Tiffany Duo 48
noch einen Schluck von meinem Trank?"
"Übertreib es nicht, Nick", warnte sie. "Ich glaube, ich gehe jetzt lieber nach Hause."
"Ich dachte, wir wollten uns über Leona unterhalten?"
"Mir ist im Moment nicht danach."
"Warum nicht? Du sagtest doch, du seist immun gegen meinen Charme?"
"Das stimmt auch", bestätigte sie. "Ich bin zu müde. Außerdem hast du bis Montag bestimmt eingesehen, daß dein Verdacht vollkommen lächerlich war."
"Montag? Ist das Büro über das Wochenende geschlossen?"
"Ja. Aber du wirst dich sicher zu unterhalten wissen. Du kannst ja mal ein anderes Rezept aus diesem Buch ausprobieren."
"Ach, Saralee", sagte er, "ich fürchte, die Wirkung des Tranks ist auf den Hersteller übergegangen."
"Nun, ich bin mir sicher, du wirst in der Lage sein, ein passendes Gegenmittel zu brauen." Sybil ging zur Diele, und diesmal versuchte Nick nicht, sie zurückzuhalten.
Sie spürte deutlich, wie sein verklärter Blick ihr folgte, und für einen kurzen
Augenblick empfand sie so etwas wie Triumph. Wenn Nick auch vorgehabt hatte, ihr
eine Falle zu stellen, so war es ihr doch im Gegenzug wenigstens gelungen, sein
scheinbar unerschütterliches Selbstbewußtsein zu erschüttern.
Ohne seine Hilfe schlüpfte sie in ihren Mantel und ging, ohne sich noch einmal
umzusehen, zur Tür. "Bis Montag also", rief sie ihm über die Schulter hinweg zu und trat hinaus in die Nacht.
"Wenn nicht schon früher!"
Sie zog die Tür hinter sich ins Schloß und lief zu ihrem Auto. In gewohnt
halsbrecherischem Tempo fuhr sie aus der Zufahrt heraus. Je eher sie nach Hause
kam, zu ihren Hunden und in die eigenen, sicheren vier Wände, desto besser. Noch
vor wenigen Minuten hatte sie das Gefühl gehabt, als drohe ihre ganze Welt aus den
Fugen zu geraten. Alles, was ihr lieb und teuer war und woran sie glaubte, hatte sich in dem Moment in Nichts aufgelöst, als sie in Nicks Armen gelegen hatte. Und so
fragte
sie sich, ob dieser verdammte Trank am Ende vielleicht doch
gewirkt hatte ...
***
"Dulcy?"
"Sybil, es ist sieben Uhr morgens!" ertönte die verschlafene, schlechtgelaunte Stimme durch die Leitung. "Samstag ist der einzige Tag, an dem ich ausschlafen
kann!"
"Ich weiß, Dulcy. Ich hätte dich auch nie so früh angerufen, wenn es nicht so
wahnsinnig wichtig wäre."
Dulcys Reaktion bestand aus einem resignierten Seufzer. "Was ist es denn diesmal?"
"Ich brauche ein paar Kräuter."
Erst herrschte lange Zeit Schweigen am anderen Ende, dann fing Dulcy zu Sybils
Erstaunen zu lachen an. "Ach, tatsächlich? Soll ich wertvolle Zeit vertun und dich nach dem Grund fragen, oder ahne ich ihn bereits?"
Sybil nagte an ihrer Unterlippe. "Du wirst wahrscheinlich nicht annehmen, daß ich das Zeug zum Kochen brauche."
"Nein. Ich nehme eher an, du bist Nicks kleinem Experiment zum Opfer gefallen. Sag bloß, es hat tatsächlich gewirkt!"
Sybil überhörte die offensichtliche Schadenfreude ihrer Freundin geflissentlich.
"Natürlich nicht."
"Dann willst du also kein Gegenmittel?"
"Dulcy, du machst es mir nicht gerade leicht!"
"Das habe ich nicht vor. Wenn du kein Gegenmittel willst, warum rufst du mich dann an? Möchtest du deinerseits einen Liebestrank an ihm ausprobieren?"
"Bloß nicht, nein!" rief sie, ehe sie über diese recht verlockende Idee genauer nachdenken konnte. "Ich brauche kein Gegenmittel, weil sein verdammter Trank
nicht gewirkt hat, aber ich dachte, es könnte trotzdem nicht schaden, es mit einem
zu versuchen. Wir wissen beide, du und ich, daß Zaubersprüche nur wegen der
Einbildungskraft wirken, nicht wegen ihres
tatsächlichen Zaubers. Wahrscheinlich bin ich einfach ein Opfer meiner
Einbildungskraft geworden."
"Hast du mit ihm geschlafen?"
"Sei nicht albern. Er hat nicht einmal mitbekommen, daß ich auf das Mistzeug
überhaupt reagiert habe."
Dulcy lachte. "Da wäre ich mir nicht so sicher. Nick scheint mir eine
außergewöhnliche Beobachtungsgabe zu haben."
"Dann war das reines Wunschdenken seinerseits", wehrte Sybil giftig ab. "Mein Hauptproblem im Moment sind Alpträume."
"Alpträume?"
"Nun ja, das ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort", gab Sybil zu. "Sehr verwirrende Träume eben."
"Du kannst sie mir erzählen, wenn ich komme, und dann analysieren wir sie", kündigte Dulcy an.
"Vergiß es, für so etwas bist du noch zu jung."
"Aha, so unanständig?"
"Nein ... ja", gestand Sybil endlich. "So unanständig. Bestimmt kann ich dem Mann nicht mehr in die Augen sehen, ohne rot zu
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