Tiffany Duo 48
Alten in St. Johnsbury, meistens
kassiert sie in solchen Fällen nicht einmal ein Honorar."
"Das könnte doch Tarnung sein? Eine ziemlich wirkungsvolle noch dazu, das müssen Sie zugeben."
"Ich muß gar nichts zugeben. Sie sind erst zwei Tage hier, und schon wittern Sie vermeintliche Verbrechen und haben Verdächtige parat. Finden Sie nicht, daß Sie
reichlich viel Gift versprühen?"
Da war es wieder, dieses hintergründige Lächeln. "Hatten Sie etwas anderes von mir erwartet? Außerdem habe ich nicht gesagt, ich hätte Dulcy in Verdacht. Ich meinte
nur, das alles könne eine gute Tarnung sein. Sie ist aber nicht die einzige, die mit den alten Damen in Danbury gut Freund ist."
Sybil holte wütend tief Luft, ihr war ganz klar, auf wen er anspielte. "Leona könnte keiner Fliege etwas zuleide tun", protestierte sie heftig. "Sie ist selbst eine alte Dame, sie würde nie eine von ihresgleichen hereinlegen."
"Wen würde sie denn dann hereinlegen?"
"Niemanden! Sie machen mich rasend! Sie sind gerade sechsunddreißig Stunden in
der Stadt, und schon schenken Sie allen möglichen Gerüchten Gehör und ziehen
falsche Schlüsse. Nur, weil Leona noch relativ neu hier ist... "
"Wie neu?"
"Sie lebt seit zwei Jahren hier, genauso lange wie ich auch. Ich bin überrascht, daß Sie noch nicht beschlossen haben, ich sei ihre Komplizin.
"Noch habe ich überhaupt nichts beschlossen", stellte Nick mit aufreizender Ruhe klar. "Mir sind nur ein paar merkwürdige Zufälle und Zusammenhänge aufgefallen,
bei denen Ihre gute Freundin auch eine gewisse Rolle spielt. Voreilige Schlüsse ziehe ich nicht."
"Es hat sich aber genauso angehört..." Sybil wurde durch das Läuten des Telefons im Büro unterbrochen. "Ich gehe schnell."
Nick war ihr einen Schritt voraus, auch hatte er einen längeren Arm. Er nahm den
Hörer des Küchentelefons ab. "Verein der Wasserhexen", meldete er sich mit
übertrieben unheimlicher Stimme.
"Geben Sie mir sofort den Hörer!" fuhr Sybil ihn an und streckte die Hand danach aus. Nick beachtete sie gar nicht.
"Verzeihung, wen möchten Sie bitte sprechen?" fragte er ungerührt.
"Nick!"
"Sara Lee?" wiederholte er.
Endlich gelang es Sybil, ihm den Hörer zu entreißen. "Hallo, Mutter. Ja, ich bin es."
Nick stand da und starrte sie fassungslos an, dann breitete sich wieder dieses
betörende Lächeln auf seinen Zügen aus, das Sybil so sehr an das eines gefallenen
Engels erinnerte. Mit nervenaufreibender Geduld lehnte er im Türrahmen und
wartete ab, während Sybil versuchte, mit ihrer ungewohnt redseligen Mutter
zurechtzukommen.
"Ja, ich komme vor Weihnachten. Nein, länger kann ich nicht vom Büro wegbleiben.
Hör mal, ich bin sehr beschäftigt. Ja, auch bei den Wasserhexen kann man sehr
beschäftigt sein. Nein, das war kein netter Mann, der da eben am Telefon war,
sondern ein ganz entsetzlicher. Ja, ich rufe dich heute abend noch einmal an. Auf
Wiedersehen, Mutter."
"Ein entsetzlicher Mann?" echote Nick belustigt, als sie den Hörer ungewollt sanft auflegte.
"Und was für einer." Sie wartete gespannt ab.
"Sara Lee? Genau wie die Frau aus der Werbung für Kekse?" Zu einer anderen Gele genheit hätte sie das nur mühsam unterdrückte Lachen in seiner Stimme charmant
gefunden, aber nicht jetzt, da es auf ihre Kosten ging.
"Saralee, in einem Wort, nach meiner Großmutter mütterlicherseits, die nie in ihrem Leben Plätzchen gebacken hat. Sie war ausschließlich damit beschäftigt, Geld zu
verdienen."
"Saralee", wiederholte er murmelnd, als ließe er jede einzelne Silbe genüßlich auf seiner Zunge zergehen. "Das paßt zu Ihnen. Viel besser als Sybil."
"Wenn Sie mich je Saralee nennen", warnte sie gedehnt, "dann werde ich alles tun, um Ihnen das Leben zur Hölle zu machen. Und ich habe sehr viele Möglichkeiten
dazu."
"Sie sind schon unterhaltsamer gewesen, als ich zugeben möchte. Nun gut, Sybil..."
Er betonte ihren Namen übertrieben. "Zeigen Sie mir, wo ich arbeiten kann, und ich halte mich von Ihnen fern."
Sie mußte sich eingestehen, daß der Name Saralee aus seinem Mund wesentlich
sexier klang als Sybil. Aber das durfte sie ihm nicht zeigen. Vielleicht war es besser, länger Urlaub zu nehmen, sich in den Schoß der Familie zu flüchten und abzuwarten,
bis Nick wieder abreiste.
Nein, sie war wohl nicht ganz bei Trost. Nicht einmal Nick war auch nur annähernd
so schlimm wie ihre komplette Familie
mit ihrer taktvollen Anteilnahme. Außerdem konnte sie den Buchladen
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