Tiffany Duo Band 0147 (German Edition)
Gegenwart von so viel Schmerz zubrachte, umso besser. Für ihn jedenfalls.
Ein Teil von ihm wollte jedoch Mrs Carlisle nicht verlassen. Er kannte noch nicht mal ihren Vornamen, und doch verabschiedete er sich nur widerwillig. Blöde Idee, dachte er, aber das hinderte ihn nicht daran, aus seiner Brieftasche seine Visitenkarte herauszufischen.
“Hier”, sagte er und hielt sie ihr hin. “Nur für den Fall, dass Sie sich über mich beschweren möchten.”
Seine Bemerkung schien sie aus ihren Gedanken zu reißen. “Ich glaube nicht …”
Er grinste schief. “Na ja, war nicht ganz ernst gemeint. Aber nehmen Sie die Karte trotzdem”, fuhr er fort. Er war über seine Hartnäckigkeit verwundert. “Falls Sie irgendwann mal etwas brauchen …”
Dominic beendete den Satz nicht, aber er schaute sie unverwandt an. Warum sagte er das? Himmel, sie war schließlich verheiratet, oder nicht? Und hatte offensichtlich genug Geld, um die Kerben, die das Leben schlug, zu glätten. Warum sollte sie je irgendetwas von ihm brauchen?
Schließlich nickte sie und steckte die Karte ein. “Danke. Das bedeutet mir viel”, sagte sie mit dieser heiseren Stimme. Eine Schlafzimmerstimme, dachte er, dann verwarf er den Gedanken sofort wieder, weil er völlig unangebracht war.
“Gerne.” Er stieg aus, winkte dem Streifenwagen und wandte sich wieder an Mrs Carlisle. “Na dann, viel Glück”, sagte er.
Jetzt verzog sich ihr Mund zum ersten Mal zu der Andeutung eines Lächelns. “Nicht gerade meine Stärke”, gab sie zurück, dann atmete sie tief durch und stieg aus. Sie ging um den Wagen herum auf die Fahrerseite und glitt, ohne ihn noch ein weiteres Mal anzuschauen, hinters Steuer. Als sie auf einen Knopf am Armaturenbrett drückte, schwang das schmiedeeiserne Tor auf. Er schaute dem Rover nach, bis sich das Tor langsam und geräuschlos schloss. Mrs Carlisle hatte sich nicht mehr umgedreht und auch nicht gewinkt.
Als Dominic den Arm wieder herunternahm, wurde ihm klar, dass er sie nie wiedersehen würde. Er runzelte die Stirn. Dieser Gedanke löste eine merkwürdige Leere in ihm aus.
2. KAPITEL
Eine Woche verstrich. Jordan war fast wieder zu ihrem normalen Leben zurückgekehrt. So normal wie es möglich ist, dachte sie, während sie die Haustür hinter sich schloss. In der zurückliegenden Woche – seit der Rettung des Kindes und der Entdeckung der Presse, dass sie es gewesen war, die die Polizei verständigt hatte – war der Medienrummel unerträglich gewesen. Jordan war müde. Aber heute war sie zur Abwechslung angenehm müde. Sie war den ganzen Tag über im Laden gewesen – “Riches and Rags”, einem vornehmen Secondhandladen, in dem sie seit einiger Zeit arbeitete – und freute sich jetzt auf ein entspannendes Bad und vielleicht sogar auf ein paar Stunden ruhigen, tiefen Schlaf.
Während sie die Post von dem antiken Tischchen in der Halle nahm, kam Cynthia, wie üblich in einem teuren Seidenkleid, hochhackigen Schuhen und makellos frisiertem weißen Haar, um eine Ecke.
“Ach, da bist du ja”, sagte ihre Schwiegermutter.
Jordan lächelte. “Hattest du einen schönen Tag?”
“Ich hatte einen Arzttermin, wie du weißt.”
“Und ist alles in Ordnung?”
Cynthia überhörte die Frage, weil sie immer noch mit ihren eigenen Problemen beschäftigt war. “Ich musste Connie Lehman bitten, mich zu fahren”, erklärte sie anklagend.
“Warum hast du dich nicht von Sofia fahren lassen?” Jordan gab sich Mühe, ihre Freundlichkeit beizubehalten. Sofia war die Haushälterin, die in der Villa wohnte.
Cynthia machte eine abwehrende Handbewegung. “Sie hat genug im Haus zu tun.”
Was ihre Schwiegermutter nicht laut sagte, war: ‘Du hättest hier sein sollen statt in diesem schrecklichen Laden. Als pflichtbewusste Schwiegertochter solltest du eigentlich immer um mich herum sein, vor allem, weil ich dich finanziell unterstütze und dir einen Platz zum Wohnen gebe.’
Jordan ignorierte den vertrauten Stich von Schuldbewusstsein, den Cynthia stets in ihr hervorrufen konnte, und blätterte flüchtig den Stapel Post durch. “Tut mir leid, Cynthia”, erwiderte sie ruhig. “Vielleicht können wir den nächsten Termin auf meinen freien Tag legen.”
“Ich verstehe sowieso nicht, warum du überhaupt arbeitest.”
“Ja, ich weiß, dass du das nicht verstehst.”
Cynthia würde es nie verstehen. Aber Jordan war vor drei Monaten klar geworden, dass sie in dem schwarzen Loch versinken würde, das sich mit Michaels Tod
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