Tiffany Sexy Band 85
Dinge unterhalten und sich schon lange kennen. Er klang überhaupt nicht arrogant oder gelangweilt, dabei war es für ihn doch ein Abend wie viele zuvor.
Apropos Aufregung. „Wir sind auf der Modewoche, und ich trage ein selbst genähtes Kleid. Mein Schal …“ Im Second-hand-Laden hatte sie fünfzig Cent dafür bezahlt, aber das musste sie ihm ja nicht auf die Nase binden. „Himmel!“
Er betrachtete sie grinsend. War es, weil sie so anders, ja geradezu lächerlich anders aussah als die anderen, denen sie gleich begegnen würde? Oder gefiel sie ihm, so wie sie war? Jetzt beugte er sich zu ihr und krümmte den Zeigefinger, damit sie näher rückte. Verschwörerisch nahe.
„Im Modebusiness kommt es auf Originalität und Talent an. Alle werden Sie und Ihr Kleid anschauen und sich fragen, wer der neue Designer ist. Sie sollten die Kuh melken, solange das Euter prall ist.“
Sie musste lachen. „Das haben Sie aber nett gesagt.“ Sie berührte seinen Handrücken wie um ihm zu versichern, dass sie es ehrlich meinte. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie nur wenige Zentimeter voneinander trennten. Sie konnte seinen Atem auf ihrer Wange spüren, die Wärme seines Körpers, die ihren einhüllte.
Die Tatsache, dass sie so etwas Außerordentliches erlebte, war geradezu Furcht einflößend. „Ich weiß nicht, ob ich ernst bleiben kann.“
„Sehen Sie gelangweilt aus“, empfahl er ihr. „Das ist der Schlüssel. Tun Sie so, als würden Sie lieber sonst wo sein als hier, und alle werden glauben, dass Sie der nächste Knüller sind.“
„Gelangweilt aussehen. Das kann ich gut.“ Sie musste sich ein wenig zurücklehnen, denn die Nähe zu Charlie verwirrte sie. „Aber nein, das geht nicht, nicht hier. So gut schauspielern kann niemand. Ich werde die Leute beobachten. Das sieht genauso wie gelangweilt aus.“
Er lehnte sich auch zurück. Als er lächelte, bildeten sich kleine Falten um seine Augen.
„Beobachten – das könnte klappen. Vergessen Sie nur nicht, dass da draußen niemand ist, von dem Sie sich einschüchtern lassen müssen. Na ja, fast niemand. Aber die werden Sie wahrscheinlich ohnehin nicht kennenlernen.“
Er war wirklich gut. Natürlicher Charme, Taktgefühl und perfekte Manieren. Damit sie sich wohlfühlte, während sie den Mount Everest ihrer kühnsten Träume erklomm? Wundervoll, doch sie sollte besser mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben. Der Absturz könnte sonst schmerzhaft werden. „Ich habe mal einen Artikel über eine Frau gelesen, deren Leidenschaft das Kino war“, erzählte sie. „Sie hat einen Job beim Film bekommen. Am Ende war es eine traurige Angelegenheit, hat sie gesagt. Sie hätte die Illusionen geliebt, die Figuren, die Fantasie. Nachdem sie einmal hinter den Vorhang geschaut hatte, war nichts mehr wie zuvor.“
Charlie trank den letzten Schluck seines Champagners und stellte das leere Glas langsam in das Fach neben dem Eiskühler, als dächte er über ihre Worte nach.
„Das verstehe ich. Die meisten furchtbar berühmten Leute, die ich kenne, haben auch furchtbare Probleme. Nicht alle, aber eine ganze Reihe.“
„Ich glaube nicht, dass ich enttäuscht sein werde. Ich weiß, dass das alles nur eine Illusion ist. Damit habe ich kein Problem. Ich kenne das normale Leben. Eigentlich kenne ich nur das normale Leben. Doch das war nichts für mich.“
„Wo war das denn – dieses normale Leben?“
„In Ohio. Sagt Ihnen Hicksville was? Kleines Kaff. Große Familie. Glücklich und harmonisch. Meine Eltern hatten viele Geschwister, ich habe viele Geschwister. In meiner Familie wollen alle heiraten, wenn sie es nicht schon getan haben, einen Stall voller Kinder und nicht weit weg von unserem Elternhaus wohnen. Wir könnten Norman Rockwell Modell gestanden haben. Ich habe es gehasst wie die Pest. Nicht meine Familie, die ist großartig, aber dieses Leben. Alles war so vorhersehbar. Die Sonntagsessen und die Babypartys. Man kannte jeden im Supermarkt und brauchte im einzigen Restaurant der Stadt gar nicht mehr auf die Speisekarte zu schauen. Ich musste da weg.“
Sie holte tief Luft. Die Limousine roch nach Manhattan, nach großer Welt. „Ich wollte Unvorhersehbares und viele Leute kennenlernen, die es alle eilig haben. Ich wollte bis vier Uhr morgens durch die Bars ziehen, obwohl ich um acht zur Arbeit muss, ich wollte Dinge essen, deren Namen ich nicht aussprechen kann, und ich wollte mir das Herz brechen lassen von eiskalten Männern in fantastischen
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