Tiffany Duo 48
Vater. "Wir können dir nicht ständig hinterherfahren, wenn du zu den Dreharbeiten mußt. Also sagst du deinem
Produzenten, daß du nur noch für ihn arbeitest, wenn er dir einen Leibwächter
stellt."
Ihr Vater war ein kleiner, energischer Mann, der mit seinem aufbrausenden
Temperament kein Nein als Antwort hinnahm.
"Er hat recht", stimmte ihre Mutter wie immer zu. "Hör auf deinen Vater." Dann zwinkerte sie Kaylie zu. "Deshalb mußt du deine Karriere ja nicht aufgeben. Ich
werde selbst mit dem Produzenten reden."
Kaylie widersprach nicht. Sie liebte die Schauspielerei. Ihr erster kleinerer Erfolg war ein Horrorfilm, der der Filmfirma mehr Geld als erwartet eingebracht hatte. Ihre
nächste Rolle war schon größer, sie spielte ein Mädchen, dessen Eltern seinen
Freund nicht akzeptierten, und das auch noch schwanger wurde. Ihr dritter Film war
eine Teenagerkomödie, die ihr und dem Regisseur dickes Lob von den Filmkritikern
einbrachte. Der Film hatte viele Millionen eingebracht. Die Leute von der Filmfirma
waren außer sich. Mit sechzehn war Kaylie bereits überall im Mittelpunkt der
Gespräche, bekam Berge von Fanpost und sollte ein Interview nach dem anderen
geben. Sie wurde mit anderen Jungstars verglichen und auf der Straße um
Autogramme gebeten. Die Leute schrieben ihr Briefe mit Liebesschwüren, aber auch
weniger freundliche Phantastereien.
Die Leiter der Filmstudios stimmten ihrem Vater zu und bestanden darauf, daß
Kaylie einen Leibwächter bekam.
Doch mit siebzehn war sie nicht auf jemanden wie Don Flannery gefaßt gewesen,
der in die Büros der Filmfirma kam und verkündete, daß er auf sie aufpassen werde.
Sie hatte damit gerechnet, daß ihr Leibwächter wie ein ehemaliger Boxer aussah,
dem schon ein paar Zähne fehlten. Oder wie ein Rausschmeißer einer Bar, mit
dickem Bauch und unrasiert. Don Flannery sah allerdings vollkommen anders aus.
Er war viel jünger, als sie erwartet hatte. Kaum älter als zwanzig, seinem Aussehen
nach zu urteilen. Und er sah viel besser aus, oder eher männlicher, als alle ihre
Filmpartner. Sein Haar trug er länger, als es Mode war, und es reichte in dichten
braunen Locken bis über den Kragen und über die Stirn. Sein Gesicht wirkte trotz der
ausgeprägten Konturen jungenhaft, wenn er strahlend lächelte.
"Miss Melville", begrüßte er sie und streckte die Hand aus. Sie saßen in dem unordentlichen Büro von Martin York, dem Produzenten ihres letzten Films.
Im Vergleich zu Dons großer Hand kam ihre eigene ihr winzig vor. Er trug eine
Lederjacke, Jeans und ein T-Shirt, so daß er wie einer der Arbeiter für die
Filmkulissen aussah, doch seine Augen machten diesen Eindruck zunichte. Mit dem
durchdringenden Blick seiner grauen Augen schien er jede Einzelheit in dem Büro
wahrzunehmen, als er sich dem Produzenten zuwandte.
Martin warf seine Baseballmütze auf einen Stuhl hinter sich. Grinsend streckte er
über seinen mit Akten, Drehbüchern und vollen Aschenbechern bedeckten
Schreibtisch hinweg Don die Hand hin. "Wie geht's dir, alter Kerl?"
"Ich schätze, genau wie dir", erwiderte Don und ließ sich in einen Sessel neben Kaylie fallen. Gelassen streckte er die Beine lang von sich. "So schlimm?"
Die beiden Männer lachten, und Kaylie unterdrückte ein Kichern. Schlagartig kam sie
sich wie eine Außenstehende vor, und wenn sie nervös war, kicherte sie oft. Aber
vor Don wollte sie sich nicht wie ein Mädchen benehmen. Dann hielt er sie
womöglich für dumm, und das sollte er auf gar keinen Fall.
"Ich kenne Don hier schon seit einigen Jahren", sagte Martin und blickte sie an, als sei ihm gerade erst eingefallen, daß sie auch noch da war. "Wir kennen uns aus der Navy. Laß dich von dem äußeren Eindruck nicht täuschen, er ist einer der Besten."
Kaylie musterte den Mann, der sie beschützen sollte. Einer der Besten? Und dann so
jung?
"Don hat an einem Geheimauftrag des Militärs gearbeitet, und dann war er bei einer Sicherheitsfirma angestellt. Jetzt will er sich selbständig machen, stimmt's?"
"Nur ein Gerücht", widersprach Don gelassen. Er sah wieder zu Kaylie, und sein Lächeln verschwand. "Ich werde auf Sie aufpassen, Miss Melville. Darauf können Sie sich verlassen."
"Nenn mich Kaylie, ja?" sagte sie betont gleichmütig. "Und ich nenne dich Don, okay?" "Wenn du es willst, gern."
Sie lächelte und versuchte, Dons Blick nicht zu sehr auf sich wirken zu lassen. Der
Raum schien zu schwanken, und sie fühlte sich merkwürdig.
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