Tiffany Duo 40
eigenen Entschluss treffen, ohne dass er
berücksichtigen müsste, ob ich dafür oder dagegen bin.«
»Das ist auch dein Heim.«
»Ich lerne immer noch, ihm zu helfen. Aber ich weiß zu wenig über die Ranch, um
eine fundierte Entscheidung zu fällen. Außerdem - ich bin überall daheim, solange
ich mit Ray zusammenlebe.«
Er sah sie an, ein seltsam zärtlicher Ausdruck trat in seine hellen Augen. »Du liebst ihn wirklich, was?«
»Von Anfang an. Sonst hätte ich ihn nicht geheiratet.«
Robert musterte sie etwas genauer, als wollte er sich überzeugen, dass sie die
Wahrheit sagte. Dann nickte er abrupt und stand auf. »Okay, ich werde ihm meinen
Vorschlag unterbreiten. Mal sehen, was er davon hält.«
Ray lehnte das Angebot ab, und Madelyn hatte nichts anderes erwartet. Die Ranch
gehörte ihm. Ohne Hilfe würde er härter kämpfen müssen, und es würde länger
dauern, bis er sein Ziel erreichte. Aber jeder Baum und jedes Grasbüschel auf den
Weiden waren sein Eigentum, und er wollte keinen einzigen Quadratzentimeter
seines Landes aufs Spiel setzen, indem er Betriebskapital von einem Außenseiter
annahm. Robert akzeptierte den Entschluss seines Schwagers ohne Groll, da er in
seine Geschäfte eben sowenig Gefühle investierte wie in seine Liebesaffären.
Als Ray an diesem Abend mit Madelyn im Bett lag, ihren Kopf an seiner Schulter,
sprach er über Roberts Angebot. »Wenn ich
sein Geld annehme, könnte ich den Betrieb vergrößern, Arbeitskräfte einstellen und
in fünf Jahren die Weideplätze zurückkaufen, die ich damals veräußern musste.«
»Ich weiß, Robert hat mit mir darüber geredet.«
Sein Körper versteifte sich ein wenig. »Was hast du ihm gesagt?«
»Dass er sich an dich wenden soll. Es ist deine Ranch, und du kannst alles, was damit zusammenhängt, besser beurteilen als sonst jemand.«
»Wäre es dir lieber, ich würde das Angebot annehmen?«
»Warum sollte ich dafür plädieren?«
»Wegen des Geldes.«
Sie lächelte belustigt. »Mir fehlt nichts.«
»Du könntest viel mehr haben.«
»Und viel weniger. Ich bin glücklich mit dir, Ray - egal, ob du das Angebot annimmst oder nicht.«
»Er sagte, du wolltest keine Stellung beziehen.«
»Das stimmt. Es ist deine Entscheidung.«
Ray blieb noch lange wach, nachdem Madelyn in seinen Armen eingeschlafen war.
Die sofortige finanzielle Sicherheit reizte ihn zwar, aber dafür müsste er ein
Versprechen brechen, das er sich selbst gegeben hatte - das Versprechen, seinen
Besitz niemals aufs Spiel zu setzen. Er schaffte es, aus eigener Kraft den Kredit
abzuzahlen. Wenn er ein Investment akzeptierte, könnte er zwar seine Schulden bei
der Bank begleichen, doch er hätte einen neuen Gläubiger - und müsste vielleicht
eine Summe aufbringen, die seine Leistungsfähigkeit übersteigen würde.
Andererseits wollte er Madelyn all den Luxus bieten, den er früher mühelos hätte
finanzieren können.
Um seine Frau so zu verwöhnen, wie er es wünschte, müsste er die Ranch riskieren.
Welch eine Ironie .
Am Tag nach Roberts Abreise zog eine Schlechtwetterfront von Kanada heran, und
es begann zu schneien. Die Temperatur sank, der Wind frischte auf. Sorgenvoll hörte
Ray den
Wetterbericht. Es sollte noch schlimmer werden. So schnell wie möglich brachte er
die Herde in geschützte Gebiete und legte Heu bereit, wusste aber nicht, ob der
Futtervorrat reichen würde.
Bald fielen die Flocken so dicht vom Himmel, dass man kaum zehn Schritte weit
sehen konnte. Der Wind formte Schneewehen, die alle landschaftlichen Merkmale
verzerrten. Während Ray zum Haus zurückritt, musste er sich auf seinen
Orientierungssinn verlassen und die verwirrenden Flockenwirbel ignorieren.
Vorsichtig ertasteten die Hufe seines Pferdes den richtigen Weg. Es versuchte
schneegefüllte Gruben zu umgehen, um keinen Sturz zu riskieren, bei dem es sich
womöglich ein Bein gebrochen hätte. Eiszäpfchen bildeten sich an den Nüstern, als
der warme Atem gefror. Ray strich mit einer behandschuhten Hand über sein
Gesicht und wischte die Eiskristalle weg.
Der Ritt, für den er normalerweise zwanzig Minuten brauchte, dauerte eine Stunde.
Er fragte sich schon, ob er die falsche Richtung eingeschlagen hatte, als der Stall
endlich im Schneetreiben auftauchte. Selbst dann hätte Ray ihn nicht gesehen, wäre
kein gelber Lichtschein aus dem offenen Tor gefallen. Er runzelte die Stirn, denn er wusste, dass er es geschlossen und die Lampen ausgeschaltet hatte.
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