TIFFANY EXKLUSIV Band 04
dem eines Profisportlers gemein hat. Zweiunddreißig ist schon ziemlich hart an der Grenze, nicht? Viele unserer Stabsoffiziere sind noch in ihren Zwanzigern.“
Kell erkannte die Richtung, die das Gespräch nehmen würde. Er steuerte direkt auf einen Schreibtischjob zu. Seine Brust schien plötzlich zu eng geworden zu sein für sein Herz. „Verzeihen Sie mir, Sir, aber ich bin immer noch so fit wie jeder …“
„Ja, das sind Sie bestimmt, trotz Ihrer Verletzung. Und Sie sind ein hervorragender Commander. Ihre Männer sind Ihnen ergeben, und Ihre Vorgesetzten, ich eingeschlossen, sind voll des Lobes für Sie. Sie haben unzählige Auszeichnungen erhalten und haben mehr erfolgreiche Einsätze hinter sich gebracht als jeder andere hier. An Ihren Fähigkeiten wird nicht gezweifelt, mein Junge.“
Bis jetzt. Das waren die Worte, die unausgesprochen blieben. Kell presste unwillkürlich die Lippen zusammen.
„Es wird Zeit für eine Veränderung, Kell. Ich weiß,was Sie von einem Schreibtischjob halten, aber Sie werden zugeben müssen, dass es sich nicht um ein gewöhnliches Büro handelt. Sie wissen, was SOCOM ist, eine Art militärisches Nervenzentrum, wo die Strategie erarbeitet wird. Und das bedeutet eine ungeheure Verantwortung. Wir brauchen jemanden wie Sie hier vor Ort. Niemand kennt die Spezialkommandos besser als Sie. Und selbstverständlich würde eine Beförderung damit einhergehen.“
Kell saß stocksteif da. Nur eine Versetzung zum Pentagon wäre schlimmer, der absolute Horror für jemanden wie ihn. Aber auch der Vorschlag des Generals war eine Sackgasse. Man warf ihn aus dem Team wegen ungenügender Leistung. Das bedeutete im Klartext den völligen Verlust seiner Selbstachtung. Und er war machtlos dagegen und konnte nur antworten: „Ich danke Ihnen, Sir. Es ist eine Ehre, Sir.“
„Ja, das möchte ich wetten, Commander. Mir ging es nicht anders als Ihnen, als man mir diese Sterne gab …“ Er wies auf die Insignien seines Ranges auf seinen Schultern. „Und den Job an diesem Schreibtisch. Ich glaubte, meine militärische Karriere sei vorüber und dass ich ausgespielt hätte. Aber da irrte ich mich sehr. Es ist keine Bestrafung, Kell, selbst wenn es sich so anfühlen wird, weil Sie junge Männer in den Kampf hinausschicken, wo sie Kopf und Kragen riskieren. Sie werden sich Sorgen machen, als ob Sie ihr Vater wären. Und Sie werden feststellen, dass Sie jede Einzelheit aufs Sorgfältigste untersuchen werden, damit keinem von ihnen etwas zustößt. Das ist es, was ich von Ihnen verlange. Wenn ich Sie hier habe, bin ich sicher, dass Ihren Männern nicht geschieht, was Ihnen geschehen ist.“
Der General bezog sich auf den Nachrichtenoffizier, den man seines Postens enthoben hatte, nachdem Kells letzter Einsatz fehlgeschlagen war. Kell schluckte nervös, da er wusste, dass der General eine Antwort von ihm erwartete. Er stand auf, und General Halter folgte seinem Beispiel. Kell sah ihm fest in die Augen. „Danke, Sir. War das alles, Sir?“
Der General betrachtete ihn nachdenklich. „Sie sind ein guter Mann und ein guter Offizier, Commander Chance. Es ist einfach nur Zeit für den nächsten Schritt auf der Karriereleiter. Es wird eine Ehre für mich sein, Sie im Haus zu haben und direkt mit Ihnen arbeiten zu können.“
Wie der General selbst gesagt hatte, es fühlte sich ganz und gar nicht wie eine Ehre an. Doch Kell setzte seine Mütze auf und salutierte. „Danke, Sir. Ich freue mich auf die Gelegenheit, Ihnen und meinem Land in meiner neuen Eigenschaft dienen zu dürfen.“
Der General nickte und erwiderte Kells Gruß.
Kell konnte das nagende Gefühl der Schuld nicht unterdrücken. Er hatte zu viel riskiert, zu viel von seinen Männern verlangt. Sie hätten fast mit ihrem Leben dafür bezahlt, und das unter seinem Kommando. Vielleicht hatte der General recht. Vielleicht war es wirklich Zeit, mit dem Glücksspiel aufzuhören, etwas, das seinen Eltern nie gelungen war. Vielleicht war es Zeit für eine Veränderung. Keine Risiken mehr.
Kell unterdrückte ein wütendes Knurren. So ein Quatsch! Wem machte er eigentlich etwas vor? Er glaubte das alles doch gar nicht. Er war Kellan Chance, ein Krieger. Schade, dass seine Eltern vor Kurzem abgereist waren. Er hätte sie fragen können, was der gälische Ausdruck für einen Schreibtischhengst war. Dem Himmel sei Dank, dass sie nach New Orleans gefahren waren, bevor man ihn in den Ruhestand geschickt hatte. Davon wollte er ihnen lieber noch nichts
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