Tiffany Duo Band 0142
hatte seinen Jagdinstinkt geweckt. “Sie haben mir Angst gemacht.”
Er runzelte die Stirn. “Ich sagte gestern doch, dass ich nach Ihnen sehen werde.”
Sie wich vor ihm zurück, doch er folgte ihr. “Ich habe Ihnen nicht gesagt, wo ich arbeite. Wie haben Sie mich gefunden?”
Er sah auf ihr Sweatshirt. “Wenn das so ein großes Geheimnis ist, dann sollten Sie keine Arbeitskleidung tragen.”
Anna kämpfte gegen einen Anflug von Panik. Wenn Blade sie so leicht finden konnte, dann könnte das auch der Mann, der ihr gestern im Ambrose Park aufgelauert hatte. Hatte er ihr Sweatshirt gesehen? Die meiste Zeit hatte sie ihren Regenmantel getragen, aber wenn er ihr schon länger gefolgt war …
“Sie erinnern mich an jemanden”, sagte Blade und legte den Kopf schief.
Anna sah ihn an. Ihr Herz schlug viel zu schnell. “Nein.”
“Ruhig”, sagte er leise und viel zu vertraulich.
“Hören Sie, ich bin doch kein wild gewordenes Pferd.” Sie sah ihn an, empört über seinen Versuch, sie zu beruhigen. Und auf einmal hatte sie auch diese Angst satt, die sie seit vierundzwanzig Stunden nicht losgelassen hatte.
Die Wut fühlte sich gut an. Kämpfen entsprach eher Annas Naturell als die Flucht. Am liebsten hätte sie Blade ihre ganze Verzweiflung ins Gesicht geschrien. “Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden”, sagte sie stattdessen kühl und trat zur Seite. “Ich muss wieder an die Arbeit gehen.”
“Verdammt!”, brüllte er. “Sie rennen mir ja schon wieder davon.” Er stemmte den Arm an die Mauer und versperrte ihr den Weg. Und ruhiger sagte er: “Es tut mir leid, wenn ich Sie vorhin ein wenig zu grob angepackt habe, aber Sie hätten nicht weglaufen sollen. Ich wollte Ihnen nichts Böses. Nur nach Ihnen sehen, das ist alles.”
Anna hob den Kopf, als er sich über sie beugte, so dunkel und unheilverkündend wie die Regenwolken. Sie selbst war nahe daran, die Fassung zu verlieren. Gott, was war nur los mit ihr? Normalerweise behielt sie doch in jeder Situation die Kontrolle, angefangen von Prügeleien in der Bar bis hin zu aufdringlichen Restaurantbesitzern.
“Okay, wenn Sie wissen wollen, wie es mir geht – mir tut der Kopf weh”, gab sie zurück, “aber ansonsten ist alles in Ordnung.”
Zu ihrer Erleichterung nahm er seine Hand weg und trat zurück. Er ließ den Blick auf ihrer Stirn ruhen. Die Schwellung war zurückgegangen, und der Bluterguss war hinter einer Schicht Make-up versteckt.
“Sie sollten nicht arbeiten.”
“Vermutlich nicht, aber ich brauche das Geld, und Arbeit ist nun mal immer noch die einzige Möglichkeit, es zu bekommen.”
Automatisch überprüfte sie, ob der Knoten in ihrem Haar noch richtig saß. Einzelne Haarsträhnen hatten sich herausgelöst, aber das konnte sie erst wieder richten, wenn sie einen Spiegel bekam. Nicht, dass es wichtig wäre. Die meisten von Joes Kunden interessierten sich nur für Bier und Essen.
“Ich muss dringend mit Ihnen reden. Machen Sie Pause.” Er sprach leise, aber bestimmend.
Anna sah ihn ungläubig an. Erwartete dieser Mann tatsächlich, dass sie seine Befehle befolgte? “So leid es mir tut, aber meine Mittagspause ist bereits vorbei.”
Irgendwie wirkte Blade jetzt richtig verzweifelt. Anna sah ihn sich an. Was hatte er eben damit gemeint, dass sie ihn an jemand erinnere? Hatte er sie deshalb gesucht? Wenn er sie in Henrys Auftrag jagte, dann würde er doch wissen, wer sie war. Doch er schien aufrichtig verwundert, dass sie ihn an jemanden erinnerte …
Und da war sich Anna plötzlich sicher, dass Blade tatsächlich nicht wusste, wer sie war. Dass er keine Gefahr darstellte. Sein Auftauchen gestern Nacht im Ambrose Park war wahrscheinlich reiner Zufall gewesen. Sie fühlte sich erleichtert. Die ganze Zeit schon hatte sie ihm vertrauen wollen, und jetzt wusste sie, dass sie das konnte. Ihr Instinkt hatte sie nicht getrogen.
Er hatte sie wahrscheinlich nur gesucht, weil er sich von ihr angezogen fühlte.
So wie sie auch. Und das war noch zu schwach ausgedrückt. Sie hatte sich noch nie so zu einem Mann hingezogen gefühlt, noch nie jemanden so begehrt. Und genau das durfte sie nicht zulassen. Sie musste gehen. Sofort.
“Was ist?”, fragte er und kam näher.
Es donnerte. Schwere Tropfen fielen auf den Asphalt, und ein kalter Windstoß schlug ihnen den Regen ins Gesicht.
Automatisch versuchte Blade, sie vor dem Schlimmsten zu schützen, und schob sie in Richtung Tür. Benommen fühlte Anna seine warme Hand an ihrem
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