

21

    Nachdem sie in der Bar miteinander gegessen, getrunken und geredet hatten, hob sich ihre Stimmung, und als sie an den Fondamenta entlang zur Questura gingen, schien auch der Geruch aus ihrer Kleidung verflogen. Brunetti wollte als Erstes Signorina Elettra bitten, Signorina Borelli hinterherzurecherchieren. Vianello erbot sich, Papetti, den Leiter des Schlachthofs, zu durchleuchten; dazu wollte er sowohl amtliche Quellen zu Rate ziehen als auch »Freunde auf dem Festland«, wer immer das sein mochte. In der Questura verschwand der Ispettore im Bereitschaftsraum, und Brunetti machte sich auf den Weg zu Patta.
    Signorina Elettra saß hinter ihrem Computer und streckte beide Arme mit ineinanderverschränkten Händen in die Höhe. »Ich hoffe, ich störe nicht«, sagte Brunetti.
    »Überhaupt nicht, Dottore«, sagte sie, ließ die Arme sinken und schüttelte die Finger aus. »Ich sitze schon den ganzen Tag vor dem Bildschirm, allmählich habe ich es satt.«
    Wenn sein Sohn gesagt hätte, er habe das Essen satt, oder Paola, sie habe das Lesen satt, hätte Brunetti nicht verblüffter reagieren können. Er wollte fragen, was genau sie daran satt habe… aber ihm fiel kein Wort ein für das, was sie den ganzen Tag lang machte. Schnüffeln? Herumwühlen? Das Gesetz brechen?
    »Möchten Sie lieber etwas anderes tun?«, fragte er schließlich.
    »Ist die Frage höflich oder ernst gemeint, Signore?«
    »Wohl eher ernst«, räumte Brunetti ein.
    Sie fuhr sich nachdenklich durchs Haar. »Wenn ich einen Beruf frei wählen könnte, wäre ich gern Archäologin.«
    »Archäologin?«, wiederholte er. Ach, der heimliche Traum so vieler Leute, die er kannte.
    Ihr Lächeln war die Verbindlichkeit selbst. »Natürlich nur, wenn ich sensationelle Entdeckungen machen und weltberühmt werden könnte.«
    Von Carter und Schliemann abgesehen, wurden nur wenige Archäologen berühmt, dachte Brunetti. Er fragte skeptisch: »Nur wegen des Ruhms?«
    Sie dachte lange nach und gab dann lächelnd zu: »Nein, eigentlich nicht. Natürlich würde ich gern schöne Sachen finden – nur dadurch werden Archäologen berühmt –, aber eigentlich interessiert mich, wie die Leute früher gelebt haben und inwieweit sie uns ähnlich waren. Oder eben nicht.
    Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob die Archäologie uns das sagen kann.«
    Brunetti hatte da auch seine Zweifel; er fand, nur die Literatur konnte einen Eindruck von früheren Zeiten vermitteln. »Was sehen Sie sich im Museum an?«, fragte er. »Die edlen Exponate oder die Gürtelschnallen?«
    »Das ist ja das Erstaunliche«, antwortete sie. »Damals waren die alltäglichsten Gegenstände so schön, dass ich nie weiß, wo ich anfangen soll. Gürtelschnallen, Haarnadeln, sogar die Tonschalen, aus denen sie gegessen haben.« Ihr kam ein Gedanke. »Oder vielleicht halten wir sie nur deshalb für schön, weil sie handgemacht sind, vielleicht sind wir so an den Anblick von Massenprodukten gewöhnt, dass wir fasziniert sind, weil jedes ein Einzelstück ist.«
    Sie lachte kurz auf. »Vermutlich hätten die Leute damals liebend gern ihre schöne Trinkschale aus Ton gegen eins von unseren Marmeladengläsern mit Deckel eingetauscht oder ihren handgeschnitzten Elfenbeinkamm gegen ein Dutzend maschinell hergestellte Haarnadeln.«
    Brunetti sah das genauso und setzte noch einen drauf: »Für eine Waschmaschine würden sie einem wahrscheinlich alles geben, was man verlangt.«
    Wieder lachte sie. »Für eine Waschmaschine würde ich Ihnen alles geben, was Sie verlangen.« Plötzlich wurde sie ernst. »Ich nehme an, die meisten Leute – zumindest Frauen – würden für eine Waschmaschine auf ihr Stimmrecht verzichten. Ich

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