Tiffany Duo 48
abgehalten wurde.
Außerdem würde Leona auch da sein, und momentan hatte Sybil nicht die geringste
Lust, Leona zu sehen.
Dulcy würde allein zu Hause sein. Im Grunde jedoch war Dulcy auch nicht der
Mensch, den Sybil jetzt gern besuchen wollte. Sie setzte sich auf den Teppich vor
dem Ofen, lehnte den Kopf zurück gegen das Sofa und schlang die Arme um die
Knie. Zum ersten Mal seit Jahren wollte sie am Weihnachtsabend nicht allein sein.
"Sei nicht albern", sagte sie laut zu sich. Kermit hob den Kopf und wedelte mit dem Schwanz. "Den bist du endgültig los." Seufzend legte sie die Stirn auf die Knie. Im Radio ertönte nun ein uraltes Weihnachtslied von der noch ganz jungen Judy
Garland. Das gab Sybil den Rest. Mit der Stirn auf den Knien weinte sie ihre ganze
Einsamkeit, Traurigkeit und Verzweiflung aus sich heraus, während draußen weiter
der Schnee fiel und drinnen die Kerzen am Weihnachtsbaum flackerten. Die Hunde
rückten in stummer Anteilnahme näher an sie heran, aber auch das half nichts. Sie
weinte herzzerbrechend, bis keine Tränen mehr kamen.
Da endlich hob Sybil ihr tränenüberströmtes Gesicht. "Du Närrin", schalt sie sich leise. "Warum sitzt du hier allein und weinend unter dem Weihnachtsbaum, wenn
der Mann, den du liebst, nur fünf Minuten von dir entfernt ist?"
Sie brauchte genau eine Viertelstunde, um sich fertig zu machen. Es war schon nach
zehn. Sie zog sich nicht um, sie flocht auch ihr langes Haar nicht. Sie nahm Nicks
Geschenk, schlüpfte in ihren Daunenmantel und ging ans Telefon, um Dulcy
anzurufen.
"Dulcy?" Ihre Stimme klang leicht außer Atem. "Fliegst du morgen nach Kanada?"
Ein leises, freundliches Lachen ertonte vom anderen Ende. "Ich komme und hole die Hunde."
"Aber... "
"Deswegen hast du doch angerufen, oder?"
"Ja."
"Also, dann lauf rasch zu deinem Herzallerliebsten. Gib ihm einen Kuß von mir", bat Dulcy fröhlich.
Ganz plötzlich kam Sybil ein leiser Verdacht. "Du wolltest ihn doch nicht, oder?"
"Ganz ehrlich?"
"Ganz ehrlich."
Dulcys Lachen klang nur ein ganz klein wenig angespannt. "Sagen wir mal, ich hätte es schon gern auf einen Versuch ankommen lassen. Aber er ist zu dir gekommen,
nicht zu mir, und ich habe bereits vor langer Zeit gelernt, niemals etwas zu
erzwingen, was nicht sein soll. Du kannst ihn haben, Sybil, mit meinem Segen. Nur
gib ihn niemals auf, wenn du nicht einen ganz triftigen Grund dafür hast."
"Dulcy... "
"Ich hole die Hunde. Frohe Weihnachten, Sybil."
"Frohe Weihnachten, Dulcy."
Die hohen Stiefel nahmen sich ein wenig seltsam aus zu dem festlichen Kleid, auch
war Sybils Haar bereits voller
Schneeflocken, nachdem sie den kurzen Weg bis zu ihrem Wagen zurückgelegt
hatte. Sie war zu dem Entschluß gekommen, Nick nicht vorzuwarnen. Als sie ihn das
letzte Mal gesehen hatte, war er wütend aus ihrem Haus gestürmt. Sie mußte
vielleicht etwas raffinierter vorgehen, um ihn wieder für sich zu gewinnen. Ihr fiel
ein, wie seine Augen gefunkelt hatten. Nun, vielleicht war es auch gar nicht nötig,
besonders raffiniert zu sein.
Vorsichtiger als sonst fuhr sie die Straße zur Black Farm entlang. Gerade in dieser
Nacht wollte sie es nicht riskieren, von der Straße abzukommen, gerade in dieser
Nacht wollte sie sich Zeit lassen, um ganz sicherzugehen, daß sie wußte, was sie tat.
Je mehr sie sich der Farm näherte, desto stärker wurde ihre Zuversicht. Es gab nur
zwei Alternativen. Entweder man war eine halbe Meile voneinander entfernt und
traurig, oder zusammen und glücklich. Die Entscheidung fiel nicht schwer.
Er hatte etwas dazugelernt - seine Haustür war nicht abgeschlossen. Vor der
Scheune parkte der grüne Jaguar, mit leichtem Unbehagen betrachtete Sybil den
langen, häßlichen Kratzer an der Tür. Ihr Geländewagen war eindeutig besser
davongekommen bei dieser Kollision, aber bei ihm machte ein Kratzer mehr oder
weniger ohnehin nichts mehr aus.
Sybil klopfte nicht an, sie trat einfach in die Diele und schloß die Tür lautlos hinter sich. Im Wohnzimmer war niemand, aber aus der Küche ertönte Geschirrklappern,
und jemand summte vor sich hin. Nick war eindeutig nicht so niedergeschlagen wie
sie, wenn er so fröhlich summen konnte. Flüchtig spielte sie mit dem Gedanken,
wieder zu gehen. Doch dann gab sie sich einen Ruck, zog die Stiefel aus und ließ den
Daunenmantel zu Boden fallen.
Leise lief sie über den kalten Fußboden, das Päckchen für Nick fest in den Händen
haltend. Er hatte einen etwas
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