TIFFANY SEXY Band 59
Sehnsucht fühlte, mit ihm zusammen zu sein, das gleiche schmerzliche Bedürfnis, ihn zu berühren.
Er hatte noch nie eine Frau geliebt, hatte noch nie den Drang verspürt, sich vor einer Frau niederzuwerfen, doch bei Cleo schwand sein Stolz in Lichtgeschwindigkeit. Es war erbärmlich.
Schweigend band er sie los. Die hellrote Seidenkrawatte fiel zerknittert auf die Erde.
„Sean“, sagte Cleo leise. Jeder Ärger war auf einmal aus ihrem Gesicht verschwunden.
„Was?“, fragte er vorsichtig.
„Bei dir – nur bei dir – würde ich betteln.“
Sie hätte es nicht sagen sollen, aber sie hatte ihren Kampfwillen verloren. Nervös schluckte Cleo und rechnete damit, dass er sich hämisch freute.
Er tat es nicht.
Stattdessen musterte er sie prüfend, bevor er ohne eine Spur von Triumph nickte. „Danke“, erwiderte er schlicht. „Ich sollte jetzt gehen. Du musst arbeiten. Und ich auch.“
„Sean?“, fragte sie, weil sie nicht bereit war, ihn gehen zu lassen. Noch nicht.
„Ja?“
„Möchtest du vielleicht einen Kaffee mit mir trinken? Ich habe noch eine halbe Stunde Zeit.“
Er lächelte verhalten. „Gute Idee.“
Das Café lag gleich um die Ecke. Sie bestellten und fanden ganz hinten einen freien Tisch, eingezwängt zwischen Touristen mit Digitalkameras, die geduldig darauf warteten, dass am Gericht die Dreharbeiten für die Fernsehserie „Law and Order“ begannen. Es waren auch ein paar Anwaltstypen da, die Sean kannten, wunderte sie das wirklich?
Sean war ihr nahe, ihre Knie berührten sich, doch es war nicht das übliche drängende Berühren, das ihr Blut zum Summen brachte. Dies war anders. Irgendwie gemütlich. Eine völlig neue Situation für sie beide.
Sie unterhielten sich zuerst darüber, wie sie zu ihrem Beruf gekommen waren, dann erkundigte sich Cleo nach seinen Brüdern. Sean lud sie daraufhin ein, in die Bar zu kommen, um Gabe und Daniel kennenzulernen. „Ich bringe dich auch früh nach Hause“, bot er an, bevor sie widersprechen konnte.
„Mal sehen. Erzähl mir von deinen Brüdern. Vermisst du sie manchmal? Ich meine, wenn du sie längere Zeit nicht triffst?“ Ihre Familie war immer klein gewesen. Jetzt hatte sie nur noch ihre Mutter und ihren Onkel. Sie machte sich Gedanken, was passieren würde, wenn sie allein zurückbliebe.
„Natürlich vermisse ich sie. Ich habe Freunde, aber das ist nicht dasselbe. Wir drei haben fünfzehn Jahre lang ein Zimmer geteilt. Einerseits war es total nervend, andererseits fand ich es toll, mich auch spätabends noch mit jemandem unterhalten zu können. Das fehlt mir.“
„Daher die mitternächtlichen Telefonanrufe?“, fragte sie lächelnd.
„Ja.“
„Es macht mir nichts aus.“
„Da bin ich froh. Bist du in New York aufgewachsen?“
„Geboren und aufgewachsen. Ich habe fast mein ganzes Leben im selben Stadthaus an der West Side gewohnt“, erzählte sie.
„Immer noch?“, erkundigte sich Sean in beiläufigem Ton.
Vorsichtig nickte sie.
„Interessant“, murmelte er, drängte jedoch nicht weiter.
„Wo bist du aufgewachsen?“
„In der Bronx, bis meine Mutter es dort nicht mehr aushielt und meinen Vater zwang, mit uns an die Lower East Side zu ziehen, lange bevor das Viertel in Mode kam.“
„Leben deine Eltern noch?“
Sean senkte den Blick. „Nein. Dad ist vor fast zwanzig Jahren gestorben, und meine Mutter starb direkt nach dem elften September. Mein Bruder Daniel hat bei den Anschlägen seine Frau verloren.“
„Das tut mir leid.“
„Mir auch.“
Cleo hob ihre Tasse. „Auf bessere Zeiten.“
Er schaute sie an und nickte. „Darauf trinke ich.“
Sie unterhielten sich noch ein paar Minuten, bis Cleo widerwillig auf die Uhr sah. „Ich muss gehen. Es ist beinahe halb neun.“
„Triff dich heute Abend mit mir, Cleo. Bitte.“
Ergeben nickte sie. „Ich kann aber nicht lange bleiben.“
Er lehnte sich über den Tisch und küsste sie zart.
„Ich weiß“, sagte er. „Wir kriegen das hin.“
Am Nachmittag verkroch Sean sich in sein Büro und tat so, als würde er sich auf seinen Prozess vorbereiten. Stattdessen starrte er zwei Stunden lang auf einen Fleck an der Wand und versuchte zu verstehen, wann aus dem Funken eine Flamme und aus der Flamme ein Höllenfeuer geworden war.
Er liebte Cleo.
Bei diesem Gedanken brach ihm der Schweiß aus. Noch nie zuvor hatte er solche Angst empfunden. Was, wenn sie entgegen ihrer Behauptung doch verheiratet wäre? Oder wenn sie ein Kind hätte? Ein Kind macht dir nichts
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