Tiffany Duo 40
schmiegen konnte.
»Bald fängt der Winter an«, sagte sie.
»Früher als du denkst.«
»Die Zeit bis Weihnachten wird schnell vergehen. Darf ich Robert einladen?«
»Natürlich. Er gehört zur Familie.«
Sie lachte. »Das weiß ich. Aber bei der Hochzeit habt ihr euch nicht allzu gut
verstanden.«
»Was hast du unter diesen Umständen erwartet? Männer sind ziemlich
besitzergreifend. Er wollte dich nicht aufgeben, und ich musste dich unbedingt
haben - koste es, was es wolle.« Er legte einen Finger unter ihr Kinn, hob es an und küsste sie. »Für ihn war ich ein Fremder, der wenige Stunden später mit seiner
Schwester ins Bett gehen würde.«
Eine Zeitlang blieb es still bis auf das Knarren der Schaukelketten. Ray küsste seine Frau wieder, dann hielt er sie nur noch im Arm. Ich habe nie geahnt, dass die Ehe so sein kann, dachte er in vagem Staunen. Sowohl Leidenschaft als auch
Beschaulichkeit. »Wir wollen ein Baby haben«, sagte er leise.
Nach einer kleinen Pause erwiderte sie: »Gut, ich werde die Pille nicht mehr
nehmen.« Sie griff nach Rays Hand und drückte sie an ihre Wange.
Diese zärtliche Geste bewegte ihn zutiefst. Er zog Madelyn
auf seinen Schoß, um ihr prüfend in die Augen zu schauen. »Willst du es wirklich?«
Ihr Blick schien von innen her zu leuchten. »Das weißt du doch.« Sie bewegte sich
vor, ihre Lippen streiften seine. Plötzlich warf sie die Arme um seinen Nacken und
presste sich an ihn. »Gibt es Zwillinge in deiner Familie?«
Ray blinzelte verwirrt, rückte ein wenig von ihr ab und starrte sie mißtrauisch an.
»Nein. In deiner?«
»O ja. Grandma Lily war ein Zwilling.«
Allein schon der Gedanke an zwei Kinder auf einmal war zuviel. Energisch schüttelte
er den Kopf. »Immer schön der Reihe nach, Mädchen, ein Baby genügt vorerst.«
Seine Hand glitt unter ihren Rock und in den Slip. »Vielleicht bist du zu Weihnachten schon schwanger.«
»Das wäre schön.«
Seine Augen strahlten. »Ich werde mein Bestes tun.«
»Und wenn es länger dauert?«
»Zur Sicherheit will ich meine Bemühungen verdoppeln.«
Ihre Mundwinkel zuckten. »Nun, ich habe nichts zu verlieren.«
Im Oktober schneite es zum erstenmal. Trockener Pulverschnee bildete eine zehn
Zentimeter dicke Schicht. Madelyn erfuhr, dass dieses Wetter der Arbeit eines
Ranchers kein Ende setzte. Vielmehr stellte es ihn vor zusätzliche Aufgaben, obwohl
die zehn Zentimeter Schnee keinen Anlass zur Sorge gaben. Im tiefsten Winter
würde Ray den Rindern Heu auf die Weide bringen und das Eis der zugefrorenen
Teiche aufhacken, damit das Vieh trinken konnte. Außerdem musste er verirrte
Kälber aufspüren, ehe sie erfroren, und die Herde während der schlimmsten
Witterung in geschützte Gebiete treiben.
Zum erstenmal begann Madelyn sich vor dem Winter zu fürchten. »Und wenn ein
Blizzard losbricht?« fragte sie eines Abends.
»Dann kann ich nur das Beste hoffen. Bei einem
Schneesturm werde ich auf jeden Fall ein paar Kälber verlieren. Aber wenn er nicht
zu lange dauert, wird der Großteil meiner Herde ihn überstehen. Gefährlich ist es
nur, wenn ein Blizzard oder eine extreme Kälteperiode länger als drei Tage dauern.
Die Rinder könnten erfrieren, und während eines Sturms kann ich ihnen kein Futter
bringen. An .der Stallwand und an der Hausmauer habe ich Haken angebracht.
Wenn ein besonders schlimmer Sturm heraufzieht, spanne ich ein Seil dazwischen.
Daran halte ich mich fest, wenn ich zum Stall gehe.«
Madelyn starrte ihn an und dachte entsetzt an die Jahre, wo er diese
Schwierigkeiten ganz allein hatte meistern müssen. Dass er immer noch lebte,
zeugte von seiner Intelligenz und Kraft, von seinem unbeugsamen
Durchhaltevermögen.
Die Vorbereitungen für den Winter durften nicht auf die leichte Schulter genommen
werden. Ray brachte die Herde zu Weideplätzen, die näher beim Haus lagen. Neben
der Hintertür stapelte er Brennholz, dann beschaffte er einen reichlichen Vorrat an
Kerzen und Batterien und reinigte die beiden großen Kerosinöfen, die allerdings nur
im Notfall benutzt werden sollten. Der Lieferwagen und der Ford wurden mit
Frostschutzmittel und neuen Batterien versehen. Beide Fahrzeuge würden den
Winter in der Garage verbringen.
Während des Oktobers sank die Temperatur stetig, bis sie nur noch mittags über
dem Gefrierpunkt lag. »Müssen wir sechs Monate lang Minusgrade aushalten?«
fragte Madelyn, und Ray lachte.
»Nein, zwischendurch wird es immer wieder etwas
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