Tiffany Duo Band 0124
zu einer Operation ins Krankenhaus gerufen worden war, doch noch ehe er sich auf den Weg gemacht hatte, hatte er einen zweiten Anruf erhalten, bei dem man ihm mitgeteilt hatte, dass der Patient in ein anderes Krankenhaus verlegt worden sei.
Tess war nicht überrascht, Jack am Fenster stehen zu sehen. Er trug seine Jeans und ein weißes Männerhemd, das sie aus den Tiefen von Caras Schrank ausgegraben hatte. Unter den weißen Rändern seiner Jeans schauten seine nackten Füße hervor. Bei seinem Anblick flatterten in ihrem Bauch Schmetterlinge auf. Nachdem sie das Frühstückstablett auf dem Fußende des Betts abgestellt hatte, stand sie reglos da, bis er sich umdrehte.
“Du bist auf.” Das Offensichtliche festzustellen schien eine Angewohnheit zu werden. “Ich bringe dir Frühstück.”
Er schaute auf das Tablett, ohne etwas zu erwidern.
“Ich … äh … ich lasse dich allein.”
“Tess!”, rief er ihr nach.
Sie drehte sich mit einem fragenden Blick um.
“Wegen gestern Abend … es war mein Fehler. Ich hätte dich nicht drängen dürfen. Ich war wohl ziemlich daneben.”
Sie schüttelte den Kopf. “Nein, nein, das warst du nicht. Es ist nur …” Sie zögerte. “Ich habe schon so lange nichts mehr gefühlt. Wirklich gefühlt meine ich. Bis … bis ich dich getroffen habe.” Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, hätte sie sie am liebsten wieder zurückgeholt. Sie grub ihre Zähne in die Unterlippe.
Er starrte auf den Boden. “Es hätte nicht passieren dürfen, Tess.”
Sie wusste, dass er den Kuss meinte, aber sie sprach von so viel mehr. “Ja, du hast Recht”, sagte sie eilig. “Völlig Recht. Und es wird auch nicht wieder passieren. Nie mehr. Aber mir ist heute Nacht klargeworden, dass ich Adams Tod benutzt habe, um die Menschen, die mich mögen, auf Armeslänge von mir fernzuhalten. Und dass es Adam nicht verdient hat, dass ich mich so an ihn erinnere.” Sie schaute ihn an. “Du hättest ihn sicher gemocht.”
Jack fragte sich, ob das sein konnte, wo der Mann doch ein Stück von Tess mit ins Grab genommen hatte. Ein Stück ihres Herzens, das er, Jack, erst kennenlernen wollte. Er schüttelte den Gedanken ab. Nein, sie liebte ihren toten Mann noch immer. Das war sonnenklar. Und ebenso sonnenklar war, dass in ihrem Herzen kein Platz für einen Mann ohne Namen und ohne Vergangenheit war. Aber das hielt ihn nicht davon ab, sich zu fragen, was für ein Mensch ihr Mann wohl gewesen sein mochte.
Er setzte sich aufs Bett, hielt sich mit einer Hand die schmerzende Schulter und forderte sie wider besseres Wissen auf: “Erzähl mir von ihm.”
Sie schlang ihre Arme um ihren Oberkörper. “Er war ein guter Mensch. Freundlich. Ehrgeizig. Ein bisschen ungeduldig … wie du.”
Jack wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund musste er lächeln. Jetzt taute sie langsam auf und begann zu erzählen. “Er war ein begeisterter Angler, während ich mich die meiste Zeit wirklich ziemlich dämlich anstellte. Ich schaffte es nie, diesen verdammten Köder richtig auszuwerfen, und meistens standen nur meine Gummistiefel unter Wasser, ohne dass ich auch nur einen einzigen mickrigen Fisch fing.”
Tess lachte bei der Erinnerung. In ihrer Wange zeigte sich wunderbarerweise ein Grübchen. Jack konnte nicht aufhören, sie anzuschauen, wobei er dachte, dass sie das Schönste sei, was er je gesehen hatte.
“Irgendwann vor ein paar Jahren hatte er sich eine neue supertolle Angelrute gekauft und sich in mühevoller Kleinarbeit selbst eine künstliche Fliege gebastelt. Wir fuhren also zum Angeln, und er befestigte sorgfältig meinen Köder am Haken, obwohl er wusste, dass ich sowieso nichts fangen würde, weil ich so gut wie nie etwas fing. Dann watete er mit seiner nagelneuen Angel und seiner Superfliege stolz in den Fluss hinaus.”
Sie schaute Jack aus funkelnden Augen an. “Es dauerte keine zwei Minuten, da ruckte etwas so kräftig an meiner Angel, dass ich um ein Haar ins Wasser gefallen wäre. Ich war so aufgeregt, dass ich um Hilfe schrie, und er kam in seinen Gummistiefeln zu meiner Rettung herbeigewatet. Er hätte es auch noch rechtzeitig geschafft, wenn da nicht im Flussbett dieses tiefe Loch gewesen wäre.”
Tess lachte. “Oh, er war stinksauer … und pudelnass. Seine Superangel mit der Superfliege schwamm flussabwärts und ward nie mehr gesehen, und dieser Fisch an meinem Haken? Geschichte. Er hatte sich mit meinem Köder aus dem Staub gemacht.”
“Nein!”
, sagte Jack, der nur
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