Tiffany Duo 48
begeistertes Ja. "Sind die Mullers gerade bei mir?" Ja.
"Versuchen Sie etwas Schwierigeres", schlug Miss Edla vor, ihre blauen Augen funkelten. "Werden wir je Frieden haben?" Das Pendel verneinte entschieden.
"Nicht so etwas, Sybil. Sie wissen, was Sie fragen müssen."
Das wußte sie in der Tat, und sie wollte es nicht. Ihre bisherigen Ergebnisse waren
weit besser gewesen als sonst, ausnahmsweise glaubte sie den Antworten, die ihr
das Pendel gab. Sie wollte keine Antwort, die ihre ganze Welt aus den Fugen geraten
lassen konnte.
Aber die Schwestern beobachteten sie genau, in ihren Augen standen Neugier und
Vertrauen. Und um nichts in der Welt, nicht einmal wegen Nicholas Fitzsimmons,
wollte Sybil als Feigling gelten.
"Werden Nick und ich uns je vertragen?" fragte sie ausweichend. Das Pendel schien sich nicht ganz sicher zu sein. Erst drehte es sich ein wenig im Uhrzeigersinn, dann
entgegengesetzt, dann schwang es ziellos herum. "Sehen Sie?" triumphierte Sybil.
"Ich sagte Ihnen ja, wir vertragen uns nicht."
"Um diese Frage geht es nicht, Sybil." Miss Edla war früher Lehrerin gewesen, diesen strengen Tonfall hatte sie sich nicht abgewöhnen können. "Hören Sie auf, um das
Thema herumzureden."
Seufzend starrte Sybil auf das kleine Jadestück, das über ihr Schicksal bestimmen
sollte. "Dann sagen Sie mir, welche Frage ich stellen soll, Miss Edla."
"Werden Sie und Nick sich ineinander verlieben?"
"Nein!" rief Sybil heftig aus.
"Ich habe nicht Sie gefragt, Sybil, das Pendel soll darauf antworten."
"Ich werde diese Frage nicht stellen!"
"Dann formulieren Sie sie auf Ihre Art."
Sybil betrachtete das Pendel und atmete schließlich tief durch. Sie konzentrierte sich so stark darauf, wie sie ihre Frage formulieren sollte, daß sie die wenn auch sehr
leisen Schritte auf der Treppe nicht hörte. "Also gut, Sie haben es so gewollt", murmelte Sybil resigniert. "Werden Nick und ich je ein Liebespaar sein?"
Das Pendel hörte auf, sich ziellos zu bewegen und beschrieb einen langsamen,
deutlichen Kreis im Uhrzeigersinn.
"Verdammt!" stieß Sybil hervor, und als sie den Kopf hob, sah sie Nick geradewegs in die Augen. Und diese Augen funkelten vor Belustigung.
"Nun, schon wieder Humbug?" Er schien den winzigen Buchladen mit seiner Größe plötzlich ganz auszufüllen.
Sybil starrte ihn wortlos an. Sie konnte nur hoffen, daß er ihre Frage nicht gehört
hatte, aber normalerweise war das Geschick nicht so gütig.
Sie schloß die Faust um das Pendel und steckte es in die Tasche ihrer Jeans.
"Humbug, ganz richtig", stimmte sie zu.
"Ich gehe jetzt nach Hause. Ich nehme ein paar Bücher mit. Ist das in Ordnung?" Er trug ein paar der ältesten, in Leder gebundenen Folianten unter dem Arm, und Sybil
war klar, daß sie eigentlich entschieden dagegen hätte protestieren müssen.
"Selbstverständlich. Ich denke, bei sich zu Hause können Sie wesentlich bequemer arbeiten als hier."
"Oh, das beabsichtige ich gar nicht. Auf der Black Farm gibt es keinen geeigneten Ort, wo ich mich richtig ausbreiten könnte. Die Bibliothek oben ist genau das, was
ich brauche. Es sei denn, ich störe Sie?" Er sagte das mit so unschuldsvoller Miene, daß Sybil ihm am liebsten gegen das Schienbein getreten hätte.
"Aber nicht im geringsten", brachte sie gepreßt hervor.
"Das freut mich." Noch immer funkelten seine Augen schadenfroh. "Wo kann ich hier übrigens am besten Kräuter bekommen? Ich meine, nicht so ein Zeug aus dem
Supermarkt, sondern selbstgezogene."
"Bei Dulcy", erwiderte sie wie aus der Pistole geschossen. Ihr war bewußt, daß ihr dieser Vorschlag gar nicht mehr sonderlich behagen würde, wenn sie länger darüber
nachdachte. Eine weitere Widersprüchlichkeit in ihrem ohnehin schon so
befremdlichen Verhalten.
"Aber ja, natürlich! Dulcy hat die besten Kräuter in ganz New England. Sie zieht sie selbst, trocknet sie und unterhält sogar einen kleinen Versandhandel damit",
pflichtete Miss Edla eifrig bei.
"Warum verkaufen Sie sie nicht auch hier im Laden? Sie haben doch sonst alles, was man sich denken kann."
Sybil lächelte. "Zwischen Dulcy und mir herrschen ein paar Meinungsunterschiede.
Einer davon betrifft ihre Kräuter und die Zwecke, für die sie sie benutzt."
"Dulcy ist nämlich eine weiße Hexe", warf Miss Minna bereitwillig ein. "Sie zieht ihre Kräuter zum Zaubern."
"Und zum Heilen", fügte Sybil fairerweise hinzu. "Aber das ist ein Gebiet, von dem ich mich lieber fernhalte. Ich halte es für
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