Tiffany Duo Band 0162
Leute bloß, so schnell etwas zu essen herzuzaubern? Und glaubten sie wirklich, dass durch einen Nudelauflauf mit Tunfisch und zerstoßenen Kartoffelchips obendrauf oder einen Teller Plätzchen schon alles wieder gut werden würde?
Essen schien hier das Allheilmittel gegen alle Probleme zu sein. Ellie fragte sich, ob es womöglich irgendein Kochbuch gab, das für jede problematische Situation das geeignete Rezept bereithielt.
Leider war Sue Ann an die Tür gegangen, sodass Ellie nichts anderes übrig blieb, als hier herumzusitzen und darüber nachzugrübeln, was für ein Monster wohl ein neunjähriges Mädchen entführen würde.
Sie durfte wirklich nicht darüber nachdenken. Wenn sie es tat, würde sie sich sofort Dylans entsetzliche Angst ausmalen, und dann würde sie bestimmt durchdrehen. In ihrem Kopf lauerten die schrecklichsten Möglichkeiten. Jedes Mal, wenn sie anfing, darüber nachzudenken, hatte sie das Gefühl, gleich zusammenzubrechen, aber irgendwie schaffte sie es dann doch immer wieder, sich zusammenzureißen und die schwarzen Gedanken wegzuschieben.
Trotzdem musste sie sich zwingen, nicht aufzuspringen und sich an Matts Brust zu werfen, als er einen Moment später die Küche betrat.
Sie war so scheußlich zu ihm gewesen, dass es ein Wunder war, dass er es überhaupt noch in einem Raum mit ihr aushielt. Sie hatte die Verletztheit in seinen Augen gesehen, als sie sich geweigert hatte, sich von ihm trösten zu lassen. Sie hasste sich selbst dafür, aber sie schien trotzdem nicht anders zu können.
Der Wunsch, sich an ihn anzulehnen und ihm zu erlauben, ihr diese furchtbare Last abzunehmen, war so groß, ja fast übermächtig, dass es ihr Angst machte. Sie durfte ihm nicht nachgeben. Das war eine Last, die sie allein schultern musste, ganz allein.
Sie musste für ihr kleines Mädchen stark bleiben.
Matt warf ihr nur einen flüchtigen Blick zu, dann wandte er sich an seinen Bruder: “Ich glaube, ich weiß, wo sie ist.”
Jesse starrte Matt an, als ob diesem soeben zwei Hörner gewachsen wären. “Lou, ich rufe zurück”, sagte er ins Telefon.
Er legte auf und schaute seinen Bruder stirnrunzelnd an. “Bist du jetzt völlig durchgeknallt?”
“Ich habe gerade eine Spur entdeckt, die dich interessieren dürfte. Wusstest du, dass Steve Nichols bei der Salt River Bank mit etwa fünfundneunzigtausend Dollar Rückzahlung im Verzug ist? Er steckt bis zum Hals in Schulden.”
Ellie starrte Matt fassungslos an. “Steve? Du glaubst doch wohl nicht, dass Steve Dylan entführt hat?” Wenn er Pfarrer Whitaker beschuldigt hätte, hätte sie nicht entsetzter sein können.
“Aber das alles ergibt einen Sinn! Irgendwer hat ziemlich energisch versucht, dich aus der Stadt zu vertreiben. Und wem sonst könnte es nützen, wenn du aus Star Valley verschwindest?”
“Aber ich habe doch sowieso schon fast keine Patienten mehr! Ich bin keine Konkurrenz für Steve.”
“Aber wenn er kurz vor der Pleite steht, könnten die paar Patienten, die du ihm jetzt und in Zukunft vielleicht noch wegnimmst, womöglich sein Untergang sein.”
“Aber … aber … wir sind doch Freunde. Und er hilft doch sogar bei der Suche nach Dylan.”
“Überleg doch mal, Doc. Leuchtet es dir nicht ein, dass es nur ein anderer Tierarzt sein kann, der versucht, dich von hier zu vertreiben?”
Sie konnte es nicht glauben. Nicht Steve. Er hatte sie freundlich aufgenommen und immer wie eine geschätzte Kollegin und Freundin behandelt.
“Das reicht für eine Vernehmung nicht aus, und für einen Haftbefehl erst recht nicht”, mischte sich Jesse nun verärgert ein.
Matt starrte ihn finster an. “Da ich kein Cop bin, brauche ich keinen Haftbefehl, kleiner Bruder.”
Der Blick, den Jesse Matt zuwarf, war nicht weniger finster, dann schnappte er sich erneut den Telefonhörer. “Lou, stellen Sie mich doch mal zu Steve Nichols durch, okay?”
Eine Minute später grollte er ins Telefon: “Was heißt das, er ist nicht da? Ich dachte, er koordiniert den Bürgersuchtrupp?”
Nachdem er einen Moment gelauscht hatte, legte er auf. “Lou sagt, dass er sich um irgendetwas in seiner Praxis kümmern muss. Und dass er in einer Stunde oder so zurückkommt.”
“Dann hat er Dylan wahrscheinlich in seine Praxis gebracht.”
“Das kannst du doch gar nicht wissen. Es muss überhaupt nichts bedeuten.”
Matt schob sich seinen Stetson in den Nacken. “Ganz wie du meinst, Jesse. Ich jedenfalls gehe. Es bleibt dir überlassen, ob du mitkommen
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