TIFFANY EXKLUSIV Band 05
Ahnung, wie er reagieren würde. Ob er sich überhaupt etwas anmerken lassen würde? Würde er sie vermissen? Würde es ihm leidtun, dass sie ging? Oder würde er es fälschlicherweise als ein Zeichen dafür deuten, dass sie bereute, was zwischen ihnen gewesen war? Oder würde er durchschauen, dass sie in Wirklichkeit Angst hatte vor der Intensität dessen, was zwischen ihnen passiert war, und nun befürchtete, dass er das stürmische Wochenende mit dem Arbeitstier der Firma bereute? Nur gehörte sie jetzt nicht mehr zur Firma. Und ob es ihm nun klar war oder nicht, sie war kein Arbeitstier mehr. Dafür musste sie Kyle wahrscheinlich dankbar sein.
Obwohl das Gefängnis, ein flacher Backsteinbau, umgeben von unbepflanztem Rasen, von außen deprimierend heruntergekommen aussah, war es innen erfreulich hell und freundlich. Die Sekretärin und Einsatzkoordinatorin, eine fröhliche und gesprächige Frau namens Peg, hatte die Wände weiß gestrichen und den großen Eichentisch, der den Raum dominierte, eigenhändig abgeschmirgelt. Das wusste Laura, weil Peg ihr das alles erzählt hatte. Als sie hereinkamen, hatte der Polizist die drei Zellen im hinteren Teil des Gebäudes erwähnt. Lauras Magen hatte sich zusammengezogen. Doch Peg hatte ihm einen tadelnden Blick zugeworfen, und so durfte Laura am Tisch sitzen und auf Kyle und Harris warten. Um sich die Zeit zu vertreiben, bekam sie einen Stapel Zeitschriften.
Ihr erster Gedanken war gewesen, Kyle anzurufen und ihn zu bitten, sie zu befreien. Vielleicht hätte sie dieser Versuchung widerstanden, wenn ihre Schwester zu erreichen gewesen wäre. Wahrscheinlich war sie mit ihrer Familie bei einem Picknick. Außerdem war Rand mit Kyles Wagen unterwegs zur Polizeiwache, sodass Kyle ohnehin vorbeikommen musste, um seinen Wagen abzuholen. Als der Polizist Rand erreichte, war der zwar aufgebracht, doch glücklicherweise nicht so wütend, um zu behaupten, dass Laura seinen Wagen gestohlen hätte. Außerdem war er glücklich, dass er schon den ganzen Tag in Kyles original Austin Healey 3000 herumfahren konnte.
„Ich dachte, Sie fahren meinen Wagen“, sagte Laura, nachdem der Polizist den Hörer an sie weitergereicht hatte.
Rand schwieg einen Moment. „Ihre Windschutzscheibe hatte auf dem Parkplatz einen unglücklichen Zusammenprall mit einem Ast.“
Sie seufzte. „Na fabelhaft.“
Dann entwarfen sie einen Plan. Rand würde Kyles Wagen zur Polizeiwache bringen, und Harris würde Kyle zur Polizeiwache fahren. Laura würde mit Harris nach Atlanta aufbrechen und Kyle in diesem winzigen Kaff irgendwo in Georgia allein auf seinen Austin Healey warten lassen. Rand brachte Kyles Sachen mit, während Harris und Laura bei Serene Dynamics vorbeifuhren, um Lauras Sachen zu holen. Um ihren Wagen würde sie sich später kümmern.
Der Plan erschien Rand und Laura sinnvoll. Er schien auch Kyle einzuleuchten, als sie ihm die Lage am Telefon auseinandersetzte. Allerdings war sie sich nicht ganz sicher, ob er ihr überhaupt zuhörte, so perplex, wie er wegen der Gefängnis-Geschichte war. Der Polizist behauptete, dies sei der komplizierteste Plan, den er je gehört hatte. Daher versuchte Laura das Ganze in einem simplen Flussdiagramm darzustellen, dem der Polizist jedoch nicht folgen konnte. Aber es spielte auch gar keine Rolle, ob der Polizist den genauen Ablauf kapierte. Hauptsache war, das Kyle alles begriffen hatte und nicht allzu wütend darüber war, dass Rand mit seinem Wagen fuhr.
Wie hätte sie ahnen können, dass der Wagen die geringste seiner Sorgen war? Laura hatte sämtliche Artikel der Rubriken Unterhaltung, Wirtschaft und Gesellschaft in den alten Zeitschriften gelesen und nahm gerade widerstrebend einen Bericht über die NATO in Angriff, als sie Harris und Kyle in Harris’ beigefarbener Luxuslimousine vorfahren sah.
„Da sind sie“, erklärte sie Peg und beobachtete, wie Kyle ausstieg. Er benutzte nicht einmal mehr seine Krücken, sondern humpelte übertrieben.
Harris stellte sich Peg und dem Cop vor. „Von all meinen Angestellten hätte ich bei Ihnen am wenigstens damit gerechnet, dass ich Sie mal aus dem Gefängnis holen muss“, wandte er sich an Laura. „Aber möglicherweise hat es Sie schon so verändert, dass Sie mein Unternehmen verlassen haben.“ Er klang amüsiert und schien weder über die Nachricht von ihrer Kündigung aufgebracht noch wegen der Tatsache, dass er sie aus dem Gefängnis holen musste. Auf Kyle traf das allerdings nicht zu.
Sein Gesicht war
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