Tiffany Duo 40
auf den Beinen zu bleiben. Fest presste er sie an sich, so dass sie kaum noch atmen konnte. Selbst wenn sie fähig gewesen wäre, Luft
zu holen und sich zu beschweren - es hätte nichts genützt. Der kreischende Sturm
übertönte alle Stimmen und Geräusche. Wie eine schlaffe Marionette hing sie in
Rays Arm.
Er stolperte gegen die Hintertreppe, auf die Veranda. Das Haus blockte den Wind
ein wenig ab, und es gelang Ray, die Tür zu öffnen. Er taumelte hindurch und fiel zu Boden, Madelyn immer noch im Arm. »Alles in Ordnung?« keuchte er erschöpft. Seit
er zum Stall zurückgeritten war, hatte sich der Sturm erheblich verstärkt.
Als sie nicht antwortete, richtete er sich in plötzlicher Angst auf. Ihre Augen waren geschlossen, die Lippen bläulich verfärbt, die Wangen wachsbleich. Er packte sie an
einer Schulter und schrie sie an. »Madelyn! Was ist los, verdammt noch mal! Bist du
verletzt? So sag doch was!«
Sie hustete, stöhnte und würgte. Erschrocken presste er sie an sich und schließlich
brachte sie mühsam hervor: »Mach die Tür zu.«
Mit einem Fußtritt warf er die Tür ins Schloss, dann nahm er den Schal von
Madelyns Kopf und knöpfte ihren Mantel auf. Hastig löste er die Knoten des Seils,
das ihn immer noch mit ihr verband. »Bist du verletzt?« fragte er noch einmal.
Der Husten hatte ihr Gesicht ein wenig gerötet, aber jetzt war sie wieder
leichenblass. »Alles okay«, sagte sie so leise, dass Ray sie kaum verstand. »Aber ich bekam keine Luft.«
Da verstand er, was geschehen war. Mit seinem festen Griff hatte er sie beinahe
erstickt. »Großer Gott, beinahe hätte ich dich umgebracht.« Er stand auf und hob sie hoch.
»So schlimm war's nun auch wieder nicht.«
»Immerhin warst du fast bewusstlos.« Er trug sie die Treppe hinauf ins Schlafzimmer
und legte sie auf das Bett. Nachdem er seinen schweren Mantel ausgezogen und zu
Boden geworfen hatte, kleidete er Madelyn vollständig aus
und untersuchte sie von Kopf bis Fuß. Abgesehen von ein paar blauroten Flecken am
Brustkorb fehlte ihr nichts. Zärtlich küsste er die verfärbten Stellen, als könnte er damit die Schmerzen lindern.
Sie strich über sein dunkles Haar. »Ich bin in Ordnung, Ray, wirklich.«
»Am besten mache ich dir eine kalte Kompresse.«
»Eine Tasse heiße Schokolade wäre mir lieber. Oder Kaffee.« Ihre Stimme klang
wieder etwas sicherer, und das beruhigte ihn. »Sieh zu, dass du aus deinen nassen
Sachen kommst, und dann trinken wir beide was Warmes.«
Sie stand auf, ignorierte ihre Schmerzen, suchte saubere Kleider für Ray und sich
selbst, während er sich auszog. Beide schlüpften in Unterwäsche, Jeans und
Hemden, dann schaute er zu, als sie vor dem Spiegel ihr Haar bürstete und nach
hinten warf, anmutig wie eine Ballett-Tänzerin.
Wieso schaffte sie es nach allem, was sie durchgemacht hatte, immer noch so
elegant auszusehen? Und wie konnte sie die eben überstandenen Qualen so lässig
hinnehmen? Er selbst zitterte immer noch am ganzen Körper.
Als sie die Treppe hinabstiegen, blieb Ray plötzlich stehen, nahm Madelyn in die
Arme und legte die Wange auf ihr seidenweiches Haar. Glücklich schmiegte sie sich
an ihn. Er hatte nach Hause gefunden, und es war nichts Schlimmes geschehen.
Beide schwiegen, Worte schienen überflüssig. Es genügte ihnen, einander
festzuhalten.
Während des restlichen Tages wanderte Ray rastlos durch das Haus. Immer wieder
schaute er aus dem Fenster, um das Wetter zu beobachten. Er schaltete das Radio
ein, hörte aber nur Störgeräusche. Es wurde dunkel, und plötzlich fiel der Strom aus.
Ray machte Feuer im Wohnzimmerkamin, dann trug er einen Kerosinofen in die
Küche. Madelyn zündete Kerzen und Öllampen an und dankte dem Himmel, weil die
Heizung und der Herd mit Gas betrieben wurden.
Im Kerzenschein aßen sie eine Suppe und Sandwiches.
Später breiteten sie Steppdecken und Kissen auf dem Wohnzimmerboden aus, um
vor dem Kaminfeuer zu schlafen. Sie saßen auf ihrem improvisierten Lager, an die
Couch gelehnt, die Beine zu den knisternden Rammen hingestreckt. Madelyns Kopf
sank auf Rays Schulter, sie starrte in die rötliche Glut.
Etwas später holte Ray seine Spielkarten, und sie pokerten, um sich die Zeit zu
vertreiben. Wer verlor, musste ein Kleidungsstück ablegen. Da sie nicht viel
anhatten, verlor das Spiel bald seinen Reiz.
Als Ray nackt war, widmeten sie sich einer interessanteren Beschäftigung. Im
zuckenden Feuerschein verschmolzen sie
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