Tiffany Duo Band 0149 (German Edition)
Wetterfrosch”, sagte Shea knapp.
Im fahlen Licht der untergehenden Sonne konnte er sehen, dass es ihr nicht gefiel, erkannt zu werden. “Natürlich sind Sie das”, beharrte er. “Sie haben eine ganze Menge Fans im Gefängnis von Madison County. Beinah so viele wie diese Blondine.”
“Astrid.”
“Ja, genau.”
“Astrid sollte jetzt auch an meiner Stelle sein.” Sheas Stimme klang verärgert. “Nicholas Taggert ist Astrids Story. Ich bin heute nur für sie eingesprungen, weil sie krank geworden ist. Sonst würde sie jetzt neben Ihnen sitzen.”
“Nein, das würde sie sicher nicht.”
“Und warum nicht?”
Nick lehnte sich ein wenig zu Shea hinüber. “Sie macht mir Angst.”
“Astrid macht Ihnen
Angst
?” Ihre Augen weiteten sich ungläubig.
“Ja, etwas. Sie sieht aus wie eine Amazone mit künstlichem Dauerlächeln. Sie wirkt nicht echt.” Während Nick sprach, spürte er, dass ihm schwindelig wurde. “Sie dagegen haben ein freundliches, natürliches Lächeln. ‘Hier ist Shea Sinclair mit dem Wetter für das Wochenende.’” Ein leichtes Schmunzeln umspielte Nicks Mund. “Shea Sinclair”, wiederholte er. “Der Wetterfrosch.”
“Ich bin
nicht
der Wetterfrosch”, rief sie beleidigt. “Ich mache die Wettervorhersage nur am Wochenende. Ansonsten bin ich Reporterin, Mr Taggert.”
“Ich glaube, Sie haben sogar gelächelt, als ich aus dem Gerichtsgebäude gestürmt bin.”
Shea sah auf einmal nicht mehr verärgert, sondern etwas beschämt aus. “Das war wohl nur, weil ich so aufgeregt war. Immerhin war ich als Einzige ganz nah an Ihnen dran. Ich hatte die Chance, ein paar Worte von Ihnen einzufangen, oder zumindest Bilder zu liefern, die andere nicht hatten.”
Nick sah angewidert aus. Shea Sinclair war eine von diesen Reportern, die ihn in den vergangenen Monaten wie ein Rudel Wölfe verfolgt hatten. Nein, dachte er, Reporter sind schlimmer als Wölfe. Sie waren wie räudige Hunde, die sich um ein gefundenes Fressen streiten. Die Vorstellung, dass diese Frau in seiner verzweifelten Situation an nichts anderes gedacht hatte, als an eine Sensationsstory, machte ihn wütend. Ein zynisches Lächeln erschien auf seinem Gesicht. “Dann werden Sie morgen ja eine richtige Exklusivstory haben, nicht wahr, Wetterfrosch?”
Shea antwortete nicht. Beleidigt presste sie ihre Lippen aufeinander und wandte sich ab, um aus dem Fenster in die Dämmerung zu starren.
Als es dunkel war, ließ Nick den Motor des Wagens an. Er fuhr den schmalen holprigen Pfad entlang, bis er wieder auf der wenig befahrenen kleinen Straße ankam, die zur anderen Seite des Berges führte. Es hatte angefangen zu regnen. Der Wetterfrosch hatte recht behalten.
Nick rechnete nicht damit, dass die Polizei in dieser verlassenen Gegend Straßensperren errichtet hatte, aber jedes Mal bevor er um eine Kurve bog, schlug sein Herz ein wenig schneller. Nach einer Weile verlangsamte er das Tempo, bog wieder auf einen unebenen Pfad ein und brachte das Auto hinter einer Biegung zum Stehen. Shea drehte sich zu ihm und sah ihn an. Im schwachen Licht der reflektierenden Scheinwerfer wirkte ihr Gesicht wie aus Elfenbein. Nick fühlte sich schwächer als je zuvor, und er wartete darauf, dass die junge Frau aus dem Wagen sprang und davonlief.
Doch sie saß nur da und starrte ihn an.
“Sie sind wirklich unschuldig, nicht wahr?”, flüsterte sie.
Nick senkte den Kopf. “Ja.”
“Wer hat es dann getan?”
“Das weiß ich nicht. Aber ich werde es herausfinden.”
Shea saß weiter unbeweglich da.
Schließlich lehnte Nick sich herüber und löste ihren Gurt. “Gehen Sie.”
Ihre Augen weiteten sich, als sie hinaussah und nichts außer Feldern, Sträuchern und Bäumen erkennen konnte. “Hier?”, fragte sie ungläubig. “Sie wollen mich in dieser gottverlassenen Gegend rausschmeißen? Es ist dunkel! Es regnet!” Sie ließ sich zurück in den Sitz fallen. “Nein.”
Nick glaubte, er hätte sich verhört. Schließlich war er ohnehin kurz davor, ohnmächtig zu werden. “Was haben Sie gesagt?”
“Ich sagte nein.”
Nick stieß einen leisen Fluch aus und öffnete die Fahrertür. Dann packte er Shea beim Handgelenk und zerrte sie zu sich herüber. Doch er musste sich schnell eingestehen, dass er nicht mehr die Kraft hatte, sie gewaltsam aus dem Wagen zu entfernen.
“Sind Sie völlig verrückt geworden? Ich will Sie laufen lassen.” Selbst das Brüllen schien ihn zu viel Kraft zu kosten. Er fühlte, wie ihm schwindelig wurde
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