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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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maskierten Eindringling zuerst und warf ihn mühelos zu Boden. Er war vollkommen von Blut bedeckt, dessen stechender Geruch in der Luft hing. Er zog dem Mann die Skimaske herunter. Das blasse Gesicht war von schwarzem Haar umrahmt. Es war dasselbe Gesicht wie das des Mannes, der Dela am Flughafen beobachtet hatte.
    Hari sah aus wie ein Stück rohes Fleisch, vollkommen blutig. Sein Körper war von Schusswunden übersät. Selbst Eddie, der vor Schmerz blass geworden war, starrte ihn an. Dela und Blue halfen dem Jungen auf die Beine. Während Blue Eddie zur Couch führte, lief Dela ins Bad und holte ein Handtuch, damit er es auf seine leichte Wunde drücken konnte. Aus den Augenwinkeln sah sie die Leichen. Sie schloss sie jedoch aus ihrer Wahrnehmung aus und schluckte schwer.
    Als sie zurückkam, schaltete sie das Licht an. Jetzt konnte sie das Massaker noch deutlicher erkennen. Sie hatte auch Handtücher für Hari mitgebracht, aber als sie dicht an ihn herantrat, konnte sie ihn nur hilflos anstarren. Sie wusste nicht, wo sie anfangen sollte.
    »Wieso lebst du noch?« Dean sah aus, als müsste er sich gleich übergeben. Hari antwortete nicht. Er hatte seine Kiefer so fest zusammengepresst, dass Dela glaubte, ein Wunder wäre vonnöten, damit er jemals wieder die Zähne auseinanderbekam.
    »Magie«, erwiderte sie an seiner Stelle.
    Haris Blut sickerte allmählich durch die Kleidung des Eindringlings, der Mann wimmerte leise. Dean und Artur nahmen ihm rasch alle Waffen ab, drehten ihn dann auf den Rücken und richteten ihre Pistolen auf ihn.
    »Glaubt ihr, dass jemand die Polizei gerufen hat?«, erkundigte sich Dean.
    Blue schüttelte den Kopf. »Es ist drei Uhr früh, und die wenigen Menschen, die hier leben, schlafen noch. Außerdem haben die Kerle Schalldämpfer eingesetzt, und wir haben unsere Waffen draußen nicht abgefeuert.«
    »Wie viele waren es?« Eddie drückte das Handtuch auf die Wunde an seinem Arm.
    »Sechs. Diesmal wollten sie auf Nummer sicher gehen. Sie hatten gerade versucht, die Alarmanlage zu knacken, als wir sie erwischten.« Er sah auf den am Boden liegenden Mann hinab. »Sie werden niemanden mehr belästigen.«
    Dela schloss die Augen, als die Übelkeit in ihr hochstieg. »Blue, du solltest Eddie in ein Krankenhaus bringen. Sag ihnen, dass er überfallen worden ist oder so etwas.«
    »Madam...«, Eddie wollte protestieren, aber Blue schüttelte den Kopf.
    »Kein Problem. Wenn sie eine Adresse brauchen...?«
    »Gib ihnen meine. Sie wissen vermutlich, wer ich bin. Du kannst ihnen ja sagen, dass ihr meine Gäste seid.«
    »Klar.« Blue half Eddie hoch. Der junge Mann unterdrückte jedes Stöhnen mit einer Gleichmütigkeit, die Dela mutmaßen ließ, dass er auch schon vorher einmal angeschossen worden war. Sie gingen um die Leichen an der Wohnzimmertür herum und verschwanden im Flur.
    Dela wandte sich an Hari, dem das Blut aus den Wunden trat. »Hari, du musst dich ausruhen.«
    Der Gestaltwandler schüttelte den Kopf. Der Mann am Boden starrte den wütenden Krieger derartig furchtsam und verwirrt an, dass es fast erbärmlich war.
    Resigniert kniete sich Dela neben den Eindringling. »Für wen arbeiten Sie? Antworten Sie schon! Ich will Sie nicht zwingen.«
    »Ich schon.« Hari brach sein Schweigen. Seine Stimme verriet nicht, ob er Schmerzen empfand. Sie klang ruhig wie dunkler Honig mit einem scharfen Unterton. Er griff nach dem Schwert, während sein Blut überallhin spritzte.
    Der Mann stieß einen erstickten Schrei aus, als Hari die Spitze des Schwertes gegen seinen zitternden Kehlkopf setzte. Er klang wie ein sterbendes Schwein.
    »Beantworten Sie die Frage«, befahl Hari, »sonst werde ich Ihnen den Kopf vom Körper sägen. Sie werden jeden einzelnen Schnitt fühlen und in Ihrem eigenen Blut ertrinken. Ich kann Ihnen das versprechen, weil ich es bereits erlebt habe. Reden Sie!«
    Seine Drohung war imponierend: weder bösartig noch grausam, sondern allein mit der ruhigen Gewissheit einer persönlichen Erfahrung befrachtet. Niemand, nicht einmal Dela, zweifelte an seinen Worten. Dean war sichtlich beeindruckt.
    Der Mann befeuchtete seine Lippen. Dela sah, wie er überlegte. Wer flößte mehr Angst ein? Der blutige Wahnsinnige, der über ihm stand und ihm ein Schwert an den Hals hielt, oder seine Bosse?
    Offenbar gewann mit großem Vorsprung Hari.
    »Ich arbeite für Wen Zhang«, gestand er heiser. »Er arbeitet von New York aus, Chinatown.«
    »Und warum will er mich ermorden?« Dela kannte die

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