Tiffany Duo Band 0162
oder dir lieber hier den Hintern platt sitzen und vergessen willst, dass wir diese Unterhaltung je geführt haben.”
“Für mich bist du verrückter als eine Ente in der Wüste”, brummte Jesse ungehalten. “Auf jeden Fall denke ich überhaupt nicht daran, dich in dieser Stimmung allein durch die Gegend rennen zu lassen.”
“Ich komme auch mit.” Ellie sprang von ihrem Stuhl auf. Die Brüder schauten sie beide mit exakt dem gleichen finsteren Gesichtsausdruck an. “Vergiss es”, sagte Matt. “Es könnte gefährlich sein.”
Doch Ellie konnte auch finster schauen, wenn es sein musste. “Es geht hier um mein Kind. Ich komme mit. Basta.”
“Aber nur, wenn du im Auto bleibst.”
Nicht sehr wahrscheinlich. Sie presste die Lippen zusammen, und schließlich gab Matt sich aufseufzend geschlagen. “Na gut dann, von mir aus.”
Sie fuhren mit Jesses großem Geländewagen, damit Jesse über Funk Verstärkung rufen konnte, allerdings ohne Sirenen und Blaulicht.
Steves Tierklinik war ein lang gestrecktes modernes Gebäude, das in Ellies Augen eher wie eine schicke Wohnanlage wirkte. Musste eine schöne Stange Geld gekostet haben.
Die Jalousien waren heruntergelassen, aber sie konnte sehen, dass hinter den Fenstern Licht brannte. Falls Dylan nicht da war – und Ellie war nicht annähernd so überzeugt wie Matt, dass ihre Tochter hier war – würde Steve außer sich über die Anschuldigung sein.
Aber darauf konnte sie jetzt keine Rücksicht nehmen.
“Überlasst mir das Reden”, sagte Jesse, nachdem er den Motor abgestellt hatte.
“Meinetwegen, aber nur, solange du Antworten bekommst.”
Jesse verdrehte gereizt die Augen, und Ellie hätte gern dasselbe getan, als Matt sich zu ihr umdrehte und ihr befahl, im Auto zu bleiben.
Sie gehorchte volle zehn Sekunden, bevor sie ausstieg und den Männern durch die Eingangstür der Klinik folgte.
Als Matt sie entdeckte, warf er ihr einen bösen Blick zu, verkniff sich jedoch eine Bemerkung. Nachdem sie den Vorraum betreten hatte, glaubte Ellie, hinter der langen niedrigen Trennwand vor der Rezeption eine winzige Bewegung wahrzunehmen.
Noch ehe sie reagieren konnte, sah sie, dass sich die beiden Männer vor ihr anspannten, dann rückten sie näher zusammen, sodass ihre Schultern eine Barriere bildeten.
Jesses Hand zuckte zu seinem Schulterhalfter. “Nichols? Sind Sie das?”
Die Zeit schien im Schneckentempo vorüberzukriechen, und das einzige Geräusch in dem Raum waren ihre Atemzüge. Weil sie nicht sehen konnte, was hinter den breiten Schultern der beiden Männer passierte, stellte Ellie sich gerade in dem Moment auf die Zehenspitzen, in dem sich ein kleines verängstigtes Gesicht vorsichtig an der Wand entlangschob.
Ellie wusste nicht, wer sich zuerst bewegt hatte, sie oder Dylan, aber einen Moment später stieß sie die beiden Männer beiseite, rannte an ihnen vorbei und riss ihre Tochter in ihre Arme.
In ihrer Kehle versuchte sich ein unendlich erleichtertes Aufschluchzen Bahn zu brechen, aber sie schluckte es entschlossen hinunter. Sie würde ihren Tränen später, wenn Zeit dafür war, freien Lauf lassen. Im Moment brauchte ihre Tochter eine starke Mutter.
Dylan klammerte sich an ihre Mutter. “Ich bin ja so froh, dass ihr da seid! Ich wollte eben die Polizei anrufen, als ich draußen ein Auto hörte. Ich bin fast gestorben vor Angst und habe mich unter dem Schreibtisch verkrochen. Wie habt ihr mich gefunden?”
Ellie schien ihre Tochter gar nicht fest genug an sich drücken zu können. “Das ist doch jetzt egal, Schätzchen. Geht’s dir gut? Was ist denn passiert? Und wo ist Steve?”
Dylans kleine Gestalt schauerte zusammen. “Da hinten, in so einem Quarantäneraum wie in unserer Praxis. Dort hat er mich eingesperrt.” Sie nagte nervös an ihrer Unterlippe. “Also, kann sein, dass er einen Krankenwagen braucht. Ich habe ihm die Decke unter den Füßen weggezogen, und da ist er mit dem Kopf ganz schön hart auf den Zementboden gekracht.”
Matt, dessen Augen vor Wut loderten, machte einen Schritt auf den Flur zu, aber Jesse streckte die Hand aus und hielt ihn auf. “Stopp! Du gehst da nicht rein, ein Totschlag fehlt mir jetzt nämlich gerade noch. Ich kümmere mich um alles. Du bleibst mit den Ladys hier, hast du das verstanden?”
Ellie musste sich trotz allem ein Grinsen verkneifen, als sie sah, dass Dylan ein bisschen strahlte, weil man sie eine Lady genannt hatte.
“Oh, die Tür ist abgeschlossen”, fiel Dylan plötzlich ein.
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