Tiffany Duo Band 0162
offensichtlich nicht wollte.
Schweigend zog er einen Stuhl heran und setzte sich hin.
Sie aßen ein paar Minuten in unbehaglicher Stille. Gerade als er glaubte, vor Frustration gleich die Wände hochgehen zu müssen, stand sie auf und sagte: “Ich bin eigentlich doch nicht hungrig. Ich habe heute um sieben einen Elternabend und wollte schon ein bisschen früher rüberfahren.”
Er schob seinen Stuhl zurück und stand ebenfalls auf. “Ich komme mit.”
“Das ist nicht nötig.”
“Ich möchte aber nicht, dass du nachts allein unterwegs bist. Nicht, solange wir den Kerl, der dein Haus verschönert hat, nicht geschnappt haben.”
Dieses trotzige Kinn hob sich einmal mehr. “Das ist nicht nötig”, wiederholte sie.
“Für mich schon.”
“Hör zu, Jesse, es war meinem Ruf schon abträglich genug, dass ich die ganze Woche hier gewohnt habe. Wenn du jetzt auch noch anfängst, mir durch die ganze Stadt zu folgen, könnten die Leute auf falsche Gedanken kommen, und das wollen wir doch beide nicht, oder?”
“Glaubst du wirklich, dass es irgendwen interessiert, wo du wohnst?”
“Das ist hier eine Kleinstadt mit konservativen Werten. Ich bin eine alleinstehende Frau, die kleine Kinder unterrichtet. Ich stehe unter ständiger Beobachtung, egal ob mir das passt oder nicht.”
“Schön, dann komme ich eben nicht mit rein. Ich fahre einfach nur hinter dir her, damit ich sicher sein kann, dass du gut ankommst, und hole dich später wieder ab.”
Als er sah, dass sie ihm widersprechen wollte, schnitt er ihr mit einem finsteren Blick das Wort ab. “Verdammt, Sarah”, brach es aus ihm heraus, “ich will nicht, dass dir etwas passiert. Lass es mich einfach tun, okay?”
Sie blinzelte angesichts seiner Heftigkeit überrascht, dann zuckte sie die Schultern. “Na gut. Ich bin gleich fertig.”
Jesse schaute zum x-ten Mal auf die Uhr, die in seinem Büro an der Wand hing.
Verdammt, der Junge tauchte nicht auf.
Er wartete jetzt seit fast einer geschlagenen Stunde auf Corey, um mit ihm noch ein letztes Mal seine Rolle bei dem Vortrag durchzusprechen, den er nächste Woche an der Schule abhalten wollte.
Dass Corey ihn versetzte, sollte ihn eigentlich nicht überraschen. Der Tag hatte ohnedies schon schlecht angefangen. Das Erste, was er gesehen hatte, als er heute früh aus seinem Schlafzimmer gekommen war, war Sarah, die gerade ihre Tasche an die Haustür gestellt hatte.
Er hatte sie zu überreden versucht, noch ein paar Tage zu bleiben, aber sie hatte sich nicht umstimmen lassen.
Er wusste sehr gut, warum sie so versessen darauf war, endlich von ihm wegzukommen, und er konnte ihr keinen Vorwurf daraus machen. Die Spannung zwischen ihnen war einfach unerträglich geworden.
Doch auch wenn ihm das alles klar war, hieß das noch lange nicht, dass es ihm auch gefallen musste. Die Vorstellung, dass sie sich ohne Schutz in ihrem Haus in dieser dunklen Straße aufhielt, während derjenige, der es auf sie abgesehen hatte, immer noch frei herumlief, war nicht angenehmer als die, seine Hand in einen Fleischwolf zu stecken.
Er hatte alle Register gezogen, aber sie hatte sich nicht beeindrucken lassen. Und als er ein völlig ungewohntes trotziges Aufblitzen in ihren sanften grünen Augen gesehen hatte, war ihm klar geworden, dass es sinnlos war, sie noch weiter zu drängen.
Er machte sich etwas aus Sarah McKenzie, er machte sich mehr aus ihr als aus jeder anderen Frau, die ihm je begegnet war. Irgendwie waren ihm ihre Sanftmut und ihre Tapferkeit und ihre ruhige Schönheit so unter die Haut gegangen, dass er einfach nicht aufhören konnte, an sie zu denken.
Eigentlich hatte er gehofft, dass Corey ihn von Sarah und diesen neuen verstörenden Gefühlen ablenken würde, aber jetzt deutete alles darauf hin, als wäre ihm nicht einmal dies vergönnt.
Als sein Magen knurrte, fiel ihm ein, dass er noch gar nichts gegessen hatte, weil er heute früh zu sehr damit beschäftigt gewesen war, sich mit Sarah zu streiten – und gegen den Drang anzukämpfen, die Worte, die aus diesem weichen Mund kamen, auf die bestmögliche Art zu ersticken.
Draußen neben der Kaffeemaschine lagen normalerweise frische Bagels, die gesündere Alternative zu Doughnuts, diesem uralten Cop-Klischee. Jesse verließ sein Zimmer, um die Lage zu peilen, und sah, dass Chris Hernandez am Schreibtisch stand und durch die Trennscheibe mit jemandem in dem kleinen Warteraum sprach.
Als sie ihn hörte, drehte sie sich um. “Chief, da draußen ist die Frau
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