Tiffany Duo Band 0142
aussprach. Und seine Schuldgefühle fraßen ihn fast auf.”
“Und du hattest Angst, dasselbe würde mit Sarah und mir geschehen.”
“Ja, das befürchtete ich.”
“Nur dass Sarah und ich nicht meine Eltern waren. Ich hätte nie ein solches Opfer von ihr verlangt, Baby hin oder her, und sie hätte sich durch mich sowieso nicht von ihren Zielen abbringen lassen.”
“Jetzt weiß ich das”, entgegnete seine Tante. “Aber damals …” Sie seufzte. “Ich wuchs in einer Zeit auf, als Frauen nicht so viele Möglichkeiten hatten wie heute. Und es brach mir das Herz, als ich sah, wie Marion ihre Träume aufgab. Ich wollte einfach nicht, dass ihr den gleichen Fehler wiederholt.”
“Das hätten wir nicht”, erklärte Dean erschöpft, “wenn man uns nur die Chance gegeben hätte, es besser zu machen.”
“Diese Chance habt ihr jetzt. Wir alle haben das Problem verursacht. Jetzt sollten wir es gemeinsam aus der Welt schaffen.”
“Er braucht Zeit”, hatte ihre Mutter gesagt. “Er wird schon zurückkommen, hab einfach Geduld.”
Vivian behauptete dasselbe von Katey, und zwar mehr als einmal im Verlauf der folgenden Woche. Das Kind hatte sich nicht so ohne Weiteres mit dem Gedanken angefreundet, dass Sarah ihre Mutter war und Vivian ihre Großmutter. Sie sprach kaum, aß wenig und verbrachte fast ihre gesamte Zeit bei den Hunden. Ethel schlug sogar vor, dass man einen Kinderpsychologen für sie konsultieren sollte.
Doch Sarah wusste, was dem Kind am meisten zu schaffen machte, und daran konnte auch der weiseste Berater nichts ändern: Kaum hatte Katey ihren echten Vater getroffen, hatte sie ihn auch schon wieder verloren. Der Kummer der Kleinen schmerzte Sarah mehr als ihr eigenes gebrochenes Herz.
Dann, an einem späten Freitagnachmittag, rief Wilma Thomas in der Tierklinik an.
“Hey, Wilma, wie geht es dem Kälbchen?”
“Das Kalb? Oh, prima”, erwiderte die alte Witwe lachend, “aber deshalb rufe ich nicht an. Ich hätte eine Bitte. Könnten Sie Franklin auf dem Nachhauseweg etwas von mir ausrichten? Er ist in dem alten Parrish-Haus, und das Telefon ist noch nicht angeschlossen.”
Sarah war erstaunt. “Was tut er denn dort?”
“Oh, ich dachte, das wüssten Sie! Dean hat ihn angeheuert, bevor er heimfuhr. Zum Renovieren.”
“Oh. Vermutlich will er es verkaufen.”
“Verkaufen? Oh nein. Er will doch wieder dort einziehen, wenn er die Fabrik in Opelika eröffnet. Komisch, ich dachte wirklich Sie wüssten davon. Ehrlich gesagt hatte ich sogar angenommen …”
“Nein, ich wusste es nicht”, erwiderte Sarah. “Aber ich werde Franklin gerne Ihre Nachricht überbringen. Worum geht es denn?”
Den Rest des Nachmittags verbrachte sie grübelnd. Warum kam Dean zurück? Wohl kaum ihretwegen, sonst hätte er sich bei ihr gemeldet. Um Kateys willen freute sie sich über die Neuigkeiten. Was sie selbst betraf, war sie sich nicht so sicher. Es sei denn …
Vergiss es, ermahnte sie sich selbst. Anders als ihre Mutter hatte sie längst aufgehört, an Märchen, Zauber und Happy Ends zu glauben.
Vor sechs Uhr kam sie nicht aus der Praxis, und als sie schließlich das alte Parrish-Haus erreichte, war keine Spur von Franklins Laster zu sehen. Trotzdem betrat sie das unverschlossene Haus.
“Franklin?” Keine Antwort, wie erwartet. Eigentlich hätte sie wieder gehen sollen. Doch einem inneren Impuls folgend, begann sie sich im Haus umzusehen.
Sie war nicht mehr hier gewesen seit jener Nacht, in der Katey gezeugt worden war. Als sie und Dean sich einander hingegeben hatten, unter den Pinienbäumen neben dem Teich. Sie wusste, dass Katey das alte Haus vor geraumer Zeit
entdeckt
hatte und sich besonders gern am Teich aufhielt. Vielleicht, eines Tages, würde sie ihr die Geschichte erzählen. Vielleicht.
Sarah hatte das Haus nie besonders gemocht, weil es ihr alt und traurig schien, besonders in der Zeit, als Deans Mutter krank war. Doch jetzt waren die Wände in einem freundlichen Buttergelb gestrichen; die Böden waren abgeschliffen worden und glänzten.
Sie wandte sich gerade zum Gehen, als sie plötzlich ein Geräusch aus dem oberen Stockwerk hörte. Es klang, als ob jemand eine Leiter über den Boden zog.
“Franklin?”, rief sie und ging langsam die Treppe hinauf. “Bist du da?”
Das Geräusch kam aus einem der Schlafzimmer. Sie ging hinein und blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen. Es war das hübscheste Mädchenzimmer, das sie je gesehen hatte. Die Tapeten hatten ein Muster aus
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