Tiger Eye
Haris Gesicht bemerkte, während er das Flugzeug verließ. Die Flugbegleiterinnen hätten vermutlich eine Orgie verlangt.
Sie erschauerte.
Offenbar war Hautkontakt außerhalb des Flugzeugs jedoch in Ordnung, denn Hari nahm sofort Delas Hand und fuhr mit den Lippen zart über ihre Knöchel. »Danke, dass du so geduldig mit mir warst.«
»Geduldig?« Erneut wäre sie beinahe in hysterisches Lachen ausgebrochen. Da dies aber unschicklich gewesen wäre, begnügte sich Dela mit einem Grinsen. »Vielleicht sollte ich dir danken. Ich habe noch nie jemandes Augen zum Glühen gebracht.«
Die Erinnerung an seine goldenen Augen, die wie ein Sonnenaufgang gestrahlt hatten, hatten sie einen großen Teil des Fluges über beschäftigt. Unmenschlich und wunderschön, sie fragte sich, welche anderen Überraschungen Hari noch für sie bereit hielt.
Solche wie jetzt zum Beispiel. Er blinzelte und sah sie vollkommen verblüfft an. »Meine Augen haben geglüht?«
»Ja.« Seine Reaktion verwirrte sie. Er benahm sich fast so verwundert, wie sie sich gefühlt hatte, als sie diese Veränderung in seinen Augen bemerkte. »Du weißt schon, nach diesem ganzen... Ding mit dem Sicherheitsgurt.«
Hari blieb vollkommen reglos stehen. Sein Schweigen bereitete Dela Unbehagen. »Was ist denn los?«, erkundigte sie sich.
Hari schüttelte den Kopf. Sein Blick war immer noch abwesend. »Nichts, was nicht warten könnte. Ich erzähle es dir ein andermal.«
Dela schmollte, und Hari seufzte.
»Bitte«, sagte er. »Ich muss darüber nachdenken, was es bedeutet.«
»Einverstanden«, gab sie nach und lächelte. »Fürs Erste.«
Dies schien ihn zu erleichtern, und Dela schalt sich für ihre brennende Neugier. Hari war nicht in sie gedrungen, ihm ihre Geheimnisse zu verraten, also konnte sie ihm wenigstens die gleiche Höflichkeit erweisen.
Aber trotzdem, seine Augen hatten geglüht!
Ohne Schwierigkeiten kamen sie durch den Zoll, obwohl Delas Nerven ihre kurze Begegnung mit dem forschen Sicherheitsbeamten kaum ertrugen, der Hari mit einer Mischung aus Unglauben und Arroganz ansah.
»Basketballspieler?«, fragte er schließlich, als Dela sein schweigendes Starren nicht mehr ertragen konnte.
Hari runzelte die Stirn, und Dela kam ihm zu Hilfe. »Kampfsport.«
Der Beamte knurrte. »Noch schauriger.«
Er gab ihnen die Pässe zurück und winkte sie durch.
Delas Koffer wartete in der Gepäckabholung auf sie und drehte auf dem Laufband langsam seine Runden. Hari hob sich die riesige Segeltuchtasche über die Schulter, und Dela beschloss, ihm nicht zu sagen, dass diese Tasche Räder hatte. Er benahm sich, als würde sie nichts wiegen, obwohl sie genau wusste, dass der Inhalt der Tasche mindestens siebzig Pfund wog.
Außerdem sieht er sexy aus, wenn er den Macho mimt. Allerdings gelang es Hari auch, umwerfend männlich auszusehen, wenn er sich die Zähne mit Zahnseide reinigte. Eine Neuerung, von der er absolut hingerissen war, nachdem er Delas nächtliches Zahnreinigungsritual beobachtet hatte. Offenbar missfiel es selbst unsterblichen Gestaltwandler-Kriegern, Fleisch zwischen den Zähnen zu haben.
Die Gepäckabholung war von der Ankunftshalle des Flughafens durch große Schiebetüren abgetrennt. Als Dela und Hari ihre letzten Zollunterlagen abgaben und den Hauptterminal betraten, bemerkte sie einen jungen Mann in abgewetzten Jeans, der ein Schild mit ihrem Namen hochhielt. Er schien Delas Gesicht zu kennen, denn das Schild wackelte in seiner Hand, als er rasch auf sie zuschritt und... von Haris ausgestreckter Hand vor seiner Brust aufgehalten wurde.
Er stieß ein ersticktes Gurgeln aus und sah zu dem goldäugigen Turm aus Muskeln und Drohung hinauf, der sich über ihm erhob. Es war ein »Ich zerquetsche dich wie einen Käfer«-
Moment. Der erschreckte junge Mann versuchte, um Hari herum einen Blick auf Dela zu erhaschen.
»Madam?«, rief er schwach. »Ich bin’s, Eddie.«
Die Stimme war dieselbe - und passte auch zu seinem Gesicht. Eddie war Anfang zwanzig, hatte zerzaustes braunes Haar, dunkle Augen und eine blasse Haut. Er war einem von Delas Lieblingsschauspielern wie aus dem Gesicht geschnitten, dem süßen Elfenjungen aus Herr der Ringe.
Nun, heute würden jedenfalls keine Elfen sterben. Dela zupfte an Haris Ärmel. »Lass ihn, Hari. Er ist auf unserer Seite. Das ist einer von den Leuten, die mein Haus bewachen.«
Hari nahm seine Hand sofort von Eddies Brust. Das Grinsen des jungen Mannes wirkte etwas gequält, und er schüttelte Haris
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