Tiffany Duo Band 0147 (German Edition)
Sturmschritt den Hügel hinauf.
Was hinter der Anhöhe passierte, entzog sich ihren Blicken. Am liebsten wäre sie selbst ausgestiegen und hinaufgerannt, um zu sehen, was dort los war. Aber sie verbot es sich. Sie musste bleiben, wo sie war, und die Polizei ihre Arbeit machen lassen. Es half niemandem, wenn sie den Leuten vor den Füßen herumlief. Jordan blieb mit klopfendem Herzen eine Ewigkeit, wie ihr erschien, im Auto sitzen und betete, dass dem Kind nichts zugestoßen war.
Nach einer Weile ertönte eine Lautsprecherdurchsage, die Jordan nicht verstand und der Stille folgte – bis auf das Dröhnen der Hubschrauber, natürlich. Um alles mitzubekommen, öffnete Jordan ihr Fenster einen Spalt, aber sie blieb immer noch im Auto sitzen.
Als sie eine männliche Stimme brüllen hörte: “Steigen Sie mit erhobenen Händen aus!”, spannte Jordan sich in der Erwartung an, gleich Schüsse zu hören. Doch nachdem einige Sekunden verstrichen waren, begann sie zu hoffen.
Dann vernahm sie das verzweifelte Weinen eines Kindes.
Jordans Hände umklammerten das Lenkrad fester. Himmel, war mit dem Kind alles in Ordnung? Oder hatte der Mann ihm etwas angetan? Jetzt hielt es sie keine Sekunde länger mehr in ihrem Wagen.
Sie ließ den Sicherheitsgurt aufschnappen und wollte gerade aussteigen, als es laut an ihre Windschutzscheibe klopfte. Als sie den Kopf hob, fiel ihr Blick auf einen Mann, der sie mit finsterem Gesicht musterte. Er hatte eine Panoramasonnenbrille auf und trug über einem weißen Hemd, an dem eine gelockerte Krawatte baumelte, ein zerknittertes Tweedsakko. Seine Handbewegung sollte wohl bedeuten, dass sie ihr Fenster herunterlassen sollte.
Wer ist das? dachte sie erschrocken, wo ist er so plötzlich hergekommen?
Da sie es nicht wusste, ging sie kein Risiko ein. Sie drückte die Türverriegelung nach unten und schüttelte den Kopf. Sie sah, wie er die Lippen zusammenpresste, dann zog er aus der Jackentasche seine Polizeimarke heraus und forderte sie erneut auf, ihr Fenster herunterzulassen.
Jetzt kam sie seiner Aufforderung nach und öffnete das Fenster einen Spalt. Der Mann kam zur ihr auf die Fahrerseite und sagte schroff: “Entschuldigen Sie, Ma’am …”
“Wie geht es ihm?”, fiel Jordan ihm ins Wort.
Der Polizist wirkte verdutzt. “Wem?”
“Dem kleinen Jungen. Ist alles in Ordnung mit ihm?”
Der Mann starrte sie einen Moment lang an – zumindest erschien es ihr so, aber es war schwer zu erraten, was hinter diesen dunklen Gläsern vorging. Dann sagte er kurz angebunden: “Es geht ihr gut.”
“Ihr?”, wiederholte Jordan. Wie seltsam, sie war sich so sicher gewesen, dass es sich bei dem Kind um einen kleinen Jungen handelte. Kein Wunder, dachte sie traurig. Natürlich war es kein Wunder.
“Haben Sie die Sirenen nicht gehört?”
Jordan schaute überrascht auf. Einen Moment lang hatte sie den Polizisten ganz vergessen gehabt. “Es tut mir leid”, sagte sie. “Ja, natürlich habe ich sie gehört.”
“Und warum machen Sie dann den Weg nicht frei? Sie behindern die Polizei.” Sie hörte aus seiner Sprechweise einen Anflug von New Yorker Akzent heraus.
“Ja, ich weiß, aber ich bin diejenige, die die Poli…”
“Sie haben durch Ihr Herumstehen hier sich selbst und das Kind in Gefahr gebracht”, unterbrach er sie ungnädig. “Es hätte einen Schusswechsel geben können.” Sein Ton blieb neutral, fast unpersönlich, aber sie hörte die kalte Wut, die darin mitschwang.
Sie wurde angegriffen, aber sie machte sich nicht das Mindeste daraus. “Hat es aber nicht, oder? Davon abgesehen konnte ich nichts anderes machen. Ich meine, es ging alles viel zu schnell, ich war …”
Er schnitt ihr mit einer ungeduldigen Handbewegung das Wort ab. “Was auch immer. Ich könnte Sie deshalb vorladen lassen, wissen Sie das?” Auch wenn Jordan nicht hinter seine Panoramasonnenbrille schauen konnte, merkte sie doch, wie wütend er war. “Dann schaffen Sie wenigstens jetzt diesen Panzer hier aus dem Weg, okay?”
Panzer? Ihr spitzenmäßiger Landrover? Panzer? Das war doch wirklich die Höhe!
Sie riss ihre Tür auf, wodurch der Polizist gezwungen war, eilig einen Schritt zurückzutreten. Sie sprang aus dem Auto, knallte die Tür zu und musterte ihn empört. Er war drei bis vier Zoll größer als sie, aber sie blickte ihm direkt in die Augen. “Hören Sie, ich weiß nicht, wie Sie heißen und was für einen Dienstrang Sie haben, aber an Ihren Umgangsformen sollten Sie noch ein bisschen
Weitere Kostenlose Bücher