Tiffany Duo Band 0142
öffnete er die Augen und wollte fragen, aber seine Stimme klang, als sei seine Zunge am Gaumen festgeklebt. Die Frau berührte sein Gesicht. Ihre Hand war kühl. Sanft. Fühlte sich gut an. Schade, dass ihr Gesicht so komisch war. Es änderte sich ständig. Vier Augen, dann drei, dann wieder vier. Schöne Augen. Blaue – oder waren es grüne?
Er schloss seine Augen. Das Licht war zu grell, zu schmerzhaft.
“Hallo! Nicht wieder einschlafen! Möchten Sie, dass ich jemand benachrichtige? Vielleicht einen Familienangehörigen?”
Familie? Hatte er so etwas überhaupt? Seltsam – er konnte sich nicht erinnern. Wahrscheinlich, weil der Schmerz zu übermächtig war. Es schien viel einfacher, alles andere einfach auszuschalten …
“Na fantastisch.” Serena seufzte, als sie sah, dass der Mann wieder weggedriftet war. Sie hatte jetzt schon eine volle Stunde im Krankenhaus verbracht. Der Fremde hatte zwar ab und zu ein Lebenszeichen von sich gegeben, war aber nie richtig bei Bewusstsein gewesen.
Ihre Besprechung hatte sie natürlich verpasst. Aber sie konnte doch diesen armen Mann nicht einfach hier liegen lassen, solange sich nicht jemand anderes um ihn kümmerte. In der Notaufnahme war unglaublich viel los gewesen – ein Busunfall mit vielen verletzten Kindern. Daher hatte ein Arzt ihren Unbekannten – so nannte sie ihn mittlerweile – nur oberflächlich untersucht und eine Gehirnerschütterung diagnostiziert. Nichts Tragisches also. Er musste warten, bis jemand Zeit hatte, sich um seine Wunden zu kümmern.
Serena war klar, dass sie eigentlich keinerlei Verpflichtung hatte, weiter hierzubleiben. Sie hatte den Unbekannten vor eineinhalb Stunden verletzt in einem Graben gefunden und Hilfe geholt. Vermutlich lag es mal wieder an diesem überentwickelten Verantwortungsgefühl, dass sie nicht fortgehen konnte, selbst jetzt nicht, da er unter ärztlicher Aufsicht war. Typisch für mich, dachte sie.
Immer dieser Pflichtgedanke, anstatt mal das zu machen, was ich eigentlich will
.
Allmählich fing sie an, sich Sorgen zu machen. Wollte der Mann denn nie aufwachen? Er war zwar mittlerweile mit allen möglichen Monitoren verkabelt, aber achtete hier wirklich jemand auf ihn? Im Flur draußen hörte sie, wie ein Vater nach einer Krankenschwester für seine Tochter schrie, während eine andere versuchte, ihn zu beschwichtigen. Die Stimme klingt nach Red Tucker, dachte Serena. Die arme Krankenschwester! In der kleinen Stadt hier wusste jeder, was für ein Temperament Red hatte.
Vielleicht war der Lärm im Gang zu laut gewesen – jedenfalls murmelte der Fremde etwas. Serena drehte sich zu ihm herum und betrachtete sein Gesicht genauer. Trotz der Wunden und Schwellungen konnte sie erkennen, dass er ein markantes Gesicht hatte. Die goldblonden Haare waren sorgfältig geschnitten. Seine Augen, obwohl Serena sie nur flüchtig gesehen hatte, waren blau. Er war schlank und machte einen durchtrainierten Eindruck. Sie schätzte ihn auf Anfang dreißig – nur ein oder zwei Jahre älter als sie. Seine Hände schienen gepflegt. Bürohände, schlussfolgerte Serena.
Er trug keine Uhr und war nur mit Pullover und Jeans bekleidet gewesen – weder Socken noch Schuhe. Seine Taschen waren leer. Offensichtlich war der Mann ausgeraubt worden. Und zwar gründlich. Serena hatte den Fremden noch nie gesehen. Und auch in der Klinik wusste keiner, woher er stammte. In solch einer kleinen Stadt wie Edstown, wo jeder jeden kannte, war das ungewöhnlich. Woher kam der Mann? Und wie war er in diesem Graben gelandet, neben diesem Feldweg kurz vor dieser abgelegenen Stadt in Arkansas?
Die Tür hinter ihr öffnete sich. Serena erwartete einen Arzt oder eine Krankenschwester, aber es war Dan Meadows, der Chief der örtlichen Polizei. “Ich habe mich schon gewundert, dass die Polizei noch nicht aufgetaucht ist”, murmelte sie.
“Guten Abend, Serena”, sagte Dan. Er schien nicht überrascht, sie hier zu sehen. “Ich habe gehört, dass Sie einen Verletzten hinter Ihrem Haus gefunden haben.”
Sie strich eine Strähne ihres kinnlangen braunen Haares hinter ihr Ohr und nickte. “Er lag in einem Graben neben der Bullock Lake Road. Der Hund meiner Schwester ist aus dem Garten ausgerissen. Als ich ihn endlich eingeholt hatte, fand ich den Mann.”
Dan war Mitte dreißig, ein hart aussehender Mann, der sehr langsam sprach. Er trat ans Bett und beäugte den Fremden. “Den habe ich noch nie gesehen.”
“Ich auch nicht. Ich habe das Gefühl, dass er
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