Tiffany Exklusiv Band 06
würde.
Sylvia leerte ihr Glas, nahm Rachels, das noch unberührt war, und trank es aus. „Ich glaube, ich habe gerade das perfekte Mittel gegen Angst entdeckt“, sagte sie und hob das leere Glas. „Champagner.“
„Es wird Zeit“, ermahnte Rachel sie. „Geh jetzt.“
Sylvia nickte ergeben. Als wäre sie auf dem Weg zum Scheiterhaufen, überquerte sie die Tanzfläche und wandte sich Richtung Küche. Unterwegs fielen ihr das Gedränge an der Eingangstür und die Blitzlichter der Fotografen auf.
An jedem anderen Tag hätte sie vielleicht gehofft, einen berühmten Schauspieler zu sehen. Aber dazu war jetzt keine Zeit. Sie musste zum Telefon hinübergehen und so tun, als spräche sie, um dann in den Saal zurückzukehren und bedauernd zu verkünden, Mr. Alexander habe seinen Flug verpasst.
Plötzlicher Applaus ließ sie den Schritt verhalten. Neugierig drehte sie sich um und sah, dass die Menge sich teilte, um einen Mann durchzulassen. Einen Mann, der gar nicht existierte.
Montgomery Alexander.
Und er kam direkt auf sie zu.
2. KAPITEL
Natürlich wusste Sylvia, dass dieser Mann nicht Alexander sein konnte. Alexander war ein Produkt ihrer Fantasie, ein Mann, den sie erfunden hatte, um niemandem erklären zu müssen, warum sie Romane schrieb, in denen es um Waffen, Autos und Bikinimädchen ging.
Seit Jahren teilte sie mit ihm die Abenteuer, die sie für sich selbst ersehnte. Abenteuer, die sie sich als Tochter eines Politikers nicht leisten konnte. In ihrer Fantasie waren sie zu exotischen Inseln gereist, hatten bis zum Morgengrauen getanzt und sich splitternackt am Strand geliebt, während die Meeresbrise ihre erhitzte Haut kühlte. Das wirkliche Leben konnte ihre Sehnsucht nach Leidenschaft und Romantik nicht befriedigen, aber Alexander füllte diese Lücke.
Sie hatten lange Gespräche geführt im Mondschein, und sie hatte ihm ihre Hoffnungen und Träume anvertraut. Er amüsierte sie mit seinem Humor und bezauberte sie mit seinem Charme. Ja, sie hatte ihn erfunden. Aber irgendwie hatte sie sich trotzdem in ihn verliebt.
Und nun stand er plötzlich vor ihr. Unfassbar!
Sein Gang wies ihn als selbstbewusst aus, ja vielleicht sogar ein wenig arrogant. Der Glanz seiner Augen milderte den ernsten Zug um seinen Mund. Hohe Wangenknochen, ein festes Kinn und glatt rasierte Wangen … welliges dunkelbraunes Haar, das aus der Stirn zurückgekämmt war …
Selbst der dunkelgrüne Anzug, Alexanders Standard-Outfit für besondere Gelegenheiten, war so, wie er in Artikeln stets beschrieben war.
Bevor sie wusste, wie ihr geschah, stand der Mann, der das Produkt ihrer Fantasie in perfekter Weise verkörperte, vor ihr. Ihr stockte der Atem, als sein Blick wie ein intimes Streicheln über ihren Körper glitt, und sie überraschte sich damit, dass sie unter diesem Blick erschauerte. Sie versuchte, sich mit seinen Augen zu betrachten – schwarze Pumps, schwarze Strümpfe, ein schwarzes Cocktailkleid mit schmalen Trägern, aufgestecktes Haar –, und sie fragte sich, ob sie ihm wohl gefiel.
Als sein Blick nun zu ihrem Gesicht hinaufglitt, erkannte sie unverhohlenes Verlangen in seinen Augen und kämpfte gegen ihr Erröten an. Als er sich vorbeugte und sie auf die Wange küsste, war ihr, als wiche alle Kraft aus ihren Knien.
Der für Logik zuständige Teil in ihr wusste, dass sie verärgert sein und eine Erklärung von ihm fordern müsste. Aber ihr weiblicher Instinkt drängte sie, den Moment zu nutzen und den fleischgewordenen Alexander zu umarmen und zu küssen.
„Wir sollten uns nicht mehr auf diese Weise treffen“, erklärte eine sinnlich-raue Stimme, die sie schon aus ihren Fantasien kannte. „Sonst behaupten die Leute nachher noch, wir hätten etwas miteinander.“
Total verblüfft riss Sylvia die Augen auf. Ein Faustschlag in den Magen hätte sie nicht mehr umhauen können. Er zitierte einen Satz aus ihrem ersten Buch, und sie war nicht sicher, ob sie sich davon getröstet fühlen oder beunruhigt sein sollte.
„Haben Sie das Buch gelesen?“
„Warum fragen Sie?“
„Nur so“, erwiderte Sylvia kühl, um nicht nur die Situation, sondern auch ihr wild pochendes Herz wieder in den Griff zu bekommen. „Ich finde es bloß ein bisschen seltsam, was Sie sagen, weil es genau das ist, was Joshua zu einer Spionin sagt, nachdem sie zum dritten Mal versucht hat, ihn zu töten.“
„Ich nehme an, es ist ihr nicht gelungen.“
Sylvia vermied es, ihn anzusehen, weil sie innerlich zu aufgewühlt war. Und das, obwohl
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