Tiffany Duo 40
miteinander und vergaßen den weißen
Wirbelsturm, der das Haus umtobte.
Am nächsten Tag ließ der Blizzard, der hohe Schneewehen aufgetürmt hatte, endlich
nach. Der elektrische Strom funktionierte wieder. Der Wetterbericht prophezeite
langsam steigende Temperaturen. Ray sah nach der Herde, die den Sturm recht gut
überstanden hatte. Nur ein einziges Kalb war verlorengegangen. Er fand das Tier,
das in einer Schneewehe lag, und brachte es zur Mutter zurück, die es mit lautem
Gemuhe begrüßte.
Diesmal hatten sie Glück gehabt. Er schaute zum grauen Himmel hinauf, wo sich
einzelne blaue Stellen zeigten. Ein milder Winter würde die Herde nicht gefährden.
Allmählich gelang es Ray, sich aus dem Morast seiner Schulden zu befreien, aber ein
einziges profitables Jahr genügte noch lange nicht. Der Kredit musste abbezahlt, die Herde vergrößert, Geld für Arbeitskräfte beschafft werden. Wenn er auch in andere
Unternehmungen Kapital stecken könnte und nicht mehr so abhängig vom Wetter
und vom Rindermarkt wäre, würde er der Zukunft viel ruhiger entgegenblicken.
Die nächsten Jahre würden nicht einfach sein. Madelyn war noch nicht schwanger.
Aber sobald sie ein Baby erwartete, musst er mit den Arzt- und Krankenhauskosten
rechnen.
Außerdem war es nicht gerade billig, ein Kind aufzuziehen. Vielleicht hätte er
Roberts Angebot doch annehmen sollen, obwohl es ihm widerstrebte, auf der Ranch
eine andere Autorität neben sich selbst zu dulden. Dann hätte er ein sicheres
finanzielles Polster und die nötigen Mittel, um seine Pläne schon jetzt zu
verwirklichen, und für Madelyn und die künftigen Kinder wäre bestens gesorgt.
Aber er hatte zu viel durchgemacht, zu lange und zu hart gekämpft, um sich nun
anders zu besinnen. Die Ranch gehört ihm, war ein Teil von ihm, genauso wie das
Blut, das durch seine Adern floss.
Jeden einzelnen Quadratmeter seines Grund und Bodens liebte er mit jener
Entschlossenheit, die seinen Ahnen geholfen hatte, Indianerattacken,
Witterungskatastrophen und Krankheiten zu überstehen. Er war mit dem
Sonnenschein im Gesicht und dem Geruch der Rinder in der Nase aufgewachsen,
eng verbunden mit den Weiden, den blauen Bergen und dem endlosen Himmel.
»Ich werde es schaffen, aus eigener Kraft«, versicherte er den schneebedeckten
Wiesen mit energischer Stimme. Es lag ihm nicht, aufzugeben. Dieses Land hatte von
Anfang an Männer wie ihn gebraucht. Schwächere hatte es vernichtet und nur die
Stärksten, Tüchtigsten überleben lassen. Genauso brauchte die Ranch starke Frauen.
Und wenn Madelyn auch nicht ganz das war, was er sich unter der Gefährtin eines
Ranchers vorgestellt hatte - keine andere würde ihn so glücklich machen.
9. KAPITEL
Gegen Ende Januar zog eine zweite Schlechtwetterfront von der Arktis herab und
drohte noch schlimmere Ausmaße anzunehmen als die erste. Der Rundfunk hatte
die Warnung schon ein paar Tage vorher verlautbart. Gemeinsam taten Ray und
Madelyn ihr Bestes, um die Herde zu schützen.
Über Nacht sanken die Temperaturen, und als sie am
nächsten Morgen erwachten, war es fast zehn grad unter Null. Aber wenigstens
wehte kein allzu heftiger Wind. Ray zerhackte das Eis in den Trögen und auf den
Teichen, damit die Rinder trinken konnten, und wann immer er draußen auf der
Weide war, verging Madelyn beinahe vor Angst. Die Kälte war mörderisch, und laut
Wetterbericht sollte die Temperatur noch weiter sinken.
Diese Vorhersage traf ein. Bei Einbruch der Dunkelheit maß Ray zwanzig Grad unter
Null und am folgenden Morgen fünfundzwanzig.
Wenn er schon zuvor unruhig gewesen war, so wirkte er jetzt wie ein Tiger im Käfig.
Sogar im Haus trugen sie mehrere Kleidungsstücke übereinander, und im Kamin
brannte ständig ein Feuer, obwohl die Elektrizität vorerst funktionierte. Um sich zu erwärmen, tranken sie immer wieder heiße Schokolade oder Kaffee. Die Nächte
verbrachten sie vor dem Kamin im Wohnzimmer.
Am dritten Tag saß Ray einfach nur da, die Augen dunkel vor Zorn. Seine Rinder
verendeten auf der Weide, und er konnte nichts dagegen tun. Das Schneetreiben
hielt ihn von der Herde fern, die unerträgliche Kälte würde ihn noch schneller töten als die Tiere. Inzwischen war die Temperatur auf fast dreißig Minusgrade gesunken.
Als sie abends vor dem Kaminfeuer lagen, strich Madelyn Ray über die Brust und
spürte die Verkrampfung in seinen Muskeln. Blicklos starrte er zur Zimmerdecke
hoch. Sie stützte sich auf einen
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