Tiffany Duo Band 0149 (German Edition)
es keinen Sinn hatte, mit Taggert zu reden. Mit zitternden Fingern zog sie die Autoschlüssel aus ihrer Tasche und drückte sie ihm in die Hand.
“Wenn uns jemand folgt, erschieße ich die Frau”, rief Taggert in Richtung der Polizisten. “Gebt mir zwei Stunden, um zu verschwinden. Ich verspreche, dass ich sie dann wieder freilasse.”
Während Taggert seine Geisel wie einen Schutzschild vor sich hielt, öffnete er mit einer Hand die Beifahrertür des unverschlossenen Wagens und ließ sich dann in den Sitz fallen. Dabei zog er Shea mit sich, sodass sie förmlich auf seinem Schoß landete. Sie konnte das warme Blut spüren, dass aus seiner Wunde lief.
Mit einem Krachen fiel die Wagentür zu, und Shea begriff plötzlich, dass sie mitten in einer Entführung gelandet war. Sie musste zumindest versuchen, sich zu wehren! Sie stieß ihre Ellbogen in Taggerts Rippen, doch das schien ihn wenig zu beeindrucken. Dann begann sie zu treten, und als ihr Absatz mit voller Wucht gegen Taggerts verletztes Bein traf, schrie er auf. Shea nutzte die Situation, um ihm einen Schlag auf die Nase zu verpassen. Er gab einen weiteren schmerzverzerrten Laut von sich. Doch dann packte er sie an den Haaren, zerrte ihren Kopf herum und sah ihr drohend ins Gesicht. Dabei hielt er die Pistole an ihre Schläfe, sodass es die Polizisten, die sich langsam dem Wagen genähert hatten, sehen konnten.
Taggerts Gesicht war Shea ganz nahe. So nah, dass sie die kleinen Schweißtropfen auf seiner Stirn sehen konnte. Er fixierte sie mit seinen eisblauen Augen. “Ich will Ihnen nichts tun.”
“Dann lassen Sie mich gehen.” Vergeblich versuchte sie, sich aus seinem Griff zu lösen, während er sich in den Fahrersitz herüberschob. Als Taggert den Zündschlüssel ins Schloss steckte, griff Shea nach der Waffe. Doch er bemerkte ihr Vorhaben und richtete die Pistole blitzschnell auf ihren Körper.
“Zwingen Sie mich nicht, Ihnen wehzutun.” Dann setzte er den Wagen in Bewegung und raste mit ihr davon.
Nach einer kurzen Weile sah Taggert zu ihr hinüber. Noch immer hielt er die Pistole in der Hand. “Es wird Ihnen nichts passieren. In zwei Stunden lasse ich Sie frei, wie ich es versprochen habe.”
Shea sah ihn misstrauisch an. Sie war verängstigt und wütend. Aber aus irgendeinem Grund glaubte sie ihm.
Viel Zeit hatte er nicht. Nick wusste, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis die Hubschrauber der Polizei versuchen würden, ihn aufzuspüren. Er musste so schnell wie möglich verschwinden.
Er sah in den Rückspiegel. Ein Wagen folgte ihm mit einigem Abstand. Nick gab Gas und bog in eine Seitenstraße. Noch bevor der andere Wagen wieder hinter ihm auftauchte, fuhr er in einen Hinterhof, der zu einer anderen schmalen Straße führte. So gelang es ihm, seinen Verfolger abzuschütteln. Nick kannte die Gegend, in der er sich nun befand, sehr gut. Einige der Häuser, die hier standen, hatte er selbst renoviert. Aber es schien ihm, als sei all das eine Ewigkeit her.
Er warf einen Blick auf die junge Frau neben sich und hoffte, dass sie nicht versuchen würde, aus dem fahrenden Auto zu springen. Sein Bein blutete heftig, und er hatte das Gefühl, seine ohnehin schlechte Situation nur schlimmer gemacht zu haben. Noch immer hallte der Urteilsspruch in seinen Ohren.
Schuldig.
Er war so sicher gewesen, dass man ihn freisprechen würde. Er war unschuldig …
Nick versuchte sich zusammenzureißen. Er lenkte den Wagen durch mehrere kleine Alleen in eine entlegene Gegend, in der zwischen riesigen Bäumen nur noch wenige Häuser standen. Schließlich gelangte er auf die schmale Straße, die in das einsame Gelände des Monte Sano Mountain führte.
“Wie sind Sie entkommen?”, fragte Shea mit ruhiger Stimme.
Nick sah zu ihr hinüber. Sie wirkte relativ gelassen. In ihren braun-grünen Augen waren keine Tränen, keine Spur von Angst zu erkennen. Für einen Moment kam sie ihm irgendwie bekannt vor. Er wusste zwar, dass sie eine Reporterin war – schließlich hatte er ihr eben erst das Mikrofon aus der Hand gerissen –, aber er hatte das unbestimmte Gefühl, sie vorher schon einmal gesehen zu haben. Er wusste nur nicht mehr, wo …
“Ich habe mir die Waffe eines Polizisten geschnappt, bevor er mir Handschellen anlegen konnte. Dann habe ich mir den Weg freigekämpft”, erklärte er knapp.
“Klingt als wäre es ganz einfach gewesen.”
“Es ist einfach, wenn Sie schnell genug sind.”
Und verzweifelt genug.
Die Straßen wurden nun immer enger.
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