Tiffany Duo Band 0162
schon allein vor der Vorstellung, ihr leeres dunkles Haus zu betreten, schon den ganzen Abend lang grauste? Was war, wenn sie dort noch so eine reizende Warnung vorfand? Und diesmal wäre es noch viel schlimmer, weil Dylan dabei wäre.
Einen Moment lang erwog Ellie, Matt von der Sache zu erzählen. Er kannte die Leute hier so viel besser als sie. Vielleicht konnte er sich ja denken, wer ihr eine so makabre Botschaft hatte zukommen lassen.
Es wäre so viel einfacher, wenn sie ihre Sorgen mit einem anderen Menschen teilen könnte, vor allem mit einem so zuverlässigen wie Matt; wenn sie ihm ein bisschen von ihrer Last abgeben könnte …
Nein! Sie rief sich zur Ordnung. Sie war nicht wie ihre Mutter. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die zusammenbrachen, sobald die ersten Schwierigkeiten am Horizont auftauchten, und sich so hilflos und schwach verhielten, dass ihrer Umwelt gar nichts anderes übrig blieb, als ihnen zu helfen.
“Vielen Dank für das Angebot”, sagte sie daher schroff, “aber wir kommen zurecht. Ich habe ein Auto mit Vierradantrieb.”
“Sind Sie sicher?”
“Ganz sicher.”
Er seufzte schwer. “Sie haben wirklich einen ganz schönen Dickkopf. Hat Ihnen das schon mal jemand gesagt?”
“Gelegentlich.” Ellie zwang sich zu einem Lächeln.
“Ich wette, schon öfter”, brummte er. “Na schön, wenn Sie unbedingt wollen. Dann sollten wir jetzt wohl besser Dylan holen, damit Sie fahren können.”
Er ging ihr voran die Treppe nach oben und klopfte leise an Lucys Tür. Von drinnen war kein Geräusch zu hören. Matt wartete einen Moment, dann öffnete er die Tür, und sie sahen, dass die Mädchen, mit einer Wolldecke zugedeckt, auf Lucys Bett lagen und tief schliefen.
Es hatte etwas seltsam Intimes, so Schulter an Schulter mit Matt auf der Schwelle zu stehen und auf ihre Kinder zu schauen. Ellie hatte das vorher noch nie mit einem Mann getan und fand es ausgesprochen beunruhigend.
Sie spürte die Hitze, die er ausstrahlte, und roch den Duft seines Rasierwassers, und das machte sie nervöser als hundert Drohbriefe.
“Tun sie nur so, was glauben Sie?”, flüsterte Matt.
“Wundern würde es mich jedenfalls nicht”, flüsterte sie zurück. “Sie wären wahrscheinlich zu fast jeder Schandtat bereit, nur um eine zusätzliche Übernachtung herauszuschinden.”
Ellie trat einen Schritt vor, erleichtert darüber, dass wieder ein bisschen Platz zwischen ihren und seinen Schultern war. “Dylan?”, rief sie leise. “Komm, du Nervensäge. Es ist Zeit, nach Hause zu gehen.”
Die Mädchen rührten sich nicht.
“Dann lassen Sie wenigstens Dylan über Nacht bleiben”, sagte Matt. “Es wäre ein Jammer, sie aus dem Tiefschlaf zu reißen, nur um sie hinaus in die Kälte zu schleifen.”
“Aber sie schläft doch schon so oft hier”, wandte sie ein. “Wahrscheinlich öfter als in ihrem eigenen Bett.”
“Sie stört niemanden und für Lucy ist sie gut. Und da ich morgen früh sowieso in die Stadt muss, macht es mir keine Umstände, sie unterwegs zu Hause abzusetzen.”
Wenn sie nicht befürchtet hätte, dass sie beim Nachhausekommen über eine weitere gruselige Entdeckung stolpern könnten, hätte sie ihm widersprochen. Ja, sie hatte Angst davor, allein nach Hause zu gehen, aber so brauchte sie sich zumindest nicht auch noch um Dylan Sorgen zu machen.
“Sind Sie sicher?”
“Absolut, Doc.”
Sie warf noch einen argwöhnischen Blick aufs Bett, um zu sehen, ob sich dort nicht vielleicht doch irgendetwas rührte, dann verließ Ellie hinter Matt das Zimmer.
“Ich werde den dumpfen Verdacht nicht los, dass sie uns reingelegt haben”, sagte sie.
“Na und? Falls ja, haben sie prima geschauspielert und verdienen eine Belohnung.”
“Dann würden Sie so ein Betrugsmanöver Ihrer Tochter also befürworten?”
Er lächelte. “Ich bin einfach nur froh, dass sie zur Abwechslung mal Dinge tut, die ein Mädchen in ihrem Alter eben so tut. Lucy war schon immer viel zu ernst, aber seit sie mit Dylan befreundet ist, hat sie sich sehr zu ihrem Vorteil verändert. Dylan ist wirklich ein prima Mädchen.”
Ellie lächelte, vollkommen ungekünstelt diesmal. “Welche Mutter hört nicht gern, dass sie ein prima Kind hat? Ich finde mein Mädchen auch prima.”
Ihre Blicke trafen sich, und plötzlich flammte etwas in Matts Augen auf, von dem sie lieber nicht genau wissen wollte, was es war. Sie schaute schnell weg und spürte, dass ihre Wangen heiß wurden, während sie sich lebhaft an diesen
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