Tiffany Duo 48
mich. Das wissen wir beide. Mein ganzes Leben lang bin ich auf jemanden wie dich vorprogrammiert worden. Einmal habe ich
sogar jemanden wie dich geheiratet, weil ich zu dumm war zu wissen, was ich tat. Es
ging jedoch nicht gut, und es würde auch diesmal nicht gutgehen. Ich brauche
jemanden, der freundlich, unterstützend, und anspruchslos ist, der meine Interessen
und Ansichten teilt, der die freie Natur, den Winter und das einfache Leben liebt. Ich brauche keinen noblen, zynischen Professor und kein Yuppiedasein."
"Ich kann mich nicht erinnern, dir das angeboten zu haben."
"Nein. Ich wollte nur sichergehen, daß du das auch künftig nicht tust."
Er nickte, sein Lächeln erstarb. "Du suchst demnach also eine Mischung aus Robin Hood und dem heiligen Franz von Assisi. Und du glaubst, das macht dich glücklich?"
"Es ist genau das, was ich brauche."
"Dickkopf." Mit zwei Schritten durchquerte Nick das Zimmer und baute sich
bedrohlich vor Sybil auf. "Ich bin der Mann, den du willst, Dummerchen, aber du
glaubst, du brauchst mich nicht. Ich bin der Mann, den du brauchst, aber du redest
dir ein, du willst mich nicht. Du sitzt da und lügst dir selber etwas vor, indem du dir sagst, irgendein Märchenprinz könnte alle deine Probleme lösen. Dabei bin ich hier
und warte auf dich." Seine Stimme klang schneidend und kalt, als er fortfuhr:
"Früher oder später wirst du erwachsen werden müssen. Dann wirst du
mit diesem spirituellen Humbug aufhören und die Tatsache einsehen, daß nicht
alles, wovon man will, daß es wahr ist, auch unbedingt tatsächlich wahr sein muß.
Von deinem sogenannten Traummann hättest du innerhalb weniger Tage genug, er
würde dich zu Tode langweilen. Das heißt, wenn du ihn denn jemals findest. Solange
du nach ihm Ausschau hältst, solange brauchst du dich den Anforderungen des
wirklichen Lebens nicht zu stellen. Und solange bist du auch sicher vor mir." Sybil bewegte sich nicht, sie sagte auch nichts, sondern sah ihn nur mit großen Augen an,
während seine Worte langsam in sie einsanken. "Also gut." Er trat langsam einen Schritt zurück. "Ich werde dir geben, was du dir angeblich wünschst. Ich werde dir geben, was du angeblich brauchst. Ich lasse dich in Ruhe." Nur mit Mühe gelang es ihr, ihre Erstarrung abzulegen. "Gut", flüsterte sie.
Er lächelte halbherzig. "Ich werde warten, Saralee. Aber nicht ewig." Ohne ein weiteres Wort stürmte Nick aus dem Haus, seinen Mantel vergaß er.
Sybil hörte, wie ihr Wagen mit aufheulendem Motor aus der Zufahrt fuhr. Nicks
Mantel lag zu ihren Füßen. Sie hob ihn auf und wickelte ihn um sich, so daß sie ganz
eingehüllt war von seiner Wärme und dem Duft, der ihm anhaftete. Sie schloß die
Augen und fing an zu weinen.
***
"Was machst du am Weihnachtsabend?" Dulcy trug gerade ein Tablett mit leeren
Punschgläsern in die Küche des "Vereins der Wasserhexen". Sie und Sybil räumten die Spuren des "Tags der offenen Tür" auf, den sie alljährlich zu Weihnachten veranstalteten. Wenigstens vier Stunden lang war sie von ihrem Kummer abgelenkt
worden.
Natürlich hat es sehr geholfen, daß Nick nicht erschienen ist, sagte sie sich und
schob sich ein weiteres Weihnachtsplätzchen in den Mund. Seit er vor zwei Tagen
ihr Haus so abrupt verlassen hatte, war sie ihm nicht mehr begegnet. Steve hatte ihr
ihren Wagen zurückgebracht, und all ihre geschickten Versuche, ihn über Nick
auszuhorchen, waren fehlgeschlagen.
Auch Leona hatte sich ziemlich rar gemacht. Gleich am nächsten Tag hatte Sybil sie
zur Rede gestellt und ihr ziemlich drastisch geschildert, was Nick beinahe passiert
wäre. Ihre Reaktion war genauso gewesen, wie Sybil sie sich erhofft hatte. Auf
Leonas Puttengesicht hatten sich Entsetzen, Fassungslosigkeit und
Niedergeschlagenheit widergespiegelt. Daß Sybil leise Zweifel daran hatte, ob diese
Empfindungen auch Leonas kleine schwarze Augen erreichten, lag sicher nur an
Nicks ansteckenden Verdächtigungen.
Am heutigen Tag war Leona nicht erschienen, aus Angst, Nick über den Weg zu
laufen. Und Nick wiederum war nicht erschienen, weil er wohl weder ihr noch Sybil
über den Weg laufen wollte.
"Nun?" beharrte Dulcy geduldig.
"Nun, was?"
"Was machst du heute abend? Ich weiß, daß es dir wieder gelungen ist, deine
Familie abzuwimmeln. Willst du zu mir kommen, oder hast du andere Pläne?"
"Ich feiere Weihnachten nicht, Dulcy."
Sie zuckte die Schultern. "Nun ja, die Satumalien waren ja auch gerade erst."
Sybil
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