Tiffany Duo Band 0124
schüttelte sie den Kopf, aber sie spürte, dass er eine Erklärung erwartete. Wenn er ging, würde ihr das eine Menge Probleme ersparen. Warum wollte sie es nicht?
Tausend Antworten schossen ihr durch den Kopf, die meisten davon nur angedacht … weil er schön war und sie ihm nah sein wollte. Weil er etwas in ihr berührt hatte, das schon lange tot gewesen war, und er es wieder zum Leben erweckt hatte. Weil …
“Ich würde mir Sorgen machen”, sagte sie schlicht. “Wenn Sie sich noch ein bisschen bei mir erholen, würde ich mir nicht vorstellen müssen, dass Sie irgendwo da draußen in der Kälte sind und Schmerzen haben.”
Der Anflug eines Lächelns spielte um seinen Mund. “So viele Gedanken würden Sie an einen Wanderarbeiter verschwenden. An einen … wie haben Sie gesagt? … Desperado.” So wie er es aussprach, hörte es sich viel gefährlicher an. Sie sah in Gedanken eine Wüste vor sich, durch die ein Mann ritt, während ein leuchtender Vollmond an einem endlosen Himmel stand.
“Auf Sie würde ich noch viel mehr Gedanken verschwenden”, sagte sie.
Die Worte bewirkten eine unterschwellige Veränderung der Atmosphäre. Er bewegte sich nicht, aber plötzlich fühlte sie seine Anwesenheit, spürte die Wärme, die sein Körper abstrahlte — und spürte auch, wie ihr Atem flacher wurde.
Er hob seine rechte Hand und legte den Handrücken leicht an ihre Wange. “Dann bleibe ich.”
6. KAPITEL
Molly erklärte Alejandro die Fernbedienung, wobei sie sich auf eine seltsame Art glücklich fühlte, dann ging sie in die Küche und ließ Spülwasser einlaufen, um das Geschirr vom Abendessen abzuwaschen. Sie war eben dabei, sich die Hände abzutrocknen, als das Telefon klingelte. In der Erwartung, dass es Lynette sei, meldete sie sich munter.
“Oh, gut”, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung. “Sie klingen schon viel besser.”
Es war Cathy, die Oberschwester des kleinen Krankenhauses, in dem Molly arbeitete. Erwischt. “Es geht mir auch besser, danke. Es ist wohl doch nicht so schlimm, wie ich anfangs dachte. Ich wollte nur niemanden anstecken.”
“Gut, wissen Sie was? Ich brauche Sie. Dringend. Außer Ihnen haben sich noch zwei Schwestern krankgemeldet, und jetzt haben wir ein Problem. Zwei werdende Mütter in Wehen, eine Kneipenschlägerei mit Verletzten und zwei neue Fälle von Lungenentzündung von dieser verdammten Grippewelle. Ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar, wenn Sie heute die Spätschicht übernehmen könnten.”
Molly dachte an Alejandro, aber dann wurde ihr klar, dass sie Cathys Bitte unmöglich ablehnen konnte. “Ja, sicher”, sagte sie. “Ich würde dafür nur gern morgen Vormittag freinehmen, um auszuschlafen, aber dann kann ich meine normale Schicht wieder übernehmen.”
“Sie sind ein Schatz. Ich nehme an, nach Mitternacht können Sie wieder gehen.”
“Gut, dann bis später.”
Molly ging ins Wohnzimmer. “Eben hat das Krankenhaus angerufen”, sagte sie. “Ich muss die Spätschicht übernehmen. Glauben Sie, dass Sie allein zurechtkommen?”
“Aber ja.” Er hielt die Fernbedienung hoch. “Fernsehen. Videos.” Er breitete lächelnd die Hände aus. “Eine Couch und Kissen. Was brauche ich noch mehr?”
“Prima. Essen ist auch noch da. Bedienen Sie sich, wenn Sie Hunger haben.” Sie ging zur Tür, dann drehte sie sich noch einmal um. “Und dass Sie mir nicht auf irgendwelche verrückten Ideen kommen. Ich würde mir große Sorgen um Sie machen.”
Er legte sich die Hand aufs Herz. “Ich werde bis zum Morgen bleiben, heilige Molly.”
Im Krankenhaus ging es wirklich drunter und drüber. Molly hetzte bis elf fast nur hin und her, ohne ein einziges Mal stehen zu bleiben. Nachdem endlich der zweite neue Erdenbürger da war, gähnte sie so herzhaft, dass ihr Kiefer knackte, und die Oberschwester schickte sie mit der Aufforderung, einen Kaffee zu trinken, weg. Während sie den Zucker in der dünnen Plörre verrührte, dachte sie an den köstlichen Kaffee, den Alejandro — war das wirklich erst heute Mittag gewesen? — zubereitet hatte, und nahm sich vor, ihn nach dem Rezept zu fragen.
Bevor er wegging. Was er zweifellos tun würde.
Sie setzte sich bei geöffneter Tür in den Aufenthaltsraum und hörte laute Stimmen, als ein Neuzugang in die Notaufnahme gebracht wurde. Mit einem Seufzer schüttete sie ihre noch halb volle Tasse in den Ausguss, fragte sich, ob heute womöglich Vollmond war, und rannte in die Halle, um zu sehen, was los war.
Als sie
Weitere Kostenlose Bücher