Tiffany Duo Band 0142
systematischer Rücksichtslosigkeit durchwühlt.
Er bückte sich und hob einen Kalender auf. Blumen waren darauf abgebildet. Er durchblätterte ihn, suchte Eintragungen und fand keine. Seine Stimmung wurde noch schlechter. Anna mochte Blumen.
Blade suchte weiter, nach irgendwelchen Spuren, vielleicht Papierschnipseln, aber abgesehen von dem Durcheinander, das der Eindringling angerichtet hatte, war Anna akribisch ordentlich gewesen. Offensichtlich hatte sie den Müll weggebracht, oder jemand anders hatte das für sie erledigt. Vielleicht der Nachbar?
Er klopfte an der Tür zu dem Apartment darüber. Niemand antwortete.
Der Spielsalon in der Straße weiter unten hatte noch geöffnet. Blade sah gedankenvoll dorthin und ging wieder aus Annas Haus zurück zu seinem Auto. Dort verstaute er seine Waffe und das Nachtsichtgerät in einer Art Geheimfach und ging dann in den Spielsalon.
Gamezone.
Der Salon war riesig und selbst um diese nachtschlafende Zeit noch gut besucht. Ein großer Mann mit den gleichmäßigen dunklen Zügen eines Südseeinsulaners kam ihm entgegen.
“Suchen Sie jemanden?”, fragte er und sah Blade wachsam an.
Blade betrachtete ihn neugierig. Der Mann war vollkommen glatt rasiert, sein Blick war direkt und intelligent, mit einem kühlen Selbstvertrauen, das Blade sofort auffiel. Er hatte diesen Blick schon bei Polizisten gesehen, aber er wäre jede Wette eingegangen, dass dieser Kerl bis vor Kurzem noch Soldat gewesen war. “Ich suche Tony.”
“Sind Sie von der Polizei?” Der Mann musterte Blade, registrierte das lange Haar, die Lederjacke, den Ohrring. “Sie sehen nicht so aus.”
“Ich bin ein Freund von Anna.”
Der Mann beobachtete ihn weiterhin, ohne auf seine Worte einzugehen. Er drehte den Kopf ein wenig, ohne Blade aus den Augen zu lassen, und rief: “Dad! Jemand will dich sprechen.”
Aus einem Hinterzimmer erschien Tony, mit einem Werkzeug in der Hand.
Noch immer wandte der Mann den Blick nicht von Blade, als er mit seinem Vater sprach. “Kennst du den Kerl?”
“Ich habe ihn schon einmal gesehen.”
“Er sagt, er sei ein Freund von Anna.”
Tony reichte das Werkzeug seinem Sohn und wandte sich an Blade. “Er wollte sie heute Nachmittag besuchen, aber sie war schon fort.”
“Bist du ihr Freund?”, fragte der Sohn leise.
Blade erwiderte seinen Blick. “Ja”, sagte er mit rauer Stimme. “Das bin ich.”
“Warum ist sie dir dann davongelaufen?”
Blade lächelte finster. “Sie weiß es noch nicht.”
Das Schweigen, das dieser Erklärung folgte, dauerte lange. Plötzlich lachte Tony. “Es scheint, als hätte Anna endlich jemanden gefunden, ob sie will oder nicht. Es ist gut, Mike, ich mach das schon.”
Mike nickte, betrachtete Blade weiterhin reserviert, als hätte er ihm gern noch weitere Fragen gestellt. Blade ließ ihn gewähren. Er verstand, dass Mike sich selbst ein Bild machen wollte. Er hätte dasselbe getan. Schließlich nickte Mike und ging zurück zu der Maschine, an der er etwas repariert hatte.
Blade drehte sich um zu Tony. “Wo ist sie?”
“Wie ich schon sagte, sie hat es mir nicht erzählt.”
“Vorhin ist jemand in ihr Apartment eingebrochen. Es ist vollkommen verwüstet.”
Blade sah, wie betroffen Tony wirkte, und nutzte seinen Vorteil. “Hören Sie, ich muss Anna unbedingt finden. Ich habe gesehen, wie der Kerl das Apartment verließ. Er ist ein professioneller Killer. Ich muss sie finden, bevor er es tut.”
Tony fluchte leise. “Ich weiß nicht, wohin sie gegangen ist”, sagte er. “Aber ich kann Ihnen sagen, wo wir mit der Suche beginnen können. Anna verbringt viel Zeit in Bibliotheken. Sie schreibt ein Buch. Wenn wir in den Bibliotheken suchen, werden wir sie finden.”
7. KAPITEL
Es war still in der Bibliothek, nur das leise Rascheln von umgeblätterten Seiten war zu hören, das Flüstern an der Theke, als die abendlichen Besucher sich ihren Lesestoff holten, und das Scharren der Stühle, wenn die Leser kamen und gingen.
Anna nahm ein weiteres Buch von dem Stapel mit Gesetzesbüchern und begann, im Inhaltsverzeichnis nach Beiträgen zu suchen, die damit zu tun hatten, dass eine vermisste Person für tot erklärt wurde.
Offensichtlich hatte ein Gericht Henry geraten, seine Absicht, Anna für tot erklären zu lassen, in der Zeitung zu veröffentlichen. Ohne eine Leiche – und mit unbewiesenen Aussagen zweifelhafter Augenzeugen – gab es keinen sicheren Beweis für ihren Tod, sondern nur für ihr Verschwinden.
Wegen
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