TIFFANY EXKLUSIV Band 02
Sie brauchte das Kerrigan.
Was nichts an der Tatsache änderte, dass sie auf irgendeine seltsame Weise auch Robert Kendall brauchte.
Robert saß im Hotelrestaurant, um einen späten Lunch einzunehmen, als Ruthie erschien. Sie bemerkte ihn erst, als sie ihn bemerkt hatte. So konnte sie ihm nicht ausweichen. Warum sollte sie auch? Dies war ihr Terrain. Hier hatte sie das Sagen!
Sie gönnte ihm keinen Blick.
„Hast du gut geschlafen?“, fragte er.
„Wie ein Baby“, log sie.
„Ich nicht“, gab er zu. „Das Bett in meiner Suite erschien mir zu groß.“
Ruthie sah sich erschrocken um. Glücklicherweise befand sich kaum jemand im Restaurant und vor allen Dingen kein Personal, das Roberts Bemerkung hätte hören können.
„Was möchtest du essen?“
„Ich habe noch keine Speisenkarte.“
Ruthie nahm eine Karte vom Nachbartisch und hielt sie Robert hin. „Hier.“
Er lachte. „Ich vermute, was ich will, befindet sich nicht auf dieser Karte. Was ich brauche, kann vermutlich nur die Küchenchefin servieren.“
„Die Spezialität des Tages ist Hühnchen mit Walnüssen in Bourbon-Sahne-Soße“, fauchte sie. „Alles andere steht nicht zur Debatte.“
„Alles was ich will, ist, mit dir reden, Ruthie“, sagte er. „Ein Gespräch unter vier Augen.“
Sie sah, dass er es ernst meinte. Er flirtete ausnahmsweise nicht. Trotzdem hatte Robert eine erotisierende Wirkung auf sie. Wenn sie seinen Mund sah, dachte sie nur ans Küssen. Wenn sie seine Hände sah …
Auch der Umstand, dass sie sich an einem öffentlichen Ort befanden, schmälerte ihre Reaktion keineswegs. Sie nahm den Duft seines Eau de Toilette wahr. Sinnlich. Männlich.
Ein Gespräch unter vier Augen? Genauso gut konnte sie sich in einen Löwenkäfig begeben. „Nein, Robert. Es gibt nichts, worüber wir reden müssten. Wir drehen uns nur im Kreis.“
„Dagegen habe ich nichts“, erwiderte er mit verführerischem Lächeln. „Als Kind bin ich mal auf einem Jahrmarkt vierunddreißigmal Karussell gefahren.“
Sie musste wider Willen kichern. „Hast du einen Preis gewonnen?“
„Nein, nur eine Woche Hausarrest, als meine Mutter herausfand, warum mir so schlecht war, dass ich nicht zur Schule gehen konnte.“
Robert griff nach Ruthies Hand und streichelte sie. „Lass uns reden, Ruthie. Das können wir doch gut.“
Beinahe wäre sie schwach geworden, doch im letzten Moment riss sie sich zusammen. „Ich muss gehen. Die Arbeit wartet nicht.“
Robert sah sich in dem noch ziemlich leeren Restaurant um. „Sieht so aus, als hättest du noch eine Gnadenfrist vor dem Ansturm. Gib mir fünf Minuten, Ruthie. Erzähl mir was über dich. Wo du zur Schule gegangen bist. Wann du dich entschieden hast, Köchin zu werden. Was dich zu deinen Kreationen inspiriert. Zum Beispiel zu diesem fabelhaften Filet Mignon, gefüllt mit Frischkäse und grünem Pfeffer, das ich gestern Abend gegessen habe.“ Er verwob seine Finger mit ihren und lächelte Ruthie an.
Durch das große Fenster fiel weiches Nachmittagslicht und schuf eine angenehme, entspannte Stimmung. Ruthie zögerte. Sollte sie sich setzen?
„Hast du viele Sommersprossen gehabt als Kind?“, fragte Robert. „Warst du im Sommerlager? Wo fand dein erstes Date statt? Komm schon, Ruthie. Es gibt so viel, was wir uns erzählen müssen.“
„Hier“, murmelte sie.
„Wie bitte?“
„Mein erstes Date fand hier statt. In diesem Restaurant.“ Sie blickte sich wehmütig um. „Mein Vater war dabei und die ganze Familie. Wir wollten auf einen Ball, und vorher aßen wir hier zu Abend. Im Kerrigan.“
Roberts Lächeln verschwand. „Das Kerrigan.“
„Ja, Robert. Das Kerrigan. Es war übrigens ein halbes Jahr, bevor mein Vater starb.“ Sie sah ihm direkt in die Augen. „Fängst du an, ein paar Dinge zu begreifen? Weiß du jetzt, warum das Meeting gestern so furchtbar für mich war?“
„Ruthie, ich …“
Sie fühlte Tränen in ihren Augen. Robert sah so verdammt verständnisvoll aus. Sie wünschte, er würde verschwinden. Sie in Ruhe lassen. Zulassen, dass sie zurückkehrte in ihre kleine, vertraute Welt.
„Ich will nicht mit dir reden, Robert. Nicht jetzt und nicht später. Möchtest du deine Bestellung aufgeben? Ich schicke dir eine Kellnerin.“
Er schien die Endgültigkeit ihrer Entscheidung zu begreifen, denn er wirkte plötzlich traurig und enttäuscht. „Es tut mir leid, Ruthie. Es tut mir entsetzlich leid.“
Sie war hin und her gerissen. Alles zog sie zu ihm, alles warnte sie
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