Tiffany Duo Band 77
gelang es ihr zu sagen, während sie schon mit Bangen dem Augenblick entgegensah, in dem sie die Tür öffnen müßte.
Sie war am Ende mit ihrem Latein. Mehr konnte sie nicht ertragen, und sie wünschte sich verzweifelt, allein zu sein. Sie brauchte einfach ein bißchen Zeit, um ihre Abwehrkräfte zu stärken und die Mauer, die sie als Schutzwall um sich herum aufgebaut hatte; wieder zu befestigen.
Doch wahrscheinlich war dies alles verlorene Mühe. Ja, das war es. Es war ihr klar. Sie hatte schon viel zuviel von sich preisgegeben. Er wußte viel mehr, als er jemals hätte erfahren dürfen.
„Shelly? Mach auf."
Sie schluckte und zwang sich, aufzustehen. Dann ging sie über die spiegelblanken Marmorfliesen zur Tür und schloß auf. Sie hatte kaum Zeit, einen Schritt zurückzutreten, da stand er auch schon vor ihr.
Sein weißes Hemd war offen und hing lose über seinen Jeans.
„Ist alles in Ordnung?" wiederholte er besorgt.
Sie nickte kaum merklich.
Anscheinend war er schon ausgezogen gewesen, als er bemerkte, daß sie im Bad war. Shelly schloß die Augen. Die Vorstellung, wie er aus seinen Kleidern schlüpfte, sie achtlos irgendwohin warf und dann nackt ins Bett stieg, raubte ihr fast den Atem.
Nun hob sie den Blick wieder und starrte auf seine Brust. Wie muskulös sie war... Sie fühlte, wie ihre Wangen brannten. Hatte er sie ertappt, wie sie ihn ansah? Konnte er ihre Gedanken lesen?
Er betrachtete sie. Und stand wahrscheinlich vor einem völligen Rätsel. Dessen war sich Shelly ziemlich sicher. Er ahnte nicht, daß er mit einem einzigen Blick, mit einer einzigen Berührung ihr Innerstes in hellen Aufruhr versetzen konnte.
Im Auto auf der Heimfahrt war er still gewesen und hatte keinen Versuch gemacht, sich ihr weiter zu nähern, als sie zuließ, doch jetzt... jetzt stand er vor ihr und registrierte schweigend und aufmerksam, wie sie ihn beobachtete. Das allein versetzte ihr Blut in Wallung. Er brauchte sie überhaupt nicht zu berühren, der Ausdruck in seinen Augen sagte ihr genug.
Er hatte Verlangen nach ihr. Das war nicht zu übersehen. Und das Wissen darum erschien ihr wie eine süße Belohnung für all die Jahre, in denen sie ihn begehrt und doch nicht bekommen hatte.
Warum er ihr auf einmal solche Gefühle entgegenbrachte, wußte sie nicht zu sagen. Neugier? Weil sie sich im Moment rein räumlich so nahe waren? Pure körperliche Anziehungskraft? Alles war möglich. Nichts davon jedoch wäre guter Grund dafür, miteinander ins Bett zu fallen.
Doch ihn so zu lieben, wie sie es tat, ihn so zu begehren und zugleich zu wissen, daß auch er sie wollte, ebenso wie die Tatsache, daß er sich so um sie sorgte, auch wenn es nicht die Art von Liebe war, die sie sich wünschte - nun, das war Grund genug.
Natürlich ist es das, sagte sie sich, während sie im gleichen Atemzug ihre Zweifel nicht losließen.
Es würde ihr nur alles noch schwerer machen. Der Tag, an dem sie sich endgültig von ihm lösen mußte, war nicht mehr fern.
So, wie es im Moment zwischen ihnen war, würde es ja nicht weitergehen. Sie mußte irgendwann damit beginnen, ihr Leben zu leben. Zu ihrem eigenen Besten. Und wenn sie heute mit ihm schlafen würde, würde ihr jeder Schritt weg von ihm doppelt so schwer fallen.
Doch um wieviel schwerer könnte es eigentlich noch werden? Wieviel klarer könnten die Erinnerungen noch sein? Gar nicht. Nichts könnte schwerer werden, und nichts könnte klarer sein.
Sie würde ihn niemals vergessen, sie würde ihm niemals entkommen.
Warum also sollten sie nicht diese eine Nacht miteinander verbringen? Es wäre eine Nacht, von der sie, Shelly, ihr ganzes Leben lang, zehren könnte. Und wenn er dabei wieder von einer anderen träumen würde?
Dieser Gedanke, und nur er allein ließ sie davor zurückschrecken, ihre Fantasien in die Realität umzusetzen. Nein, sie wollte kein Ersatz sein. Sie wollte kein Ersatz sein für die Frau, die er liebte.
Shelly nahm all ihren Mut zusammen und sah ihm fest in die Augen. Brian stand bewegungslos wie eine Statue da, kaum daß er atmete, die Handflächen eng gegen seine Schenkel gepreßt.
Erst vermutete sie, daß er ärgerlich sei. Wie vorhin im Auto. Da war er auch wütend gewesen, doch die Gründe waren ihr nicht ersichtlich. Dann hatte sie gesehen, daß es mehr war als Ärger. Was, konnte sie nicht sagen. Und hier war es wieder.
Brian rang verzweifelt um Selbstbeherrschung und überlegte, ob sie es wohl bemerkte.
„Ich dachte, du wärst schon im
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