Tiffany Duo Band 77
Shelly fühlte, wie sie innerlich ganz kalt wurde. Er hatte Charlie getötet. Und nun bedrohte er Brian mit einer Pistole.
Nein, sie würde ihm nicht die Gelegenheit geben, sie zu benutzen. So weit durfte sie es nicht kommen lassen. Großer Gott, Brian durfte nichts zustoßen, das würde sie nicht überleben! Sie mußte Grant ablenken, doch wie? Ihr Gehirn arbeitete fieberhaft. Dann hatte sie es.
Sie stöhnte auf, verdrehte die Augen, es fiel ihr nicht schwer, die Ohnmacht vorzutäuschen, denn ihre Knie waren tatsächlich weich wie Pudding. Eine Sekunde lang hing sie schwer in Grants Arm, der noch immer um ihre Kehle lag, und die Luft blieb ihr weg. Grant war zu überrascht, um schnell reagieren zu können, lockerte seinen Griff, und sie stieß ihm, während sie sich zu Boden sinken ließ, ihren Ellenbogen mit aller Kraft in den Unterleib.
Er brüllte vor Schmerz auf und krümmte sich zusammen.
„Bleib liegen", schrie Brian ihr zu und stürzte sich auf Grant, die Sekunde, die dieser außer Gefecht gesetzt war, geschickt ausnutzend. Ineinander verkrallt rollten sie zusammen über den Dielenfußboden. Brian bekam einen Arm frei und rammte Grant krachend die Faust unters Kinn. Mit einem wütenden Aufschrei sackte der Mann unter ihm zusammen, während Brian schon, geistesgegenwärtig nach der Pistole in seiner Hand griff und versuchte, sie ihm vorsichtig - weil er nicht wußte, ob sie womöglich entsichert war - zu entringen. Gerade noch rechtzeitig, bevor Grant neue Kräfte gesammelt hatte, hatte er es geschafft.
Beide taumelten gleichzeitig auf die Füße, sie rangen nach Atem und taxierten sich gnadenlos. Das Blatt hatte sich gewendet. Brian hielt Grant mit dem Revolver in Schach. „Keine Bewegung", knurrte er drohend. Ohne die Augen von ihm zu lassen, wandte er sich an Shelly. „Ruf die Polizei, schnell!"
Ja. Unbedingt. Sie lag noch immer am Boden und hatte das Gefühl, als könne sie sich keinen Millimeter von der Stelle bewegen. Doch sie mußte.
„Und du, Freundchen", warnte Brian nun Grant, „zuckst nicht mal mit einer Wimper, kapiert? Anderenfalls sehe ich mich gezwungen, zu schießen. Alles klar?"
Grant lachte - ein gefährliches, halbirres Lachen. Shelly lief es eiskalt den Rücken hinunter.
„Wirst du nicht." Mit diesen Worten drehte er sich blitzschnell um, streckte Shelly, die gerade vor ihm auf die Beine getorkelt war, mit einem Rippenstoß nieder und floh in Richtung Wohnungstür.
Brian fluchte und rannte hinter ihm her in der Hoffnung, ihn zu er wischen, ohne daß er seine Waffe benutzen mußte. Doch es war zu spät, gleich würde der Kerl aus der Tür sein, also streckte er seine Hand aus, zielte kurz auf die Beine und drückte ab. Shelly beobachtete alles vom Boden aus und schloß schnell die Augen in Erwartung des häßlich lauten Knalls.
Alles blieb still. Dann hörte sie Brian wieder fluchen, und als sie die Augen öffnete, sah sie, wie er mit der Waffe herumfuhrwerkte, von neuem versuchte, den Abzugshebel zu betätigen, aber es war bereits zu spät. Grant war verschwunden. Brian sicherte die Waffe und schob sie verärgert in die Hosentasche.
„Was war los?" fragte Shelly und rappelte sich langsam hoch. Sie fühlte sich wie betäubt und rang nach Atem.
„Entweder ist er so blöd, daß er nicht weiß, wie ein Revolver funktioniert, oder er hatte niemals vor, zu schießen." Brian wetterte ausgiebig, er verwünschte sie beide, sowohl sich selbst als auch den Mann, der in der Dunkelheit der Nacht verschwunden war.
So ein Mist, dachte Brian. Zu spät. Der Hurensohn war entwischt. „Shelly?" Er wandte sich zu ihr um und sah, daß sie schwankte.
Er schaffte es gerade noch, sie aufzufangen, bevor es Nacht wurde um sie.
16. KAPITEL
Als Shelly langsam wieder zu sich kam, fühlte sie sich wie auf einem schwankenden Schiff im Sturm. Wo war sie? Ein bekannter Geruch strömte ihr in die Nase, und Wärme umfing sie. Sie öffnete die Augen und wurde gewahr, daß sie auf Brians Armen lag, der sie gerade durch ihren Flur zu Wohnungstür trug. Schlagartig fiel ihr alles wieder ein. Natürlich, sie war ohnmächtig geworden. Eine Sekunde später kippte sie wieder weg.
Als sie zum zweiten mal zu Bewußtsein kam, befanden sie sich draußen vor ihrem Haus auf dem Parkplatz. Sie hob den Kopf, ließ ihn jedoch gleich wieder an Brians Schulter sinken. Sie wollte, daß er sie hinunterließ, irgendwie kam sie sich idiotisch vor auf seinen Armen.
„Halt still", verlangte er ruhig, aber bestimmt.
Weitere Kostenlose Bücher