Tiffany Duo Band 0149 (German Edition)
schlummerte auch in ihr. Sie konnte nicht tatenlos mit ansehen, wie ein unschuldiger Mann ins Gefängnis wanderte, vielleicht sogar auf dem elektrischen Stuhl landete. Das hätte allem widersprochen, was ihre Eltern ihr je beigebracht hatten. Gerechtigkeit, Ehre, moralische Integrität: Das waren die Werte, an die Shea Sinclair glaubte.
Sie sank tiefer in die Matratze und spürte Taggerts schweren muskulösen Körper auf sich. Sein Atem streifte ihren Nacken. Sie musste zugeben, dass es sich gut anfühlte, nach diesem langen, verrückten Tag so mit einem Mann einzuschlafen. Es war ein Gefühl, das sie noch nie zuvor erlebt hatte, und sie war überrascht, wie gut es ihr gefiel.
5. KAPITEL
Shea erinnerte sich genau an diese alte Küche. Die Sommer, die sie in diesem Haus verbracht hatte, waren wundervoll gewesen. Für einige Wochen im Jahr hatte sie hier immer so etwas wie Schwestern gehabt, eine Mutter, die in der Küche getanzt hatte, und einen Vater, der die Mädchen mit seinen frechen Witzen zum Lachen gebracht hatte.
Es war nicht so, als würde Shea ihre eigene Familie nicht lieben. Im Gegenteil, ihre Brüder waren großartig, und sie verehrte ihre Eltern. Aber so etwas wie Spaß kannte Shea von zu Hause nicht. Ihr Vater war ein ernster Mensch und ihre Mutter sehr zurückhaltend.
Als Shea an diesem Morgen aufgewacht war, hatte sie noch immer in Taggerts Armen gelegen. Aber es war nicht schwer gewesen, sich aus seiner Umklammerung zu lösen. Er hatte geschlafen wie ein Toter.
Sie wendete die knusprigen Speckscheiben, die in der Pfanne brutzelten, und sang dabei zu der Musik, die aus dem Radio kam. Shea erinnerte sich, wie sie und ihre beiden Cousinen immer so getan hatten, als wären sie eine berühmte Popgruppe – das hatte sie sich immer gewünscht: eine tolle Sängerin zu sein. Mit einem glitzernden Kleid und einer umwerfenden Stimme. Leider konnte Shea nicht singen.
Doch die Musik inspirierte sie. Mit dem Pfannenwender in der Hand tanzte sie vor dem Herd auf und ab; ein Schritt nach rechts, ein Hüftschwung nach links und dann eine halbe Drehung, sodass … sie direkt vor Taggert zum Stehen kam.
“Guten Morgen. Ich habe gebratenen Speck gerochen.” Er verkniff sich jeden weiteren Kommentar, doch das Grinsen in seinem Gesicht sprach Bände.
Shea versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. “Ich habe Speck und Eier im Kühlschrank gefunden.” Sie betrachtete Taggert einen Moment lang. Sein Hemd war verknittert und seine dunklen Haare zerzaust, doch er sah noch immer unverschämt gut aus. “Was tun Sie eigentlich hier? Sie sollten im Bett bleiben und sich noch etwas ausruhen. Das Frühstück hätte ich Ihnen schon gebracht.”
Er ignorierte ihre Worte, und seine Gesichtszüge wurden wieder ernst. “Wo ist die Pistole?”
“In meinem Wagen. Zusammen mit ihrem Anzug.”
“Etwa bei Lenny?” Seine Augen blitzten.
“Bei Lenny”, bestätigte Shea. Sie würde sich nicht von ihm einschüchtern lassen. “Warum eigentlich? Hatten Sie vor, heute Morgen jemanden zu erschießen?”
“Nein.”
“Sehen Sie, ich auch nicht.” Sie lächelte verbindlich. “Also brauchen wir die Pistole auch nicht.”
Taggert atmete lang und tief ein, bevor er wieder sprach. “Was machen Sie überhaupt noch hier? Sind sie noch nicht zur Besinnung gekommen?”
“Offenbar nicht”, antwortete sie mit veränderter Stimme. Es war nicht zu verleugnen, dass dieser Mann die seltsamsten Gefühle in ihr weckte. Es fiel ihr schwer, sich in seiner Gegenwart gelassen und kühl zu verhalten. Wann immer er sie mit seinen blauen Augen ansah, spürte sie, wie es in ihr kribbelte.
Aber Shea sagte sich, dass nur die außergewöhnliche Situation, in der sie sich befand, für ihre Empfindungen verantwortlich war. Offenbar hatte sie wohl auch die typisch weibliche Eigenschaft, sich immer mit dem falschen Kerl einzulassen. Bisher war sie zwar von solchen Erfahrungen verschont geblieben, aber Taggert war sicher jemand, der voll und ganz zu dieser Theorie passte.
Er hinkte auf einen Küchenstuhl zu und ließ sich vorsichtig darauf nieder. “Jetzt, wo ich wieder bei klarem Verstand bin, sollten Sie mir ganz genau sagen, warum Sie hier sind und was Sie vorhaben.”
“Sie sind eine Wahnsinns…”
“Eine Wahnsinnsstory”, unterbrach er sie schroff. “Ich weiß. Aber als ich Sie gekidnappt habe, liefen alle Kameras. Wenn Sie jetzt gingen, würde jeder einzelne Fernsehkanal um ein Interview mit Ihnen betteln. Sie wären
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