Tiffany Hot & Sexy Band 26
betrachten, dabei hatte sie seinen Wert bereits vor zwei Wochen geschätzt.
Die Frau nahm ein Papiertuch aus der Schachtel auf dem Schreibtisch und hob den Dolch erneut hoch. Diesmal hielt sie ihn unter eine Lampe und begutachtete ihn fachmännisch. „Das hier sieht aus wie getrocknetes Blut.“
„Tatsächlich?“, tat Lucy überrascht. „Damit steigt der Preis auf fünfundsiebzigtausend.“
Die Frau riss die Augen auf, dann grinste sie. „Sie machen sich über mich lustig.“
Lucy verzog die Lippen. „Vielleicht ein klein wenig.“
Das Gespräch der Männer schien intensiver zu werden. Leider hatten sie inzwischen die Bürotür geschlossen. Offenbar waren es keine guten Neuigkeiten, die Michael zu überbringen hatte. Wäre seine Partnerin nicht hier, um mich abzulenken, hätte ich einen Weg gefunden, um die Männer zu belauschen, dachte Lucy. Sie hatte bei ihrem Vorstellungsgespräch eine Wanze in dem Blumentopf neben Alejandros Schreibtisch angebracht und eine in seinem Telefon eingebaut, als er sie beim Ausfüllen ihrer Einstellungspapiere allein gelassen hatte. Ob Michael sie doch erkannt hatte? Und Alejandro jetzt über sie aufklärte? Sie hatte immer darauf geachtet, nicht in der Nähe zu sein, wenn der FBI-Agent zu Besuch kam. Aber dieses Mal war er ohne Vorankündigung aufgetaucht.
Trotzdem, wenn er sie erkannt hätte, dann hätte sie doch sicher längst Handschellen um.
Wahrscheinlich befände sie sich schon in einem dieser düsteren Verhörräume und müsste Fragen über Daniel beantworten. Daniel war der dritte der Murrieta-Brüder, von dessen Existenz Alejandro bis jetzt wohl keine Ahnung hatte.
„Ich bin übrigens Ruby“, sagte die Agentin. „Special Agent Ruby Dawson.“
Lucy streckte die Hand aus. „Lucienne Bonet.“
Der Händedruck der Agentin war kurz, aber kraftvoll. Falls sie Lucy insgeheim einzuschätzen versuchte, ließ sie sich jedenfalls nichts anmerken.
Agent Dawson legte den Dolch zurück in die Vitrine und schaute sich erneut im Raum um. Lucy kehrte an ihren Schreibtisch zurück.
„Arbeiten Sie schon lange hier?“, erkundigte sich Ruby. Sie fächelte sich mit dem Revers ihres Jacketts Luft zu.
Lucy hatte kurz vorher die Temperatur der Klimaanlage etwas wärmer eingestellt. Sie brauchte einen Vorwand, um ihren Nacken zu entblößen, wenn sie mit Alejandro allein war. Er sollte möglichst oft an Sex denken und sich nicht etwa fragen, ob die Frau, der er seine Auktion anvertraute, ihm womöglich seinen kostbarsten Besitz stehlen wollte.
Wenn sie das verdammte Ding nur finden würde!
„Knapp zwei Monate“, erwiderte sie.
„Und Sie bleiben, bis alles verkauft ist?“
„Ich denke ja. Señor Aguilar hat das meiste Personal entlassen, als wir das Auktionshaus übernommen haben. Er hat nur ein paar Lagerarbeiter für die schwereren Transporte behalten. Ansonsten sind wir beide allein hier.“
„Wie gemütlich.“
Lucy lächelte dünn. Leider war es nicht annähernd so „gemütlich“, wie sie es sich sowohl aus professionellen als auch aus persönlichen Gründen gewünscht hätte.
Sie hatte nur ein Ziel gehabt, als sie hierhergekommen war: den Ring zu finden, den Ramon Murrieta täglich getragen hatte. Den Ring, der Daniel Burnett, ihren Adoptivbruder, am Leben erhalten würde.
Sie wusste nicht, wie oder warum ein Schmuckstück so viel Macht besitzen konnte, aber es war nicht ihre Aufgabe, Fragen zu stellen. Daniel saß im Gefängnis wegen eines Verbrechens, das er nicht begangen hatte. Er war der führende Kopf. Er plante die Diebstähle und führte sie aus; sie verkaufte die Ware jeweils zum Höchstpreis. Diese enge Beziehung funktionierte seit vielen Jahren, denn Lucy vertraute Daniel genug, um seine Motive nicht zu hinterfragen.
Dieses Mal allerdings hatte er gefordert, dass sie das Stehlen übernehmen sollte, und bis jetzt war ihr das nicht gelungen. Sie hatte die gesamte Sammlung akribisch durchsucht. Sie hatte sich sogar mit einigen von Ramons wichtigsten Kunden getroffen, angeblich um mit ihnen über die bevorstehende Auktion zu sprechen. Immerhin hatte sie in Erfahrung bringen können, dass Ramon ohne den Ring beerdigt worden war.
Letzte Woche hatte sie es sogar unter dem Vorwand, wichtige Dokumente zu suchen, bis ins Wohnhaus der Familie Murrieta geschafft und sich dort unauffällig umgeschaut. Falls Michaels Mutter den Ring besaß, hatte sie ihn gut versteckt. Lucy hatte keinerlei Dokumente gefunden, denen zu entnehmen wäre, dass Murrieta oder
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