Tiffany Lieben & Lachen Band 0012 (German Edition)
“Fällt dir etwas ein, Schätzchen?”
“Nein. Außer dass du nicht von gestern bist, Mommy. Du bist doch viel älter, fast so alt wie Tante Celeste.”
“Am Rande der Senilität”, verkündete Rowans Tante, die soeben aus dem Hinterzimmer herbeirauschte. Celeste war allerdings alles andere als senil, auch wenn sie durch ihre Vorliebe für Blümchenmuster bei vielen Zeitgenossen einen entsprechenden Eindruck erweckte. Nicht jedoch bei Rowan, die selbst einen noch eigenwilligeren Geschmack hatte, was Kleidung betraf.
Celeste hob drohend den perfekt manikürten Zeigefinger in Abbys und Macs Richtung. “Na, und wie geht’s euch beiden heute?”
“Super! Wir waren auf Kundenfang. Einen hatten wir schon.”
“Ja, aber Mommy hat ihn entwischen lassen”, fügte Abby hinzu.
“Wir hätten ihn wohl kaum festhalten können”, verteidigte sich Rowan.
“Wie habt ihr das nun wieder angestellt?”, fragte Celeste interessiert.
“Mit einer Schnur natürlich”, erklärte Mac.
“Natürlich”, stimmte Celeste zu. “Du wirst noch mal ein richtiges Marketing-Ass. Aber jetzt möchte ich, dass ihr beiden spielen geht. Eure Mom und ich haben etwas zu besprechen.”
Die Zwillinge trollten sich, und Celeste setzte erst einmal ihre Brille auf und blätterte die Post durch. “Rowan, ich habe einen Mieter für den Laden nebenan und das darüberliegende Apartment gefunden”, sagte sie beiläufig. “Ich hätte nie gedacht, dass ich die Räume jemals wieder an den Mann bringen könnte.”
Rowan wurde schwindlig. Sie zog den erstbesten Stuhl, den sie greifen konnte, zu sich heran und setzte sich. Celeste blickte nicht einmal auf.
“Ruhe und Abgeschiedenheit, das ist es, was der neue Mieter will. Er verlangt sogar, dass die Verbindungstür zwischen den beiden Geschäften beseitigt wird. Ich habe deswegen für Montag die Handwerker bestellt. Ja, Ruhe ist ihm absolut wichtig. Er wollte wissen, ob die Leute, die neben ihm wohnen – also ihr, meine Liebe – viel Lärm machen. Ich habe die Wahrheit ein bisschen geschönt und behauptet, ihr wärt so leise wie Mäuschen.”
Rowan nickte nur. Sprachlos blickte sie zu der Verbindungstür, die zu den Räumen führte, die außer dem Ladengeschäft noch zu Celestes Besitz gehörten. Es war dort verstaubt und muffig und enthielt ziemlich viel Gerümpel. Aber für Rowan war es der schönste Ort, den sie sich vorstellen konnte, denn sobald sie genügend Geld zusammenhätte, würde sie dort ihr eigenes Schneideratelier einrichten. Zumindest hatte sie das bis vor wenigen Sekunden geglaubt. Nun, so ohne Weiteres würde sie ihren Traum nicht aufgeben.
“Warum braucht der Kerl eigentlich so viel Ruhe und Abgeschiedenheit? Kommt mir sehr verdächtig vor. Hast du ihn polizeilich überprüfen lassen?”
Tante Celeste schnaubte ungeduldig. “Na, hör mal, er ist der Sohn eines alten Freundes … eines sehr guten alten Freundes.”
Sicherlich eine von Celestes “skandalösen Liebschaften”, wie Rowans erzkonservativer Vater sagen würde. Sie wusste, sie musste ihre Worte jetzt sehr vorsichtig wählen, wenn sie gegen den “Sohn eines sehr guten alten Freundes” etwas ausrichten wollte.
“Und er kann sich die Miete leisten”, fügte Tante Celeste hinzu. “Mehr brauche ich über ihn nicht zu wissen.”
“Das ist ziemlich vertrauensselig. Wir sind hier nicht in Hart auf der Farm, weißt du?”
Entrüstet schob Celeste ihre Brille zurecht. “Allerdings weiß ich das. Und es ist mir auch schon aufgefallen, dass es zum Beispiel solche Leute nicht zu Hause gab.” Sie deutete auf zwei Motorradfahrer in schwarzer Lederkluft, die Händchen haltend vor dem Schaufenster standen.
“Rowan, ich lebe jetzt seit dreißig Jahren in Royal Oak. Und all die Jahre habe ich mein Geschäft erfolgreich geführt, ohne die Leute, mit denen ich zu tun hatte, polizeilich überprüfen zu lassen.”
“Schon gut”, erwiderte Rowan nicht sehr begeistert. “Bestimmt ist alles in Ordnung.”
Tante Celeste seufzte. “Ich habe keine Ahnung, was dich bedrückt, und ich weiß, du wirst es mir nicht sagen.”
“Nichts bedrückt mich. Sag mir nur, was du von mir willst.”
“Vor allem kannst du mal aufhören, so zu tun, als stünde dir die schlimmste aller Katastrophen bevor. Ich würde sagen, die hast du schon hinter dir.”
“Danke, danke.”
“Nun lass den Kopf nicht hängen”, sagte Tante Celeste. “Der neue Mieter ist kein Serienkiller. Er könnte dir sogar gefallen, glaube ich.”
Rowan
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