Tiffany Duo Band 0124
schaute Rivera an. Der jüngere Detective wich seinem Blick aus und schnipste mit den Fingernägeln.
“Wir würden gern mit ihm reden.”
“Das ist im Augenblick nicht möglich. Er soll gleich operiert werden.”
“Sind Sie seine behandelnde Ärztin?”
“Ich praktiziere nicht mehr, Detective.”
“Oh. Wie kommt’s?”
“Ich glaube nicht, dass das hier eine Rolle spielt.”
Rivera lächelte sie gewinnend an. “Nein, Ma’am, das tut es wirklich nicht.”
Jetzt mischte sich Bruener wieder ein und stellte ihr über Zeitpunkt und Ort des Vorfalls mehrere Fragen. Sie schaute auf ihre Armbanduhr und stellte fest, dass seitdem etwas mehr als eine Stunde vergangen war. Inzwischen war es kurz vor eins. Zum ersten Mal fiel ihr auf, dass sie müde war. Sie sehnte sich danach, die Augen zuzumachen.
“Und er hat nicht gesagt, was mit ihm passiert ist?”
“Ich war mehr daran interessiert, sein Leben zu retten, als ihn zu verhören, Detective.”
“Selbstverständlich.”
Nachdem Bruener ihr noch einige Fragen gestellt hatte, die sie alle nicht beantworten konnte, kam er wieder auf seine Ausgangsfrage zurück. “Sie haben mir immer noch nicht Ihre Adresse und Ihre Telefonnummer gegeben, Ma’am.”
Sie zögerte.
Sagen Sie nichts.
Rivera wandte den Kopf und schaute sie durchdringend an. Brueners Stift schwebte über dem Papier.
“Hören Sie, ich komme morgen vorbei und mache eine vollständige Aussage. Ich bin müde. Ich möchte nach Hause. Santa Monica, sagten Sie?”
Bruener öffnete den Mund, dann schloss er ihn wieder, schließlich zuckte er die Schultern und sagte: “Das ist eine Menge Aufwand für Sie.”
Sie lächelte dünn. “Überhaupt nicht. Sagen wir zehn Uhr, ist Ihnen das recht?”
Er klappte sein Notizbuch mit einem Blick auf Rivera zu. “Zehn ist gut.”
Nachdem sie sich verabschiedet hatte, ging sie am Schwesternzimmer vorbei zu Jacks Zimmer. Ihr Kopf schmerzte. Plötzlich wollte sie diese ganze scheußliche Nacht so schnell wie nur möglich hinter sich lassen, nach Hause gehen und ein heißes Bad nehmen. Sie wollte nicht mehr an Pistolen oder Blut oder Jack denken. Oder das nagende Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte.
Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar, als sie an ihrem Spiegelbild an einer Glastür vorüberkam. Gott, sie sah furchtbar aus. Zehn Uhr morgen würde zu früh sein. Sie hätte ihnen einfach ihre Adresse geben sollen, dann hätte sie das Ganze jetzt schon hinter sich.
Sie verlangsamte ihre Schritte. Warum hatte sie es nicht getan? Tess starrte auf den glänzenden Linoleumboden. Weil sie sich in ihrer Gegenwart unbehaglich gefühlt hatte? Weil ihr die Art, wie Rivera sie angeschaut hatte, nicht gefallen hatte?
“Jemand, der gerade zusammengeschlagen und angeschossen wurde, ist wohl auch kaum in der Stimmung, sich zu unterhalten.”
Brueners Worte hallten in ihrem Kopf wider.
Zusammengeschlagen und angeschossen.
Sie runzelte die Stirn. Merkwürdig. Niemand hatte etwas von “zusammengeschlagen” gesagt. Sie ganz bestimmt nicht. Und gesehen hatten sie Jack noch nicht. Woher also wussten sie es?
Und die Detectives hatten sie gar nicht gefragt, wo genau im Angelo Canyon sie ihn gefunden hatte. Sie war vertraut genug mit den polizeilichen Verfahrensweisen, um zu wissen, dass sie die Stelle mit einem gelben Band absperren würden. Vielleicht würden sie sogar mit ihr hinfahren, um sich die Stelle von ihr zeigen lassen. Aber Bruener und Rivera schienen viel mehr daran interessiert gewesen zu sein, was der Mann zu ihr gesagt hatte. Warum?
Tess, die stehen geblieben war, machte die Augen ganz fest zu und lehnte sich gegen die Wand. Was sie da dachte, war wahrscheinlich lächerlich. Ihr Wissen über polizeiliche Verfahrensweisen stammte aus zweiter Hand. Von Adam, der nur selten mit ihr über seine Arbeit geredet hatte. Aber trotzdem gab es da etwas, das sie misstrauisch machte.
Ach, was, sie litt an Verfolgungswahn. Sah Schatten und bildete sich ein, es seien Ungeheuer. Vielleicht hatte ihnen ja eine der Schwestern von Jacks Verletzungen erzählt. Ganz bestimmt.
Und dennoch blieb da ein nagender Zweifel.
Sie ging auf die Glastüren am Ende des Flurs zu. Sie entdeckte darin das Spiegelbild von Rivera, der die Wartezone verließ und auf die Telefonsäulen neben dem Schwesternzimmer zuging. Er hatte sich nicht nach ihr umgedreht, aber auf dem vor ihm liegenden Flur schaute er sich um.
Tess blieb stehen. Nichts in ihrer Erfahrung drängte sie zu dem, was sie
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