Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)
antwortete Meucci – nicht mit einem entrüsteten »Selbstverständlich!«, woraus Brunetti schloss, dass er mit dieser Vernehmung keine Schwierigkeiten haben würde. Meucci fühlte sich bereits als Verlierer, es ging ihm nur noch um Schadensbegrenzung.
»Und dass Sie kein Doktor der Veterinärmedizin waren und folglich keine entsprechende Urkunde vorlegen konnten, hat bei Ihrer Bewerbung kein Hindernis dargestellt?«, fragte Brunetti mit mildem Interesse.
Meuccis rechte Hand kroch in die Innentasche seines Sakkos, um aus der Berührung mit der Zigarettenschachtel darin ein wenig Trost zu schöpfen. Er schüttelte den Kopf.
»Sie müssen sprechen, Signore. Ihre Antwort muss hörbar sein, sonst kann sie nicht protokolliert werden.«
»Nein«, sagte Meucci.
»Wie war das möglich, Signore?«
Brunetti beschlich das merkwürdige Gefühl, sein Gegenüber sei geschrumpft. Meucci saß nicht mehr so hoch, obwohl er seine Haltung kein bisschen verändert hatte. Sein Mund schien kleiner geworden, als er sich zu jener einsilbigen Antwort aufraffte. Das Sakko hing lose von seinen Schultern.
»Wie war das möglich, Signore?«
Meucci umkrallte die Zigarettenschachtel so fest, dass Brunetti es knirschen hörte. »Niemand hat mir irgendwelche Papiere gezeigt. Ich habe nichts unterschrieben, was Ihnen das Recht geben würde, mir diese Fragen zu stellen«, erklärte er in leicht gereiztem Ton.
Brunetti lächelte verständnisvoll. »Selbstverständlich, Signore. So ist es. Sie sind freiwillig hier, um die Polizei bei ihren Ermittlungen zu unterstützen.« Er zog das Aufnahmegerät zu sich heran. »Sie können jederzeit gehen.« Er schaltete das Gerät ab.
Den Blick auf dem Aufnahmegerät, fragte Meucci etwas ruhiger: »Was geschieht, wenn ich das tue?« Das war eine schlichte Bitte um Auskunft, keine Forderung. Der Unterlegene hatte keine Forderungen zu stellen.
»Dann lassen Sie uns keine Wahl, und wir informieren die Polizei in Mestre, die Gesundheitsbehörde und sicherheitshalber die Guardia di Finanza, nur für den Fall, dass Sie versäumt haben, für Ihre ohne Approbation geführte und daher vermutlich illegale Praxis Steuern zu bezahlen.«
Brunetti schob seinen Stuhl zurück und schlug die Beine übereinander. Da ihm nicht nach Theater zumute war, verzichtete er darauf, sich weit zurückzulehnen, die Hände hinterm Kopf zu verschränken und an die Decke zu starren. »Überlegen wir, was meine Kollegen aus all dem schließen könnten. Da hätten wir zunächst Ihre gesetzeswidrige Tätigkeit als Staatsdiener.« Er kam Meuccis Protest zuvor: »Im macello sind Sie als Vertreter des Staates tätig, Signore, ob Sie wollen oder nicht.« Das musste Meucci einsehen.
»Was haben wir sonst noch? Amtsanmaßung. Vorspiegelung falscher Tatsachen. Betrügerische Geldeinnahmen.« Brunetti ließ ein drohendes Lächeln aufblitzen. »Und falls Sie jemals einem Ihrer Patienten ein Rezept ausgestellt haben, hätten wir es zusätzlich mit illegaler Beschaffung von Medikamenten zu tun. Und falls Sie jemals einem Tier eine Spritze gegeben haben und dafür bezahlt worden sein sollten, käme auch noch illegaler Verkauf und Verabreichung von Medikamenten hinzu.«
»Aber das sind doch Tiere«, widersprach Meucci.
»Ganz recht, Signor Meucci. Auf die Argumentation Ihres Anwalts beim Prozess kann man gespannt sein.«
»Prozess?«, fragte Meucci.
»Nun, was glauben Sie denn? Natürlich wird man Sie verhaften und Ihre Praxis schließen, und alle Ihre Patienten – ganz zu schweigen von der Geschäftsführung des macello – werden Sie auf Rückgabe des Geldes verklagen, das Sie illegal eingenommen haben.«
»Aber die haben es alle gewusst «, jammerte Meucci.
»Ihre Patienten?«, heuchelte Brunetti Verblüffung. »Aber warum hätten sie Ihnen dann Ihre Tiere bringen sollen?«
»Nein, nein, die doch nicht. Die Leute im macello. Die haben es gewusst. Natürlich haben sie es gewusst. Das ist es ja gerade.«
Brunetti beugte sich vor und hob eine Hand. »Soll ich das Aufnahmegerät wieder anstellen, bevor wir dieses Gespräch fortsetzen, Signor Meucci?«
Meucci nahm die Zigaretten aus der Tasche und umklammerte das Päckchen mit beiden Händen. Er nickte.
Brunetti nahm das als Zustimmung und schaltete das Gerät ein.
»Sie haben mir soeben erzählt, man habe Sie im macello in Preganziol eingestellt, obwohl man dort wusste, dass Sie kein Tierarzt sind. Mit anderen Worten, man hat Sie dort ungeachtet der Tatsache, dass Sie keine Approbation
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