Tiffany Valentinsband Band 1
geschlafen hatte. Er fragte sich nur, was sie jetzt daraus machten.
„Na?“, fragte er, das Wort klang bedeutungsschwanger, obwohl er nicht ganz sicher war, wonach er fragte. Ziehst du das Zeug nun an. Oder ziehst du dich aus? Wirst du mich jetzt mit deinen Händen genauso berühren, wie du es grade mit deinen Augen tust?
Ruckartig wandte sie sich um und schnappte sich die Schuhe und das Tuch. „Ich brauche Privatsphäre.“
Er lachte leise. „Ich auch, wie’s aussieht.“
Sie murmelte irgendetwas vor sich hin, ehe sie hinter einem Busch verschwand. Raine genoss diesen Moment. Er wusste, dass er bei Ashlynn selten genug das letzte Wort behalten würde.
Als sie wenige Minuten später zurückkam, gluckste er nicht nur, er lachte laut heraus.
„Noch ein Ton und ich zieh das wieder aus.“
Hmm. Das könnte interessant werden . Besonders da sie trotz dieses abscheulichen Kleides und den unter dem Tuch verborgenen Haaren, reizend war. Viel zu schön, um nicht aufzufallen.
Er runzelte die Stirn. „Warte“ Er wühlte in seinem Beutel und zog einen Ledergürtel und ein paar Kleidungsstücke hervor und reichte alles Ashlynn. „Stopf das unter das Kleid, damit du wie eine Matrone wirkst.“
Sie tat, was er sagte. Das Ergebnis war ein wenig besser … oder schlimmer, ganz wie man wollte.
„Denk an dein Gesicht“, erinnerte er sie, während er sich bückte, um sich selbst Erde ins Gesicht zu schmieren. Die Kleider, die er für sich gekauft hatte, waren ebenso scheußlich wie ihre, und die feuchte Erde machte es noch schlimmer. Obendrein rieb er sich noch Erde in die Haare, ins Gesicht und auf seine Unterarme.
Ashlynn tat es ihm gleich, bis beide aussahen, als wären sie eben von einem Rübenlaster gefallen. Buchstäblich.
„Fertig?“
„Fertig“, bestätigte sie. „Wenn wir im Dorf sind, muss ich zum ‚Nachtmahrs Ende‘. Es sollte nur ein paar Minuten dauern.“
„Verwahrt da jemand etwas für dich auf?“, fragte er skeptisch, als er sich an die zwielichtigen Gestalten in der Schenke erinnerte.
Sie schüttelte den Kopf, erklärte aber auch nichts weiter.
Raines Neugier wuchs, doch je länger sie marschierten, desto mehr wandelte sich diese Neugier in Anspannung. Das konnte alles so was von schiefgehen. Wie konnte jemand sie ansehen und unter dem Schmutz und den Lumpen nicht die schöne Frau erkennen?
Er versuchte sich – und sie – abzulenken, indem er sie nach ihrem Leben in Elatyria fragte. Es klang ganz so, als wäre ihre Kindheit wie ein Märchen verlaufen – von dem Tod ihrer Mutter über die Liebe eines Vaters, der sie vergötterte, bis hin zu der bösen Stiefmutter. Glücklicherweise waren Dinge wie Scheidung bereits in dieser Welt angekommen, und so hatte diese unglückliche Ehe nur ein Jahr gedauert. Fakt war, dass Ashlynn und ihr Vater sich sehr nahe gestanden hatten und sein Tod sie noch immer schmerzte.
Das Gespräch lenkte ihn dennoch nicht ab. Im Gegenteil, je näher sie dem Dorf kamen, desto schwerer drückte ihr Vorhaben auf seinen Schultern. Man hatte ihn bezahlt, sie zu beschützen, aber auch ohne Geld hätte er das getan. Ashlynns Leben war wertvoll, es musste beschützt werden. Um jeden Preis.
Eine Erkenntnis, die ihn überraschte. Normalerweise schätzte er keine Haut so sehr wie seine eigene. Aber es stimmte. Er würde alles tun – alles riskieren –, um sie zu beschützen. So hatte er sich das nicht ausgerechnet, und schon gar nicht geplant. Aber seit er neben ihr gewohnt, sie belauscht und beobachtet hatte, wusste er, dass Ashlynn Scott etwas ganz Besonderes war.
„Bist du sicher, dass du das machen willst?“, fragte er, als sie den Waldrand fast erreicht hatten. „Ich könnte dieses Ding für dich holen.“
Sie reckte die Schultern. „Ich mache es.“
„Du traust mir immer noch nicht, was?“
„Nicht in dieser Sache.“
„Aber dein Leben vertraust du mir an? Das ist eine ziemlich verdrehte Logik, Lady.“
„Manche Menschen würden sagen, dass das, um was es hier geht, mehr wert ist als mein Leben.“
„ Manchen Menschen sollte man Manieren einprügeln.“
Neugierig sah sie zu ihm. „Macht man so etwas in deiner Welt?“
Er grinste. „Klar. Man nimmt dafür Baseballschläger.“
Sie schien verwirrt, aber er hatte keine Zeit für Erklärungen. Sie waren angekommen.
Im Dorf herrschte reges Treiben – viele Leute kamen an diesem Morgen wegen des Marktes – es gab keine bessere Zeit, unbemerkt hineinzukommen und hoffentlich in einer
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