Tiffany Duo Band 0133
direkt auf Tiger zielte.
“Tiger! Hinter Ihnen!”, rief sie ohne zu überlegen.
Sie bekam nicht mit, was als Nächstes geschah, denn aus lauter Panik lief sie wieder los. Sie hörte zwar ein paar Schüsse, sah sich aber nicht um. Kurz durchzuckte sie der Gedanke, dass Tiger vielleicht tot sein mochte. Doch dann rannte sie einfach blindlings weiter. Schließlich kam sie in einer dunklen Gasse zum Stehen. Plötzlich merkte sie, dass sie Tränen in den Augen hatte. Wenn Tiger etwas passiert war, würde sie sich das nie verzeihen. Er war ihretwegen durch die Gassen gelaufen. Um sie zu retten, hatte er sein Leben aufs Spiel gesetzt. Ach, warum musste sie nur immer alles vermasseln?
“Du musst endlich aufhören, dich für Dinge verantwortlich zu fühlen, an denen du keine Schuld trägst”, hatte ihre Tante April immer zu ihr gesagt. Dieser Gedanke tröstete Hope ein wenig. Schließlich durfte sie nicht vergessen, dass Tiger zu den Bösen gehörte. Es war mit Sicherheit nicht ihre Schuld, dass jemand versuchte, ihn umzubringen. Sie brauchte sich deshalb keine Vorwürfe zu machen.
Ich muss wirklich verrückt sein, dachte Hope bei sich. Seufzend sah sie sich um. Wo war sie denn jetzt schon wieder gelandet? Die Gasse sah finster aus, und als sie eine Ratte erblickte, schauderte sie. Zögernd ging sie weiter, und nach ein paar Metern erreichte sie die Hafengegend. Plötzlich besserte sich ihre Stimmung. Sie vernahm das Dröhnen von Schiffsmotoren, und über ihr kreisten ein paar Möwen. Vielleicht hatte ihr Schutzengel ihr ja den richtigen Weg gewiesen.
Jetzt musste sie nur noch die Zollbehörden ausfindig machen und ihnen ihre Situation erklären. Aber welche Richtung sollte sie einschlagen? Unschlüssig sah Hope sich um. Im nächsten Moment standen zwei Männer vor ihr.
Der eine lächelte und legte ihr die Hand auf die Schulter. Der andere betrachtete sie mit eindeutigem Blick. Was beide von ihr wollten, war klar, auch wenn Hope ihre Worte nicht verstehen konnte. Aber sie wusste, dass sie ihr Geld anboten.
Sie schüttelte die Hand des einen Mannes ab, drehte sich auf dem Absatz um und lief davon. Doch zu ihrer Bestürzung musste sie erkennen, dass der Weg sie in eine Sackgasse geführt hatte. Sie saß also in der Falle.
Plötzlich hörte sie, wie die Männer keuchend hinter ihr auftauchten. Gehetzt sah sie sich nach einer Waffe um und fand einen großen Stein, den sie aufhob, um ihn ihren Verfolgern entgegenzuschleudern. Sie traf einen der beiden Männer damit an der Schulter. Er schwankte und wäre fast gestürzt. Aber sein Freund kam mit einem niederträchtigen Grinsen auf sie zu. Plötzlich entdeckte Hope eine zerbrochene Flasche auf dem Boden. Sie bückte sich blitzschnell und wehrte den Angreifer damit ab.
“Bleiben Sie stehen!”, warnte sie ihn. “Und lassen Sie mich endlich in Frieden!” Sie stand mit dem Rücken zur Wand und hielt die Flasche abwehrend in der Hand. Aber der Mann ließ sich nicht aufhalten und kam weiter auf sie zu.
“Komm”, meinte sein Freund, der sich die schmerzende Schulter hielt, auf Spanisch zu ihm. “Lass uns lieber abhauen!”
Der andere schüttelte den Kopf.
“Nein, ich will meinen Spaß haben”, erwiderte er störrisch.
“Ich habe Sie gewarnt”, rief Hope, die zum Äußersten entschlossen war.
Im nächsten Moment erschien ein Mann hinter ihrem Angreifer, und sie schluchzte vor Erleichterung auf.
“Belästigen Sie die Dame etwa?”, fragte Tiger Rafferty drohend.
Der Mann wurde bleich.
“Verschwinden Sie!” Mehr brauchte Tiger nicht zu sagen.
Er trat zur Seite, und der Mann machte sich aus dem Staub. Dann steckte Tiger seine gezückte Pistole wieder ein und wandte sich Hope zu. Sie stand noch immer gegen die Wand gepresst, das Herz klopfte ihr bis zum Halse. Tiger beugte sich zu ihr hinab und sah ihr tief in die Augen. Dann schüttelte er den Kopf und seufzte.
“Hope Harrison”, meinte er mit tiefer Stimme. “Was soll ich nur mit Ihnen machen?”
Vor ihren Augen drehte sich alles. Kraftlos ließ sie die Flasche fallen, die am Boden in tausend Stücke zersprang.
“Was soll ich nur mit Ihnen machen?”, wiederholte Tiger seine Frage und küsste sie.
4. KAPITEL
So sollte man eine Dame eigentlich nicht behandeln, sagte Tiger sich. Aber sie schmeckte gar nicht wie eine Dame – sie schmeckte wie eine richtige Frau. Ihre Lippen hatten sich überraschend bereitwillig geöffnet, und sie erwiderte seinen Kuss mit einer Leidenschaft, die ihn überraschte.
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