Tiffany Duo 40
wärmer. Im Januar kann die
Temperatur sogar bis fünfzehn Grad steigen. Aber bei einem Blizzard müssen wir mit
fünfzehn Grad unter Null rechnen.«
Als wollte das Wetter ihn Lügen strafen, zeigte das Thermometer an diesem Tag
frühlingshafte Temperaturen, und Madelyn schöpfte neue Hoffnung. Rays
Vorbereitungen hatten den beängstigenden Eindruck erweckt, sie würden ein
halbes Jahr in eisigem Dunkel verbringen. Aber sein Prinzip, stets auf alles gefasst zu sein, hatte ihm geholfen, sieben einsame Jahre zu überstehen. Wie auch immer - sie
glaubte seiner Warnung, dass der Winter in Montana die reine Hölle sein konnte.
Und sie wollte ihn mit allen Mitteln daran hindern, sich in Gefahr zu begeben.
Am heiligen Abend flog Robert nach Billings und blieb drei Tage auf der Ranch.
Forschend musterte er Madelyn, als sie ihn vom Flughafen abholte. Was er sah,
musste ihn beruhigt haben, denn er entspannte sich und war ein liebenswürdiger
Gast.
Die Art, wie ihr Stiefbruder und Ray miteinander umgingen, amüsierte Madelyn. Sie
glichen sich, waren beide charakterstark und individuell. Ihre Gespräche bestanden
aus Satzfragmenten, aus wie zufällig hingeworfenen Kommentaren. Aber sie
schienen sich recht gut zu verstehen. Auch in ihren Manieren ähnelten sie sich.
Robert war ein Kosmopolit, und Ray passte sich diesem Stil mühelos an - ein Zeichen
für den Reichtum, den er vor seiner Scheidung genossen hatte. Der einzige
Unterschied zwischen den beiden lag darin, dass Robert nie die Beherrschung verlor
und Ray ein explosives Temperament besaß.
Erstaunlicherweise interessierte sich Robert für die Arbeit auf der Ranch und ritt
täglich mit Ray zur Weide. Sie unterhielten sich ausführlich über Zukunftspläne und
die Situation auf dem Viehmarkt, über Futtermengen und Zinsraten, über die
Inflation und Regierungszuschüsse. Oft sah Robert sehr nachdenklich aus, als würde
er Rays Äußerungen genau abwägen.
Am Tag vor seiner Abreise ging er zu Madelyn ins Wohnzimmer. Sie saß entspannt in
einem großen Lehnstuhl und lauschte der Musik aus der Stereoanlage. »Nicht
laufen, wenn man gehen kann«, bemerkte er belustigt, »nicht gehen, wenn man
stehen kann, nicht stehen, wenn man sitzen kann, nicht sitzen, wenn man liegen
kann.«
»Und nicht reden, wenn man hören kann«, ergänzte sie, ohne die Augen zu offnen.
»Dann wirst du zuhören, während ich rede.«
»Das klingt ziemlich ernst. Liebst du eine Frau? Willst du heiraten?«
»Großer Gott, nein!« rief er, und seine Erheiterung wuchs.
»Aber es gibt doch eine neue Frau am Horizont?«
»Ein bisschen näher.«
»Warum hast du sie nicht mitgebracht? Kenne ich sie?«
»Weihnachten ist ein Familienfest«, erwiderte er und verriet mit einem einzigen
Satz, dass ihm die neue Freundin keineswegs näherstand als ihre Vorgängerinnen.
»Sie heißt Natalie Van Wein.«
»Kenne ich nicht.«
»Du sollst zuhören, wenn ich rede, und keine Fragen nach meinem Liebesleben
stellen.« Robert zog einen Hocker heran, setzte sich und lächelte, als er feststellte, dass Madelyns Augen immer noch geschlossen waren.
»Also, dann sprich.«
»Mir ist noch niemand begegnet, der so viel Geschäftssinn hat wie Ray - von mir
selbst natürlich abgesehen.«
»Oh, natürlich.«
»Halt den Mund und hör zu. Er weiß, was getan werden muss, und tut es, ohne sich
von irgendwelchen Hindernissen zurückhalten zu lassen. Ein Mann, der soviel
Willenskraft besitzt, gibt niemals auf, unter keinen Umständen. Also wird er was aus dieser Ranch machen und nicht lockerlassen, bis sie wieder so floriert wie früher.«
Madelyn öffnete ein Auge. »Worauf willst du hinaus?«
»Ich bin Geschäftsmann. Und Rays Unternehmen erscheint mir profitabler als so
manches andere, in das ich investiert habe. Er muss nicht warten, bis er die Ranch
wiederaufgebaut hat, wenn jemand das nötige Geld hineinsteckt.«
»Und das hast du vor?«
Robert nickte. »Ich suche immer nach gewinnbringenden
Geschäften, und Ray wird den Umsatz gewaltig steigern, wenn er genug Kapital hat.
Übrigens will ich persönlich investieren, ohne die Cannon Companies reinzuziehen.«
»Hast du schon mit ihm darüber gesprochen?«
»Zuerst wollte ich mit dir reden. Du bist seine Frau und kennst ihn besser als ich.
Wäre er einverstanden, oder würde ich nur meine Zeit verschwenden?«
»Das musst du selbst herausfinden. Wie du bereits gesagt hast, versteht er was von
seinem Geschäft. Also lass ihn seinen
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