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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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stärker, und sie benutzte ihre Gabe, um hart an den Kettengliedern zu zerren. Dann fühlte sie, wie eines nachgab, und ein Gefühl von Triumph durchströmte sie.
    »Wie lange kennen Sie Ihren Vater schon?« Sie wollte ihren Verstand mit einer Frage - mit Reden - von den Schmerzen ablenken. Sie hustete, lehnte sich gegen den Pfeiler und schmeckte Blut auf ihrer Zunge. Durch das Rauschen in ihren Ohren hörte Dela Lises Stimme, die jetzt ruhiger und beherrschter klang.
    »Ich habe ihn das erste Mal vor etwa drei Wochen getroffen, aber er hat schon mein ganzes Leben lang für mich bezahlt. Meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt gestorben. Mein Dad hat Kinderschwestern engagiert, die mich erzogen haben. Ich habe immer davon geträumt, ihn einmal kennenzulernen. Meine Erwartungen waren zwar nicht besonders hoch, aber das hier...«
    »Was hat er Ihnen erzählt?« Dela konzentrierte ihre ganze Macht auf den Stahl. Das Kettenglied bog sich weiter auf.
    »Nichts«, flüsterte Lise. »Jedenfalls nichts von Bedeutung. Er hat mir befohlen, zu essen oder den Mund zu halten. Er sagt mir, wann ich schlafen gehen soll. Und dass ich nicht entkommen kann. Er fordert mich auf, eine gute Tochter zu sein.« Sie verstummte kurz, als erschauere sie. Als Lise dann weitersprach, klang ihre Stimme kräftiger. »Ich glaube nicht, dass er dieses Haus hier schon lange besitzt. Es gibt keine Möbel und kaum was zu essen. Er hat mich vom ersten Tag an eingesperrt, aber ich konnte aus dem Fenster etwas erkennen. Um uns herum gibt es nur Wald und vielleicht Berge. Aber da bin ich mir nicht sicher.«
    Dela biss die Zähne zusammen, konzentrierte sich auf das Kettenglied der Handschelle und zog mit aller Kraft.
    Das Glied brach.
    Dela keuchte.
    »Sind Sie okay?«, fragte Lise.
    »Mir geht’s gut«, erwiderte Dela atemlos. »Ich habe mich gerade befreit.«
    »Was? Wie denn? Sie tragen doch Handschellen!«
    Es war Dela unmöglich, sich auszustrecken. Sie musste ausruhen und keuchte bei jeder noch so leichten Bewegung ihrer Schultern.
    »Waren Sie jemals... oh, Mist, das tut vielleicht weh... konnten Sie jemals merkwürdige Dinge tun? Lise? Sie wissen schon, Sachen, die Sie sonst nur in Filmen sehen. Haben Sie zufällig mal gesehen, wie Ihr Vater so etwas gemacht hat?«
    Lises beredtes Schweigen war Antwort genug. Dela setzte nach, während sie gleichzeitig ihre Kraft sammelte, um sich aufzurichten. »Ich weiß nicht, warum Ihr Vater Sie hergebracht hat, aber... o Gott, puh!« Dela hielt sich die Rippen, während sie auf die Knie ging. Sie fühlten sich gebrochen an. Schlimmer noch, irgendwie hatte sie das Gefühl, dass auch lebenswichtige Organe in ihrem Körper in Mitleidenschaft gezogen worden waren.
    »Dela?« Lise klang panisch. Dela hörte noch, wie die Handschellen des Mädchens rasselten, als es im Keller plötzlich hell wurde. Strahlende Kugeln tanzten durch die Dunkelheit, silberfarben wie Mondlicht.
    »Ah.« Dela starrte das Mädchen an.
    Lises Augen waren vor Schreck weit aufgerissen. »Bitte haben Sie keine Angst«, flehte sie. »Bitte. Sie sind ganz harmlos. Ich wollte es Ihnen eigentlich gar nicht zeigen, aber als Sie aufschrien...«
    »Shh«, beruhigte Dela sie. »Warum habe ich Ihnen wohl all diese Fragen gestellt, hm? Ich kann auch solche Dinge tun, Lise.«
    »Will er Sie deshalb?« Das Mädchen beugte sich so weit vor, wie seine Fesseln es erlaubten.
    Die Kugeln flackerten und schwebten auf Dela zu. Sie strahlten keine Hitze ab, aber Delas Haut kribbelte, als würde sie statisch aufgeladen. Von wegen Wissenschaft, dachte Dela. Von jetzt an heißt es hier nur noch Magie.
    Sie versuchte aufzustehen, hatte aber nicht genug Kraft.
    Stattdessen öffnete sie ihr Bewusstsein und tastete nach Lises Handschellen. Dela erwartete eigentlich, dass der Magier diese Energie spürte, aber über ihr blieb alles ruhig.
    »Er benutzt mich als Köder für einen Mann namens Hari«, erklärte sie. »Die beiden sind alte Feinde. Sehr alte Feinde. Vor langer Zeit hat Ihr Vater Hari auf eine Art misshandelt, die man nicht einmal beschreiben kann. Ich nehme an, dass er den Job jetzt beenden will.«
    Die Kette der Handschellen zerbrach, und Lise starrte auf die eisernen Spangen an ihren Handgelenken, von denen die zerbrochenen Kettenstücke herabbaumelten. »Wie cool!«, sagte sie, sprang auf und eilte zu Dela. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
    Du bist ein gutes Mädchen. Ich mag sie, auch wenn ihr Vater ein Psychopath ist.
    »Geben Sie mir einfach die Hand,

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