Tiffany Duo Band 128
werden", schimpfte Maizie. „Sie essen ja weniger als ein Vögelchen. Möchten Sie, dass ich Dr. Gleason anrufe?"
„Nein, nein, es ist gleich wieder vorbei. Sind die Kinder schon da?"
„Deshalb hab ich Sie gesucht, Joey ist gerade gekommen. Sie werden jetzt mit ihm zu Mittag essen, und wenn ich Sie eigenhändig füttern muss."
„Wenn Sie sicher sind, dass es Ihnen wieder gut geht, gehe ich jetzt, Mrs. Walker", sagte Lafferty von der Türschwelle aus mit undurchdringlichem Gesicht.
„Ja, danke, Detective. Einen schönen Tag noch."
„Ich bringe Sie zur Tür", sagte Maizie.
„Schicken Sie Joey bitte zu mir rauf", bat Alicia Maizie und beobachtete, wie die beiden davongingen. Sie setzte sich auf die Bettkante, lehnte sich in die Kissen zurück und schaute an die Decke.
Der Vorfall mit Lafferty war nicht wichtig, ganz bestimmt nicht. Es erschien ihr nur so, weil es schon so viele Jahre her war, seit ein Mann sie mit Verlangen berührt hatte, dass sie schon fast vergessen hatte, wie es sich anfühlte. Sicher, einige von Joes Mitarbeitern hatten sie gelegentlich verstohlen mit begehrlichen Blicken taxiert, aber keiner von ihnen hätte es je gewagt, irgendeinen Annäherungsversuch zu unternehmen. Es war eine prickelnde Erfahrung, nach so langer Zeit das Verlangen eines Mannes zu spüren, auch wenn er auf jede Frau so reagiert hätte.
Sie schloss die Augen und legte sich den Arm über die Stirn. Was war nur los mit ihr? Joe war noch keine vierundzwanzig Stunden tot, und schon gelüstete es sie nach dem Polizisten, der sie wegen Mordverdachts verhaftet hatte! Aber Joe und sie hatten schon seit Jahren das Bett nicht mehr geteilt, deshalb war es jetzt auch nicht unbedingt schamlos von ihr, an jemand anders zu denken. Natürlich würde sich mit Lafferty rein gar nichts entwickeln, weil sie ins Gefängnis kommen würde. Das Schicksal war ihr nicht gewogen, schon seit Jahren. Die ganze Zeit über hatte sie die liebende Ehefrau gespielt und ihre Augen dabei vor der Leere und der Einsamkeit fest verschlossen ... vielleicht war sie deshalb ja verrückt geworden und wusste es nur noch nicht? Ihr Verhalten vorhin zeugte zumindest nicht gerade von seelischer Stabilität; kaum kam ihr bei einem Ohnmachtsanfall ein attraktiver Mann zu Hilfe, war sie bereit, sich ihm an den Hals zu werfen. Sie musste sich beruhigen und sich auf ihr Hauptproblem konzentrieren: Wie sie sich gegen die Anschuldigung, eine Mörderin zu sein, wehren konnte. Alles andere war zweitrangig.
„Hi, Mom", sagte Joey von der Tür her.
Sie lächelte ihren Sohn an.
Nun, nicht alles.
„Meinst du damit, dass Daddy nie mehr zurückkommt?" fragte Joey, und die Tränen schwangen in seiner Stimme mit, bevor sie ihm in die Augen traten.
Alicia hatte sich geschworen, stark zu sein, aber der Anblick ihres kleinen Sohnes, der um einen Vater weinte, der nicht einmal gewusst hatte, dass sein Junge Football spielte, brach ihr fast das Herz. Sie zog Joey in ihre Arme und schaute über die Schulter auf Claire, die drei Jahre älter war als ihr Bruder und schon eine Menge mehr von der Ehe ihrer Eltern mitbekommen hatte. Claire erwiderte Alicias Blick mit versteinertem Gesicht. Sie hatte die Augen ihres Vaters.
„Komm her, Schatz", sagte Alicia.
Das Mädchen gehorchte schweigend und setzte sich neben ihre Mutter auf die Couch. Als Alicia eine Hand auf ihren Arm legte, versteifte sich das Mädchen.
„Claire", begann Alicia, aber sie schüttelte den Kopf und wich dem Blick ihrer Mutter aus.
Joey befreite sich aus Alicias Umarmung und starrte seine Schwester an. „Fehlt dir Daddy nicht?" fragte er schniefend.
„Nein", sagte Claire hart. „Er hat sich sowieso nicht um uns gekümmert. Ich bin froh, dass er ... weg ist."
Joey brach erneut in Tränen aus, während Alicia sagte: „So darfst du nicht über deinen Vater reden."
„Und warum nicht?" fragte Claire trotzig, schüttelte Alicias Hand ab und stand auf. „Ich sage nur, was ich denke." Das Mädchen rannte aus dem Zimmer, und Alicia hörte ihre Schritte, als sie die Treppe nach oben rannte.
„Und was ist mit diesem Sommer?" schluchzte Joey mit tränenüberströmtem Gesicht. „Daddy wollte mit uns in die Berge zum Zelten fahren..."
Alicia umarmte ihn wieder, wobei ihr selbst die Tränen in die Augen traten. Joe Walker hatte seinem Sohn ständig Dinge versprochen und ihn dann doch immer enttäuscht. Als Vater war er eine absolute Nullnummer gewesen, seine politische Karriere hatte immer an oberster
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