Tiffany Lieben & Lachen Band 0012 (German Edition)
urteilen. Noch mehr Geschwindigkeit herauskitzeln zu wollen, würde das Auto womöglich überstrapazieren, und Baily hatte nach dem Fiasko mit den Reifen genug von solchen Turbulenzen.
“Ich will bloß, dass er hundertzwanzig fährt. Ist das zu viel verlangt? Das Leben meiner Schwester ist nach wie vor in Gefahr!”
“He, ich habe gesagt, ich würde uns zum Mount Rushmore bringen, und das werde ich auch. Außerdem macht Paulette schon, was sie kann.”
“Paulette?”, wiederholte Daniel. “Wer um alles in der Welt ist Paulette?”
“So heißt mein Wagen. Und ihr Nachname lautet Revere”, erklärte Baily, als sei es völlig normal, einem Wagen einen Namen zu geben.
“Paulette Revere?”
“Nach dem berühmten Paul Revere, der 1775 mit Wiliam Dawes den legendären Ritt von Boston nach Lexington unternahm, um die amerikanischen Freiwilligen vor dem Anrücken der Briten zu warnen”, erklärte Baily lächelnd. “Kennst du die Geschichte deines Landes? Viele Menschen kennen sie nicht. Die glauben, die Vergangenheit habe keine Bedeutung für uns. Aber das stimmt nicht. Die Geschichte formt unsere Gegenwart. Ohne die Kenntnis der Vergangenheit können wir nicht verstehen, wer wir sind.”
“Du hörst dich an wie eine Lehrerin, die Geschichte unterrichtet.”
“Ausgezeichnet.” Sie strahlte. “Ich bin nämlich Lehrerin, die Geschichte unterrichtet und noch einige andere Fächer. Ich habe an einer kleinen Konfessionsschule gearbeitet. Wir mussten irgendwie mit dem Kollegium auskommen, das wir hatten. Deshalb war ich in drei Klassen Geschichts-, Sport-, Musik- und Kunstlehrerin.”
Daniel war beeindruckt. “Du musst sehr begabt sein, um all das zu unterrichten.”
“Oh, ich kann kein Instrument spielen und auch nicht zeichnen oder Seil springen. Ich unterrichte einfach Musikgeschichte, Kunstgeschichte und …”
“Seilspringgeschichte?”
“Sportgeschichte.”
“Natürlich”, meinte Daniel trocken.
“Was ist mit dir? Worüber möchtest du dich unterhalten?”
“Über Bäume.”
“Du liebst Bäume?” Baily war neugierig auf sein Leben. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass er bisher seine Arbeit erwähnt hatte. Angesichts dessen, was sie heute Morgen mit sich hatte machen lassen, wäre es ganz nett zu wissen, womit der Mann seinen Lebensunterhalt verdiente. Und es würde ihnen wieder Gesprächsstoff liefern. Außerdem würde sie bei einer ausgiebigen Unterhaltung über Bäume bestimmt keine Lust bekommen, ihren zukünftigen Verlobten zu betrügen.
“Mir gefällt die Idee, sie zu schützen”, erklärte Daniel. “Ich installiere Computersysteme, die die Wachstumsrate und die für die optimale Gesundheit der Bäume erforderliche Regenmenge registrieren. Die Software kann die Pflanzer vor Erdrutschen und so weiter warnen. Es ist ja schön und gut, zu sagen, man fällt Bäume und pflanzt neue an. Aber wenn die Aufforstung nicht unter idealen Bedingungen geschieht, werden die jungen Bäume absterben. Damit riskieren wir, dass uns letztlich das Holz ausgeht, ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die Umwelt.” Daniel sah zu Baily, da er annahm, dass sie inzwischen eingeschlafen sein müsste. Die meisten Frauen schliefen ein, sobald er von seiner Arbeit zu reden begann. Doch Baily lächelte interessiert.
“Weiter. Erzähl mir, wie jemand aus Philadelphia dazu kommt, sich für Bäume zu interessieren.”
Er dachte nicht oft darüber nach, denn wenn er es tat, musste er an seine Eltern denken, und das war gewöhnlich schmerzlich. Diesmal drängte es ihn jedoch, die Geschichte zu erzählen. Wieso, wusste er nicht, denn er war nicht der Typ, der vor Fremden seine Lebensgeschichte ausbreitete, im Gegensatz zu Baily, die freizügig über alles sprach.
Weshalb war es wichtig, dass Baily die Geschichte hörte? Schließlich hatte er nicht vor, ihre Beziehung zu vertiefen. Daniel war entschlossen, mit ihr zu schlafen, und er war ebenso entschlossen, am Ende der Reise Auf Wiedersehen zu sagen. Sie würde Herby heiraten und eine Familie gründen. Er würde nach Seattle zurückkehren, allein und ungebunden. Das mochte zwar ein wenig herzlos klingen, aber das ließ sich nicht ändern.
Vielleicht wollte er ihr die Geschichte erzählen, weil sie eine so gute Zuhörerin war. Vielleicht auch, weil ihm bisher niemand diese Frage gestellt hatte. “Ich bin reich.”
“Oh.” Mehr fiel Baily dazu nicht ein. Doch, etwas noch: “Das ist schön.”
Daniel grinste. “Ich sage das nicht, um zu
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