Tiffany Duo Band 128
flacher und lösten sich allmählich in der glatten Oberfläche des Stausees auf.
„Was ist aus dieser Magie geworden?"
„Die geschäftliche Seite meines Berufs fraß sie sozusagen auf. Die Zuhörerschaft würde größer, die Verkaufszahlen der CDs stiegen ins Unermessliche, und Doc ..."
Lissa zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Sie konnte nur sich selber die Schuld an dem geben, was gefolgt war.
„Ich veränderte mich, um mich dem schwindelnden Bedarf anzupassen: Meine äußere Erscheinung, meine Stimmtechnik, meine Backup-Sänger und sogar meine Musik."
Vor allem ihre Musik. Sie erinnerte sich genau an ihre Nervosität, als sie die erste CD mit Countrysongs aufgenommen hatte. Nur um das Terrain zu sondieren, hatte Doc gesagt. Um festzustellen, ob ihre Gospel-Fans auch den neuen Sound kaufen würden. Sie hatten es getan, ebenso wie Millionen von Countrysong-Fans.
Scheinbar über Nacht war Missy Marie der heiß begehrteste neue Star der Multimillionendollar-Unterhaltungsmusikindustrie geworden. Ihre öffentlichen Konzerte verdreifachten sich und stellten bald alle religiösen Feste und kirchlich gesponserten Veranstaltungen in den Schatten, die ihr so viel Freude bereitet hatten. Am Ende verdrängten sie sie ganz.
In ihrer neuen Rolle verbrachte Missy Marie drei von vier Wochen im Monat auf der Straße. Sie verschlief fast den ganzen Tag nach den anstrengenden vier- oder fünfstündigen Konzerten und steckte ihre restliche Kraft und Zeit in Plattenaufnahmen.
Gerade als sie begann, sich zu fragen, ob dies tatsächlich das Leben wäre, das sie führen wollte, war alles vorbei.
„Jetzt schreibe ich wieder die Songs, die ich liebe. Mehr kann ich nicht verlangen. Mehr brauche ich nicht."
Sie glaubt das wirklich, stellte Evan fest. Lissa glaubte, dass sie sich von allen Freuden und Leiden des Lebens fern halten konnte. Sie hatte sich in die Isolation begeben und nannte dies ihren Frieden.
„Meinen Sie nicht, dass es einen Mittelweg zwischen Paradise und der Hölle gibt, durch die Sie gegangen sind?" fragte er freundlich.
„Falls es ihn gibt, interessiert er mich nicht."
Der trotzige Ton in ihrer Stimme entging ihm nicht. Eigentlich hätte er das Thema fallen lassen müssen. Doch er wurde das unbehagliche Gefühl nicht los, dass Lissas Tage in der Einsamkeit gezählt waren. Der eifrige Reporter würde seine Nachforschungen nicht einstellen. Und wenn Dave Hawthorne den ehemaligen Star nicht fand, würde es ein anderer tun. Es war eine zu gute Geschichte, um darauf zu verzichten.
„Es ist ziemlich heikel, sein Leben derart anzuhalten, wie Sie es hier tun."
„Ich habe es nicht angehalten"; antwortete Lissa eigensinnig und hob das Kinn. „Ich bin glücklich darüber, wie es ist."
„Sehnen Sie sich nicht manchmal nach jemandem, mit dem Sie reden oder lachen können? Der Sie aus Ihrem Wohnwagen herausholt, um mit Ihnen ins Kino zu gehen oder ein kühles Bier zu trinken?"
„Ich habe Charlie und Josephine zum Reden. Auf regelmäßige Kino besuche oder ein kühles Bier kann ich gut verzichten."
Lissa hatte wieder alle Stacheln aufgestellt. Trotzdem konnte Evan nicht widerstehen. Er musste unbedingt durch ihren Panzer dringen.
„Sagen Sie mir, wann Sie das letzte Mal ein kühles Bier getrunken haben."
„Das war ..." Sie winkte verärgert ab. „Das ist schon eine ganze Weile her."
„Wie lange, Lissa? Einen Monat, sechs Monate?"
„Keine Ahnung. Was geht Sie das überhaupt an?"
„Ich versuche, meine Chancen auszuloten, einen ,Sonnabendnacht-Special' von Ihnen zu bekommen."
„Wie bitte?" fragte Lissa verblüfft.
„Es ist zwar erst Sonnabendnachmittag", sagte er lächelnd. „Aber wenn es tatsächlich sechs Monate her ist, seit Sie mit einem anderen Menschen zusammen waren - außer mit Josephine oder Charlie -; könnte ich Glück haben."
Lächelnd beugte Evan sich vor und legte Lissa einen Finger unter das Kinn. Er hob ihren Kopf an und stellte befriedigt fest, dass sie heftig errötete.
„Nun?" fragte er lächelnd.
Lissa würde niemals zugeben, dass ihre Sehnsucht nach einem Kuss schon seit langer Zeit bestand. Oder dass Evans Chancen auf diesen Kuss mit jeder Sekunde stiegen, die er sie mit seinem schändlich umwerfenden Lächeln ansah.
Doch sie brauchte gar nichts zuzugeben. Evan las die Antwort von ihren trotzigen Lippen ab. Ein schalkhafter Teufel blitzte in seinen Augen. Er beugte sich so dicht heran, dass seine Lippen ihren gefährlich nah waren.
„Was halten Sie davon,
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